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5. Feldarchäologie in Palästina

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In der Praxis waren die Anfänge der Feldarchäologie in Palästina nicht einfach. Der erste bedeutende Schritt wurde von den »Tunnelgräbern« in Jerusalem gesetzt. Charles Warren als Pionieroffizier der britischen Armee versuchte, mit Hilfe von Schächten die Fundamente der herodianischen Stütz- und Umfassungsmauern des Tempelberges zu erreichen, erforschte die Wassersysteme Jerusalems und hinterließ trotz mancher Fehldeutungen genaue Aufzeichnungen, die später ausgewertet und korrigiert werden konnten. Eine zweite Phase fing an mit der Arbeit des Ägyptologen William Matthew Flinders Petrie, später fortgesetzt von Frederick Bliss (1858–1937), auf Tell el-Hesi (124.106) ab 1890. Er war der erste Archäologe in Palästina, der den schichtweisen Aufbau eines Ruinenhügels als Möglichkeit nutzte, eine alte Siedlung zu datieren. Was sich später tausendfach bewähren sollte, war die Entdeckung, dass eine Siedlung nach einer Verwüstung durch militärische Gewalt, Erdbeben, Feuer, Regen, Erosion oder andere Naturgewalten so gut wie immer an der gleichen Stelle wieder aufgebaut wurde. Der Grund dafür ist einfach. Die Gründung einer Stadt oder Siedlung wurde bestimmt von der lebenswichtigen Bedingung einer ausreichenden Wasserversorgung. Wenn dies möglich war an einer verkehrsgünstigen (Handel) oder strategischen Lage (Angriff und/oder Verteidigung), fand der Wiederaufbau an der gleichen Stelle statt, und wurde exakt auf den Ruinen der verwüsteten Siedlung erneut gebaut. So entstand Schicht auf Schicht, mit der ältesten Bebauung als unterster Schicht und der neuesten, jüngsten Bewohnung als oberster Schicht. Bei diesen Ruinenstätten als künstlichen Hügeln (Tell) in der Landschaft Palästinas sind 20 Wohnschichten nicht ungewöhnlich. Dazu kam, dass Flinders Petrie entdeckte, dass in den verschiedenen Schichten die (Haushalts-)Keramik sich wandelte. So konnte anhand von Entwicklungen und Änderungen bei Kochtöpfen, Vorratsgefäßen und anderer Haushaltskeramik durch die Fundlage eine relative Datierung gewagt werden. Kochtopf A ist älter als Kochtopf B, weil A in einer älteren Wohnschicht gefunden wurde. Ein solcher Vergleich sagt etwas über das Verhältnis der Keramikstücke zueinander aus, aber ermöglichte noch keine Datierung, die in absolute Jahreszahlen umgesetzt werden konnte. Aber auch dafür hatte Flinders Petrie eine Lösung. Auf Tell el-Hesi, nahe an der Grenze zu Ägypten, fanden sich ägyptische Artefakte, die durch inschriftliches Material in Ägypten datiert werden konnten. So wurde durch die Verbindung von Wohnschicht (Stratum) und typologisch analysierbarer Keramik eine relative Datierung und durch andere ägyptische Fundstücke eine Umsetzung in absolute Jahreszahlen möglich. Es sind diese Verknüpfungen, die der Palästinaarchäologie zu Grunde liegen. Bis jetzt war aber nur die Rede vom Prinzip einer Datierung und, wie oft bei solchen Durchbrüchen, führte die Verabsolutierung zu verhängnisvollen Fehlern. Auch wenn das Prinzip der aufeinanderfolgenden Wohnschichten (Stratigraphie) stimmt, ein Tell gleicht nicht einem regelmäßig aufgebauten Schichtkuchen. Andere Materialien werden gebraucht, Teile der neuen Bebauung sind höher als andere, Fundamente werden an einer Stelle tiefer in eine frühere Schicht eingelassen, Erdbeben können Schichten verrutschen lassen, Bebauung fand nur partiell statt oder alte Materialien wurden wieder benutzt. Das alles erfordert eine sorgfältige Beobachtung und eine äußerst genaue Stratigraphie und zeigt zugleich, wie unregelmäßig eine Schicht aufgebaut sein kann. Als nach der Entdeckerfreude sich ein System entwickelt hatte, in dem man annahm, dass Schichten wie einfache, horizontale Plattformen aufgebaut waren, entwickelte sich daraus eine Grabungspraxis, die annahm, dass alle Objekte, die auf einer bestimmten Tiefe anzutreffen waren, zu einer Schicht gehörten. Die falschen Datierungen häuften sich, und der vermeintliche Fortschritt verkehrte sich ins Gegenteil.

Es waren die Amerikaner George Andrew Reisner (1867–1942) und Clarence Stanley Fisher (1876–1941), die in eine andere Richtung gingen. Sie verbanden einzelne, übereinstimmende Fundgruppen der Keramik auf einem Grabungsareal miteinander und bestimmten so die Schicht oder das Stratum. Die schematisch festgelegte Schichtfolge wurde fallengelassen, das Ziel war jetzt die Datierung breitflächiger Architektur. Es war dann die britische Archäologin Kathleen Kenyon (1906–1978), die wieder zu der Stratigraphie, der genau festgelegten Folge der Wohnschichten, zurückkehrte. Bei ihren Ausgrabungen in Jericho (1952 bis 1958) und Jerusalem (1961 bis 1967) perfektionierte sie die von Mortimer Wheeler übernommene stratigraphische Methode und praktizierte sie in beiden wichtigen Ausgrabungsorten. Ihre Grabungen waren nicht durch große (Ober-)Flächengrabungen gekennzeichnet, sondern durch das Graben in Quadranten von meistens fünf mal fünf oder höchstens zehn mal zehn Meter. Die Stege zwischen den Quadranten ließ sie stehen, und an ihnen konnte man ein äußerst genaues Profil ablesen, das mit den Funden im Quadranten verbunden wurde. Obwohl die Methode auch Nachteile hat, wurden durch die im Kontext studierten Objekte und die Verbindung mit den nahen vertikalen Profilen kontrollierbare Aussagen möglich. Das bedeutet, strikt genommen, dass die Archäologie Palästinas erst seit den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts über kontrollierbare und nachprüfbare Daten aus den Ausgrabungen verfügt.

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