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Nicht nur Schatten, sondern auch Licht

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In dieser Situation scheint wichtig, Kirche als Glaubensgemeinschaft und als geschichtlich gewachsene Organisation mit ihrem kanonischen System zu unterscheiden. Es wäre zu einfach, mit der berechtigten Kritik an der Kirche bzw. an ihrem System sich von der Kirche als Glaubensgemeinschaft zu verabschieden. Ich würde als einzelner schnell verdummen sowie seelische und spirituelle Energien verspielen, wenn ich mich aus der Erfahrungsnähe zu einer solchen weltweiten Interpretationsgemeinschaft des Glaubens abkoppeln wollte. Menschlich würde man sich letztlich auch selbst betrügen. Denn mit Hinweis auf das unideale System der Kirche kann man sich nicht aus der Eigenverantwortung stehlen und sich schenken, im Christsein selber erwachsen zu werden, zu meinen möglichen Anteilen solidarisch mitzugehen und sich selbst und andere dabei auszuhalten. Wenn immer es um das Entscheidende im Leben geht, bezahlt man mit sich selber, auch in seiner Glaubensbiographie.

Zudem ist nicht zu übersehen: Unsere Kirche ist mit den anderen Kirchen zusammen eine zweitausendjährige auf der Basis der jüdischen Tradition aufbauende Interpretationsgemeinschaft der Botschaft Jesu und der Impulse für die praktische Nachfolge in seinem Geiste. Trotz aller historischen Veruntreuungen ist dies auch eine ungeheuer reiche Weisheits- und Solidaritätsgeschichte, auch wenn dies in unserer medialen Öffentlichkeit nicht die verdiente Beachtung findet. Zudem ist das institutionelle Gewand unserer Kirche ein weltweit bis in die territoriale (Pfarrei-)Struktur hinein organisiertes System, das als Solidaritätsverband kein vergleichbares Pendant in der Welt findet… Denken wir auch an die übernationale Bedeutung einer moralischen Instanz wie das Papsttum, wenn der Papst vor der UNO und in den Medien für Menschenrechte, gegen Gewalt und Krieg sowie gegen wirtschaftliche Ungerechtigkeit eintritt. Ungeachtet des reformbedürftigen Systems gibt es auch in unserer Kirche hierzulande und weltweit trotz der Ermüdungserscheinungen eine charismatische Dynamik, spirituelle und geistige Schubimpulse, menschliche Ressourcen, ethische und solidarische Synergien und so viel guten Willen mit prophetischer Wut und Glut und in aller Stille so viel selbstverständliche und unbelohnte Treue. Es gibt eine richtige Praxis im falschen System. Es wäre auch Realitätsverlust, nicht sehen zu wollen, was in und durch Kirche geschieht und sich schenken will.

Religion und Bildung in Kirche und Gesellschaft

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