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DEN SINN FÜR DAS POLITISCH MÖGLICHE SCHÄRFEN

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Was sollen wir tun? Diese Frage stellen sich Politiker häufig. Auch als Bürgerinnen und Bürger sind wir damit konfrontiert. Forschende haben sich mit dieser Frage ebenfalls auseinandergesetzt. Sie sind ständig auf der Suche nach besseren Erklärungen, Hypothesen, Modellen, um der Realität gerecht zu werden. Ihre Forschung liefert auch Antworten auf die Frage, was getan werden soll. Nur werden diese Antworten selten direkt ins Politische übersetzt. Einerseits sind die Forscherinnen und Forscher ihrerseits an diesem Dialog nicht immer interessiert und sehen häufig keinen Anreiz, daran teilzunehmen. Auf der anderen Seite neigen die politischen Entscheidungsträger oft dazu, solide Erkenntnisse der Wissenschaft ausser Acht zu lassen. Dieser verpasste Dialog äussert sich in vieler Hinsicht nachteilig und verursacht nicht zuletzt Kosten für die Gesamtgesellschaft. Wenn Ökonomen beispielsweise darlegen können, dass die einzelnen Stücke des gemeinsamen Kuchens nicht zwingend kleiner werden, wenn mehr Leute am Tisch sitzen und mitessen, weil nämlich der ganze Kuchen auch grösser wird, wenn mehr Leute mitbacken, dann liefern diese ökonomischen Ergebnisse durchaus Anhaltspunkte für eine Politik der Öffnung.15 Oder wenn Philosophen überzeugend nachweisen können, dass die Argumentation für eine restriktive Zuwanderung systematische Parallelen aufweist zur Argumentation der feudalen Oberschicht gegenüber Forderungen nach politischer Partizipation im 18. Jahrhundert, dann hat das durchaus aktuelle Implikationen.16 Oder wenn ein Team von Politikwissenschaftlern empirisch belegt, dass ein erfolgreiches Einbürgerungsverfahren die Bereitschaft, sich zu engagieren, massiv erhöht, dann könnten daraus konkrete politische Schlüsse gezogen werden.17 Diese fundierte Kenntnis kann ebenso öffentliche Relevanz beanspruchen wie etwa die Ergebnisse einer soziologischen Erhebung, die ergibt, dass der Grad an Selbstdiskriminierung ausländischer Jugendlicher und junger Erwachsener stark mit deren beruflichen Chancen korreliert.18 Der Sinn für das politisch Mögliche wird geschärft, wenn ein Historiker zeigen kann, dass die sympathischen Nachbarn von heute die unerwünschten Zuwanderer von damals sind,19 oder wenn ein Künstler mit seiner Installation einen Raum so zu verwandeln vermag, dass aus einem gefährlichen Spielplatz im Problemquartier ein belebter Ort der Begegnung und des Zusammenseins resultiert.20 Der Einbezug von Erfahrung, Wissen, Reflexion, Kreativität, Sprachvermögen und Risikobereitschaft ist zentral für Forschung und Innovation. Er ist unverzichtbar und orientierend auch für die Politik und für die Debattenkultur eines Landes.

Die Autorinnen und Autoren dieses Buches tragen zu dieser Debattenkultur bei. Sie analysieren Problemfelder und zeigen Handlungsmöglichkeiten auf. Sie formulieren 15 Vorschläge für die Zukunft und richten sich damit fragend und zum Gespräch einladend an alle.

Christine Abbt ist SNF-Förderprofessorin für Philosophie an der Universität Luzern. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Demokratietheorie und Kulturphilosophie. Johan Rochel ist Assoziiertes Mitglied des Ethik-Zentrums der Universität Zürich, Lehrbeauftragter an der Universität St. Gallen, Vizepräsident des Think-Tanks foraus – Forum Aussenpolitik und Gründer des Projekts «Ethik in Action».

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