Читать книгу Gottes Sehnsucht in der Stadt - Группа авторов - Страница 17

Das Projekt „Soul side Linden“ in Hannover

Оглавление

Es ist erstaunlich. Mit dem Reifen dieser Ideen und dieser ökumenischen Visionsgemeinschaft öffnete sich ein katholischer Kairòs: es wurde möglich, in hohem Konsens mit allen Beteiligten eine Projektstelle für ein innovatives Projekt in Hannover-Linden zu schaffen. Dass das Experiment einer „Kirche für Suchende“ – so der „schräge“ Projekttitel – so viel positive Fantasie weckt, macht die Dringlichkeit für solche Aufbrüche deutlich. Evangelisierung begibt sich auf neue Wege.

Denn die vergangenen zwei Jahre lassen eine erstaunliche Wende erkennen. Wenn auf der einen Seite der Missbrauchsskandal innerhalb der katholischen Kirche zum einen deutlich machte, dass der Verlust der Glaubwürdigkeit die schleichende Auflösung einer klassischen Kirchenkonfiguration immens beschleunigt, wird zugleich ein wachsendes Interesse an kirchlichen Aufbrüchen und Experimenten deutlich: was bislang eher Exoten und spirituellen Charismatikern in geduldeten Randgebieten kirchlicher Normalität vorbehalten war, rückt in den Fokus des Interesses: wie kann Kirche ohne die bisher für selbstverständlich gedachten Prämissen gegebener Volkskirchlichkeit wachsen?

Im katholischen Bereich werden an dieser Stelle die Charismen und Orden neu in den Blick rücken, wie auch die im deutschsprachigen Bereich bislang problematisch empfundenen geistlichen Gemeinschaften und kirchlichen Bewegungen. In evangelischer Perspektive gilt es, sowohl die Bewegungen und freien Werke innerhalb der Kirche als auch unterschiedliche Netzwerke wahrzunehmen, die sich um kategoriale Arbeitsbereiche wie z. B. das Frauenwerk bilden. Die Frage nach der notwendigen Erneuerung der kirchlichen Landschaft ist gewiss ein pneumatisch-charismatischer Prozess, der hoffentlich durch die Strukturmaßnahmen deutscher Bistümer ermöglicht und nicht verhindert wird. In der Tat: Nebenwirkungen der größeren pastoralen Räume könnte die Ermöglichung einer größeren Vielfalt kirchlicher Sozialgestalten sein – und eine Kultur des Kircheseins, die sowohl die katechumenale Gestalt kirchlicher Orte wie auch die Taufberufung und das mit ihr verknüpfte gemeinsame Priestertum der Gläubigen neu in den Fokus rückt. Dies ist auch eine verheißungsvolle Perspektive für evangelische Regionalisierungsprozesse, wenn sie die entsprechenden Umstrukturierungen in religionssoziologischer und theologischer Perspektive begreifen.

Soul Side Linden – das Experiment in Hannover-Linden lebt durch seine Protagonisten. Mit der Leidenschaft und Energie von Annette Reus und ihrer Mitstreiterinnen – viele Namen wären hier zu nennen – entstanden Erfahrungsräume und erste Werkstücke einer Kirchengestalt, die tatsächlich erst anfänglich sind: „Seht ich schaffe neues, schon sprosst es auf – merkt ihr es nicht“, so fragt Jahwe durch den Propheten Jesaja (vgl Jes 43,18 f). In der Tat: man muss nicht, aber man kann erkennen, wie Gemeinde sich bildet und wie Kirche ein neues Antlitz gewinnt. Eine Kirche, die präkonfessionell zu nennen ist, eine Kirche, die sich im Stadtteil inkulturiert, eine Gemeindeform, die koexistiert mit der klassischen Gemeindegestalt – viele Fragen, anstrengendes und begeisterndes Abenteuer des Geistes.

Gottes Sehnsucht in der Stadt

Подняться наверх