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«ELECTORAL REBELLION» IN DER SCHWEIZ

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Die Aktivistinnen und Aktivisten von «Electoral Rebellion» wollen primär darauf hinweisen, dass nationale Politik heute internationale Effekte besitzt und die Beschränkung der demokratischen Mitbestimmung auf die Bürgerinnen und Bürger oder aber auch auf die Bewohnerinnen und Bewohner eines Landes darum nicht mehr zeitgemäss ist.

Die Aktion «Electoral Rebellion» könnte in Zukunft vermehrt darauf abzielen, Emigrantinnen und Emigranten zum «verschenken» ihrer Stimme zu bewegen. Denn so schwer sich die meisten Demokratien bei der Inklusion von Immigrierenden in ihr Stimmvolk tun, so leicht fällt es ihnen offensichtlich bei den Emigrierten. Viele Länder erlauben ihren Ausgewanderten, die Staatsangehörigkeit ihres Herkunftslands zu behalten. Manchmal geht dies so weit, dass auch die Kinder und Enkel der Ausgewanderten noch die Staatsbürgerschaft des Herkunftslands besitzen. Darüber hinaus erlauben die meisten Länder ihren Auslandsbürgern, sich bei Abstimmungen und Wahlen im Herkunftsland zu beteiligen. In der nahen Zukunft könnte sich die Beteiligung der Auslandsbürger deutlich erhöhen, wenn die elektronische Stimmabgabe flächendeckend eingeführt werden sollte.

Aus der Perspektive der normativen Demokratietheorie ist das Stimmrecht für Menschen, die nicht oder nicht mehr dem Rechtssystem eines Landes unterworfen sind, sehr umstritten. Wir zeigen in unserer eigenen Forschung am Politikwissenschaftlichen Seminar an der Universität Luzern, dass Auslandsbürgerinnen und -bürger – genauso wie Doppelbürgerinnen und -bürger – für die Demokratie in einer grenzüberschreitend verflochtenen Welt durchaus einen wichtigen Beitrag liefern, weil sie die Perspektive der «externen Anderen» in die nationale Willens- und Politikformulierung einbringen.8 Für jeden normativen Demokratietheoretiker ist aber klar, dass die Inklusion von Migrantinnen und Migranten eine wichtigere Anforderung an die heutige Demokratie ist als die Inklusion der emigrierten Bürgerinnen und Bürger. Durch das Verschenken ihrer Stimme könnten demokratiebewusste Migranten daher dazu beitragen, dass auch wirklich diejenigen, die mitstimmen sollten, auch mitstimmen können.

Zwei der drei Autoren dieses Beitrags haben dies bereits umgesetzt: Der in der Schweiz lebende Deutsche hat sein Stimmrecht in Deutschland einer in Berlin lebenden Ausländerin geschenkt, und ihr so ermöglicht, das Ergebnis der Bundestagswahl im Jahr 2013 mitzubestimmen; die in Deutschland lebende Schweizerin gestattete es dem in der Schweiz lebenden Deutschen, seine Meinung bei drei Sachabstimmungen in Stimmen zu verwandeln. Nachahmende sind sehr erwünscht! Damit es aber nicht beim individuellen Stimmentransfer bleibt, sind insbesondere Organisatoren für eine «Electoral Rebellion» in der Schweiz gesucht.

Joachim Blatter ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Luzern. Er lehrt und forscht zum Wandel von Regierungs- und Demokratieformen. Clemens Hauser ist Sozialarbeiter, seit 20 Jahren in der Beratung und Begleitung von Migranten tätig und Vorsitzender der Migrantenselbstorganisation Freiburger Wahlkreis 100 % e. V. Sonja Wyrsch studierte Internationale Beziehungen an der Universität Genf und arbeitet zurzeit als Projektkoordinatorin für entwicklungspolitische Bildung in Berlin.

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