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2.2.Aufmerksamkeit für die Verkündigungssprache 2.2.1.Von Gott in Metaphern sprechen
ОглавлениеDie Sprache, die für Gott gefunden wird, die Gottesnamen im Speziellen, geben einerseits Auskunft über die (implizite) Theologie der Sprecherin / des Sprechers, andererseits prägen sie auch die Gottesvorstellung der Sprechenden und Hörenden. Die Bedeutung der Sprache, der Namen, die für Gott gefunden werden, ist eine essentielle, keine oberflächliche. Auch prägt sie nicht nur die Gottesvorstellung der einzelnen, sondern bildet ab und beeinflusst auch das Verständnis von Gemeinschaft. In einer hierarchisch / patriarchal verfassten Gemeinschaft wird die Anrede Gottes als „Herr“ vermutlich unwidersprochen sein. Regt sich Widerstand gegen diesen Gottesnamen so wird dies ein Zeichen sein für Aufbruch und Veränderung in den Strukturen des Zusammenlebens. Es gibt keine sichere, universal gültige Rede von Gott. Bereits im vierten Laterankonzil wurde lehramtlich festgehalten, dass alles das, was wir über Gott wissen und von ihm aussagen können, Gott mehr unähnlich ist als ähnlich. Diese alte philosophisch / theologische Überzeugung vergisst sich so leicht im Alltag der Verkündigung. Die Bezeichnungen und Bilder, mit denen wir über Gott sprechen, wiederholen sich oft. Die Beharrlichkeit, mit der von Herr, Herrscher und Vater gesprochen wird, ist also nicht nur aus feministischer Perspektive fraglich. Kein Name, keine Zuschreibung stimmt ganz. Für die Verkündigung bedeutet dies, dass möglichst offene Bezeichnungen gewählt werden sollen (also nicht nur personale Anreden!) und auch, dass immer wieder abgewechselt wird und so einer Fixierung und Engführung in der Vorstellung des Göttlichen entgegen gewirkt wird.72 Wir sind oft unbedacht in dem, wie wir über Gott reden. Das wird Gott nicht gerecht, und auch nicht den Menschen in ihren so verschiedenen Lebenssituationen. Es gibt ein tiefes Bedürfnis nach einer anderen Gottessprache. Dorothee Sölle warnt vor den „vorgeformten christlichen Sprach-hülsen“. Unser Reden von Gott benennt sie als „denkfaulen und gefühlsarmen Wiederholungszwang immer aufs Neue.“ 73 Es gibt eine Vielzahl von Metaphern über Gott, die ihre Berechtigung haben. Es ist wichtig, diese Vielfalt zu sehen ohne Beliebigkeit. Bilder und Metaphern müssen immer auch kritisiert werden dürfen – und sie dürfen auch verabschiedet werden, wenn sie ihre erschließende Kraft verloren haben.74 Was wir von Gott sagen können ist (hoffentlich) wahr und doch gleichzeitig unwahr. Dies gilt auch für die gewohnte Rede: Gott ist Vater. Wir sind gerufen, aus unserer Perspektive heraus von Gott als Gott zu sprechen, wissend, dass wir eine begrenzte, aber doch begründete Perspektive haben. Wir heutigen Menschen leben in der Geistesgegenwart, wir machen Erfahrungen mit Gott und den Menschen, die für die Verkündigung von größter Bedeutung sind. Metaphorisch zu denken und zu sprechen heißt ehrfürchtig zu sein vor dem Gott, der in den Offenbarungstexten begegnet und auch vor dem Gott, der in den Erfahrungen der Menschen darüber hinaus erscheint. „Beide [die Offenbarungstexte und die Erfahrungen der Menschen, A.F.L.] werden einander zum gegenseitigen Such- und Lesegerät der Wahrheit in der Wirklichkeit.“75 In einem sprechenden Bild beschreibt Herlinde Pissarek die immer wieder mögliche Erfahrung, dass Frauen zur eigenständigen Gott-Rede finden: „Mir scheint es jedes Frühjahr wie ein Wunder, dass trotz aller Luftverschmutzung, trotz aller Verseuchung des Bodens die langen, fahlgewordenen Gräser des vergangenen Herbstes, die zuerst noch – wie im Negativ – den Abdruck der Schneelast bewahren, dann aber binnen Tagen Raum geben, verschwinden unter den kühnen neuen Grasspitzen. Zugleich bringt das kräftige Gelb des Huflattich und die blauweißrosa Fülle der Leberblümchen es immer wieder fertig, das bleiche Braun des Vorjahrs zu erhellen.“76 Die Abwertung des Weiblichen und damit verbunden auch des Materiellen, der Natur, sind oft die Luftverschmutzung und Verseuchung des Bodens auf dem Frauen religiös wachsen. Aber all diese Verseuchung kann nicht das Austreiben der neuen Frühlingssaat, einer eigenständigen Gott-Rede von Frauen verhindern.