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Die verwitwte Königin und der Bürgermeister Bruno Meier
Оглавление15. Oktober 1342: Der Zürcher Bürgermeister Rudolf Brun reitet nach Brugg, eine halbe Tagesstrecke von seiner Heimatstadt gelegen. Freiherr Heinrich von Tengen will in der Anwesenheit einer Reihe illustrer Zeugen, zu denen auch Brun gehört, ein Eheversprechen für seine Tochter Herzlauda gegenüber Walter von Hallwyl leisten. Walter ist der Sohn des Johannes von Hallwyl, wichtigster Vertreter der Habsburger in den sogenannten Vorlanden und rechte Hand von Herzog Albrecht II. und seiner Schwester Agnes. Nach Brugg geladen sind zusammen mit Brun eine Reihe bedeutender Adliger, so zum Beispiel die Schultheissen von Schaffhausen und Winterthur sowie Johannes Mülner und Heinrich Biber, Vertreter wichtiger Zürcher Familien, die in engen Beziehungen zu den Habsburgern stehen.
Der Weg von Zürich nach Brugg führt Brun am Kloster Wettingen vorbei, wo Johann von Habsburg-Laufenburg, Herr in Rapperswil und Lehensmann von Herzog Albrecht II. von Österreich, begraben liegt. Um diesen scharte sich, als Rudolf Brun nach dem Umsturz von 1336 starker Mann in Zürich geworden war, die Opposition. Am 21. September 1337 fiel der Rapperswiler vor der Burg Grinau am Zürichsee im Kampf gegen die Zürcher.
Vielleicht macht Brun auch in Baden dem habsburgischen Landvogt Burkart von Ellerbach seine Aufwartung. In Gebenstorf setzt er mit der Fähre über die Reuss nach Windisch über, wie bereits König Albrecht I. am 1. Mai 1308, bevor dieser von seinem Neffen Johann und dessen Gefolgschaft umgebracht wurde. Am Ort des Königsmords, am Weg und in Sichtweite zur Stadt Brugg, gebaut auf den Ruinen des römischen Legionslagers Vindonissa, steht das Kloster Königsfelden. Vor wenigen Jahren erst fertig erbaut, ist es mit seinen frisch eingesetzten, leuchtend farbigen Chorfenstern bereits weitherum bekannt. In Königsfelden residiert auch Agnes, die Schwester Herzog Albrechts II. und verwitwete Königin von Ungarn. Man kann sich vorstellen, dass Rudolf Brun und Agnes von Ungarn einander bei dieser Gelegenheit begegneten.
Die illustre Gesellschaft trifft sich in der kleinen Stadt Brugg wahrscheinlich im Habsburger Stadtschloss, einem mächtigen, quadratischen Bau mit kleinen Fenstern, der im Vergleich zur filigranen neuen Kirche in Königsfelden altertümlich wirkt. Das Brugger Stadtschloss ist neben dem Stein in Baden Absteige der Habsburger Herzöge bei ihren Aufenthalten in den alten Einflussgebieten und liegt in Sichtweite der Stammburg auf dem Wülpelsberg.
Über die Zeremonie im Stadtschloss zum Eheversprechen und die spätere Hochzeitsfeier wissen wir nichts. Offensichtlich ist aber, dass sich Bürgermeister Rudolf Brun dem Umfeld des habsburgischen Dienstadels zugehörig fühlt. Eigentlich erstaunlich, versucht er doch zur gleichen Zeit, die Reichsstadt Zürich vor der Abhängigkeit der mächtigen Herzöge zu bewahren. Wenige Jahre später sucht er zu diesem Zweck gar den Schulterschluss mit den Waldstätten; einen Schulterschluss mit Folgen, wird dieser doch zu einer der Keimzellen der Eidgenossenschaft. Um Bruns Handeln zu verstehen, braucht es eine kurze Rückblende auf sein Leben und auf die Umwälzungen vor, während und nach der Zürcher Zunftrevolution im Jahr 1336.