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Evangelische Anfänge – Gottes Sehnsucht nach den Menschen

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In den letzten 20 Jahren haben sich gesellschaftliche Umbrüche zunehmend auf die Kirche ausgewirkt und unterschiedliche Spuren hinterlassen. Der christliche Glaube ist angesichts der Vielfalt von Lebensoptionen und religiösen Überzeugungen nur eine Möglichkeit unter anderen. Kirche ist in Konkurrenz geraten. Die Bindekraft der kirchlichen Institution nimmt ab. Individualisierung und Pluralisierung führen zu einer Verschiebung von kulturgestützten zu personalgestützten Formen des Christentums. Glaube wird immer weniger generativ im Rahmen geschlossener konfessioneller Milieus weitergegeben, sondern biografisch angeeignet. Die Muster der Kirchenzugehörigkeit verwandeln sich zunehmend vom Erbe zum Angebot. Die Regie im Verhalten zu Kirche und Gemeinde liegt längst bei den einzelnen Menschen und wird nur durch weiche soziale Faktoren begleitet.

Die Wiedervereinigung hat die westlichen Bundesländer mit Konfessionslosigkeit – oder besser gesagt Konfessionsfreiheit als Normalstatus und einer Minderheitssituation konfrontiert, die sich langfristig als gemeinsame kirchliche Zukunft am Horizont abzeichnet. Die Milieuforschung macht darauf aufmerksam, dass Gemeinden mit ihren Angeboten nur einen geringen Teil der unterschiedlichen Lebensstilgruppen der Gesellschaft erreichen.

Der wachsenden Unkenntnis gegenüber Glaubenswissen und dem praktischen Atheismus in der Gesellschaft steht eine neue Sehnsucht nach Spiritualität gegenüber, die sogar an Kirchentüren klopft. Offene Kirchen werden verstärkt aufgesucht, Pilgern boomt.

Diese holzschnittartigen gesellschaftlichen Umbrüche und ihre kulturellen Auswirkungen führten in evangelischer wie katholischer Kirche zu Rückfragen nach Wesen und Auftrag der Kirche. Der Begriff der Mission wurde wiederentdeckt. Fristete er in den evangelischen Kirchen bis Mitte der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts eher ein Randdasein als Adjektiv im „missionarischen“ Gemeindeaufbau, so wurde er nun vom Streit- zum kirchlichen Leitbegriff. „Die evangelische Kirche setzt das Glaubensthema und den missionarischen Auftrag an die erste Stelle … Weitergabe des Glaubens und Wachstum der Gemeinden sind unsere vordringlichen Aufgaben“, heißt es in der Kundgebung der EKD-Synode Leipzig 1999. Ausgehend von der Einsicht, dass Gott selbst ein missionarischer Gott ist (missio Dei), wird Mission eine gemeinsame Zukunftsaufgabe und ein Querschnittsthema kirchlicher Arbeit. Mit „Zeit zur Aussaat“ legte die katholische Bischofskonferenz ein Jahr später eine Anregung zu einer missionarischen Pastoral vor, die eine große Schnittmenge mit evangelischen Erklärungen aufwies. Das Wort „Mission“ wurde in beiden Kirchen wieder salonfähig. Wegen des Schwundes an Kirchenmitgliedern, argwöhnten die einen. Aus geistlich-theologischer Erkenntnis, meinten die anderen: Was lebt, will wachsen. Wer liebt, will teilen und weitergeben. Dies gilt primär für den Ursprung und das Ziel von Mission: Gott hat Sehnsucht nach seinen Menschen – und diese Sehnsucht sucht die ganze Schöpfung in das Lob der Herrlichkeit Gottes einzubinden. Kirche hat nicht nur eine Mission, Kirche ist Mission. Das so verstandene Wesen der Kirche ist nicht konfessionell teilbar. Eine missionarische Kirche ist nur als ökumenische Vision zu beschreiben.

Gottes Sehnsucht in der Stadt

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