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Begegnung wagen – Islam in Europa

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Es gibt viele gute Gründe, die Herausforderung der Verständigung der verschiedenen Religionen und Weltanschauungen im Dialog oder genauer im Trialog der abrahamischen Religionen aufzunehmen, um zusammen eine europäische Friedensgemeinschaft und ein demokratisches, auf den Menschenrechten basierendes Europa aufzubauen. Was Hans Küng schon vor Jahren in seinem „Projekt Weltethos“ der Menschheitsfamilie in der Einen Welt ins Stammbuch geschrieben hat, wird für den Aufbau eines demokratischen Europa mit seinen Religionen konkret: Kein Friede unter den Nationen ohne Frieden und Dialog unter den Religionen. (vgl. Küng/Kuschel 21996)

Konkreter im Blick auf die Lebenssituation der über 3,2 Millionen Muslime in Deutschland, auf die Frage, was „mit den über 700.000 Schülerinnen und Schülern muslimischen Glaubens an öffentlichen Schulen dann geschieht, wenn ihre Mitschüler Religion haben oder am Ethikunterricht teilnehmen, beschäftigt inzwischen alle, die für die Bildung der jungen Generation Verantwortung tragen. Schickt man diese Schüler/innen weiter in die Pause, nimmt sie aus der Klasse heraus und ‚deklassiert’ sie so – ein Schülerleben lang – oder bietet man ihnen eine ethisch-religiöse Erziehung auf gleicher Augenhöhe an? Die Erfahrung der Nicht-Wahrnehmung – ein Schülerleben lang – schafft den Boden für eine sich selbst ausgrenzende, fundamentalistische Antwort gegen ‚die Anderen’. Die Frage der religiös-ethischen Bildung von Muslimen ist damit zu einer kulturpolitischen Aufgabe geworden, die sich keineswegs mehr auf ein Migranten-Problem beschränkt. Vielmehr geht es um die nachwachsende Generation in Deutschland insgesamt. Auch die Mehrheit muss lernen, den Islam wahrzunehmen; nur gemeinsam kann gegenseitige Anerkennung gelernt werden“ (Graf 2006, 269). Was Peter Graf als Initiator des Osnabrücker islamischen Religionsunterrichtsmodells aus schulpädagogischer Sicht begründet, bedarf selbstverständlich ebenso der religionspädagogischen Begründung, die mit Art. 7,3 GG im Recht der Kinder auf religiöse Bildung als Teil des umfassenden Bildungsauftrags der Schule und in gemeinsamer Verantwortung von Staat und Religionsgemeinschaft, analog zum konfessionellen Religionsunterricht der christlichen Kirchen, zu sehen ist.

Interkultureller und interreligiöser Dialog stehen, seit dem 11. September 2001 zumal, stets unter dem Vorzeichen ihres Beitrags zur „Integration“, was auch immer näher mit dieser schillernden Kategorie gemeint sein mag. Sicherheit und gedeihliches Zusammenleben, gerechte Lebens- und Entwicklungschancen, die Freiheit der Religionsausübung, alles dieses und vieles mehr, sind Grund genug, sich um Integration zu bemühen; eine ausreichende Begründung für die Einrichtung des islamischen Religionsunterrichts, für die Ausbildung von Imamen in deutscher Sprache und an deutschen Universitäten, erst recht für die Einrichtung islamisch-theologischer Institute und Zentren für Islamstudien als Teil des deutschen Hochschulwesens sind sie nicht. Universitäten haben die Aufgabe der Wissensgenerierung und der wissenschaftlichen Forschung und Lehre; wenn nicht ausweisbar ist, dass islamische Theologie an deutschen Universitäten diesem allgemeinen Anspruch der Universität entspricht, gehört sie, trotz ihres integrativen Potentials, nicht an eine Universität. (Damit ist nicht gesagt, dass universitäre Bildung nicht auch zur Integration beitragen kann; dieser Nebeneffekt wäre sehr erwünscht, kann aber nicht Grund und Ziel für die Einrichtung theologischer Institute sein.) Vielmehr hat die Universität Osnabrück, mit ihrer Festlegung des Profilelements Imamausbildung im Hochschulentwicklungsplan, dem Rechnung getragen, was der Wissenschaftsrat im Januar 2010 als Empfehlung zur Einrichtung von Zentren für islamisch-theologische Forschung konzeptionell bestätigt, „an zwei bis drei staatlichen Universitäten, an denen bereits andere religionsbezogene Wissenschaften etabliert sind, institutionell starke Einheiten für islamische Studien aufzubauen. Diese sollten Zentren islamisch-theologischer Forschung werden und eine zentrale Rolle bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in islamischen Studien spielen. Zugleich übernehmen sie die Aufgabe, islamische Religionslehrer und -lehrerinnen auszubilden, und ermöglichen darüber hinaus eine wissenschaftlich fundierte Ausbildung von Religionsgelehrten im staatlichen Hochschulsystem. Um die dazu erforderliche Zusammenarbeit zwischen staatlichen Hochschulen und muslimischen Glaubensgemeinschaften auf eine verlässliche Grundlage zu stellen, schlägt der Wissenschaftsrat vor, an den entsprechende Studiengänge anbietenden Hochschulen theologisch kompetente Beiräte für islamische Studien einzurichten, die bei der Berufung von Professoren und Professorinnen sowie bei der inhaltlichen Ausgestaltung des Lehrangebots mitwirken“ (Wissenschaftsrat 2010, 7f).

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