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Leo Karrer
Kirche zwischen Glaubensgemeinschaft und System „Rote Karten“

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Die Kirche steckt in einer Krise, die alle jene tief erschüttert, denen eine glaubwürdige Kirche am Herzen liegt. In den vergangenen Jahren sind in der Öffentlichkeit und von der besorgten kirchlichen Basis so viele rote Karten an die Adresse des Vatikans gezogen worden, dass sich Beispiele erübrigen. Allerdings stellen die Vorgänge um die Missbrauchsfälle alles in den Schatten. Man spricht von einem Supergau der katholischen Kirche. Mir kommt das schreckliche Bild vom Tsunami in den Sinn, der die Kirche überschwemmt. Dabei handelt es sich nicht nur um interne Spannungen zwischen progressiven und konservativen Lagern in der Kirche. Vielmehr hat die römisch-katholische Kirche in unseren Ländern die moralische Ehre verloren. Die Kirche kann nicht dauernd die ethischen Höchstpreise an die Welt verkünden, ohne diese Grundsätze im eigenen Bereich selber zu praktizieren und die eigenen Kosten im Sinne dieser Höchstpreise zu übernehmen. Sonst wird bis zu einem gewissen Grad verständlich, warum die mediale Öffentlichkeit z.T. so hämisch und sensationslüstern reagiert. Denn man verübelt der Kirche, dass sie ihre eigenen hehren Grundsätze nicht ernst nimmt. Das betrifft auch andere Bereiche wie Menschenrechte, demokratische Partizipation, Subsidiarität usw. Die Kirche ist insofern Opfer ihrer selbst und nicht nur das Opfer einer vermeintlich feindlichen Welt. Wie ist aber diese bedrängende Situation der Kirche zu verstehen?

Bekannt ist ja, dass sich seit Mitte des letzten Jahrhunderts nicht nur gesellschaftlich, sondern auch religiös und kirchlich damals unvorhersehbare Umbrüche mit Abbrüchen und Aufbrüchen ereignet haben. Durch das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) hat die katholische Kirche gelernt, über sich nachzudenken. Sie wandelte sich von einer statischen Kirche zu einer dynamischen Kirche mit Durchbrüchen und bemühenden Konflikten. In kurzer Zeit ist ein weiter Weg beschritten worden. Das Konzil darf nun in der Rückschau weder von der einen noch von der anderen Seite fundamentalistisch vereinnahmt werden. Es war aber eine charismatische Zäsur in einem Prozess, der weitergehen und nicht zurückgeschraubt werden darf.

Immer mehr muss man intern wahrnehmen, dass die Kirche keine geschichtslose und gesellschaftsferne „societas perfecta“ ist. Massiv ist die Kirche ins gesellschaftliche Fahrwasser des Lebens verstrickt und davon abhängig.

Religion und Bildung in Kirche und Gesellschaft

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