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Agnes von Ungarn: die beste Heiratspartie Europas

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«Es ist überflüssige Arbeit, hervorragende Menschen noch zu loben, gleich als wenn man denen, die im hellsten Sonnenlicht wandeln, eine Fackel vorantragen wollte!» Mit diesen Worten des Sidonius Apollinaris beschliesst Johannes, Abt des Klosters Viktring in Kärnten, 1341 die überschwängliche Beschreibung der Agnes von Ungarn in seiner Geschichte der österreichischen Herzogtümer. Das Loblied auf die verwitwete Königin von Ungarn steht in einem starken Gegensatz zur späteren Wertung der Agnes in der eidgenössischen Geschichtsschreibung, in der sie zwar als weise, aber auch als listige und gar blutrünstige Frau geschildert wird.

Viktring, ursprünglich Vertrauter von Herzog Heinrich von Kärnten, einem Onkel der Agnes, steht seit der Übernahme des Herzogtums Kärnten durch die Habsburger 1335 in Diensten von Albrecht II. Er ist für diese Zeit die wichtigste historiografische Quelle zur Dynastie und ist damit natürlich auch Partei. Viktring schreibt zu einer Zeit, in der Agnes von Ungarn schon seit über 20 Jahren in Königsfelden lebt. Nach der Ermordung ihres Vaters Albrecht begleitet Agnes zusammen mit ihrer Mutter Elisabeth die Gründung und den Aufbau des Klosters und bringt – nach dem Tod der Mutter und dem definitiven Umzug in den Aargau – Königsfelden zur Blüte. Sie tritt nicht in den Orden der Klarissen ein, fördert und führt aber das Kloster aus unmittelbarer Nähe, lässt sie sich doch östlich des Kirchenchors ein kleines Haus bauen, «ein klein demütig hus, einer klosnerin wonung me zerschetzen denn einer Küngin hoff», wie es in der Königsfelder Chronik heisst. Papst Clemens VI. erlaubt ihr in einer Urkunde vom 31. Juli 1344 explizit, mit kleinem Gefolge nicht nur die Klausur der Klarissen zu betreten, sondern auch den Chor der Kirche mit dem von ihr zweifellos stark beeinflussten Bildprogramm. Die von Familienmitgliedern gestifteten Chorverglasungen sind zu dieser Zeit frisch vollendet, ein starkes religiöses, aber auch politisches Zeichen der Habsburger. In den 20 Jahren nach der Gründung machen Agnes und ihre Brüder das Kloster zu einem der reichsten Klöster weit und breit. Dem kleinen Männerkonvent steht eine grosse Frauengemeinschaft gegenüber, in der viele wichtige Adelsfamilien nördlich und südlich des Rheins vertreten sind.

Agnes von Ungarn steht in diesen Jahren auf dem Höhepunkt ihres politischen Einflusses. Sie ist Vertreterin der habsburgischen Interessen ihres in Wien residierenden Bruders, umgeben von einer Gruppe einflussreicher Adliger, mit besten Beziehungen nicht nur zu den Städten Bern, Zürich, Basel und Strassburg, sondern auch zu den wichtigen europäischen Dynastien und zur Kurie in Rom. Für eine verwitwete Frau im damals bereits hohen Alter von über 60 Jahren eine aussergewöhnliche Stellung, die sich aus ihrer Biografie ableiten lässt, aber auch aus der Machtkonstellation der damaligen Zeit.

Agnes wurde als Tochter von Albrecht von Habsburg wahrscheinlich im Sommer 1280 geboren. Ihr Geburtsort ist nicht verbürgt. Ihre Mutter Elisabeth von Görz-Tirol hielt sich zu dieser Zeit im Aargau auf, ein Geburtsort Brugg oder Baden ist also wahrscheinlich. Zwei Jahre zuvor, nach dem Sieg von König Rudolf von Habsburg über seinen Rivalen Ottokar von Böhmen, waren die Herzogtümer Österreich und Steiermark definitiv an das heilige römische Reich zurückgefallen. Rudolf versuchte, die beiden Herzogtümer seinen Söhnen zu verleihen, was ihm 1282 mit Zustimmung der königswählenden Fürsten auch gelang. Ab dieser Zeit wird Albrecht zusammen mit seiner rasch wachsenden Familie mehrheitlich in Wien residiert haben.

Johann von Viktring spricht der Agnes schon in Jugendjahren die Eigenschaften zu, die sie später auszeichnen werden: Sie sei fromm, freigebig gegenüber den Bedürftigen, wenig interessiert an der ritterlichen Kultur, aber gebildet und intelligent. Sie scheint von eher kleiner Körpergrösse und nicht besonderer Schönheit gewesen zu sein. Als junges Mädchen war sie Spielball der dynastischen Pläne der europäischen Fürstenhäuser. Angeblich zuerst einem Angehörigen der römischen Patrizierfamilie Colonna versprochen – die Habsburger versuchten sich eine römisch-cäsarische Verwandtschaft zuzulegen –, wurde sie im Jahr 1297 zum Friedenspfand in den Auseinandersetzungen zwischen Habsburg-Österreich und dem Königreich Ungarn. Sie wurde mit Andreas III. verheiratet, dem letzten Vertreter aus dem legendären Geschlecht der Arpaden auf dem ungarischen Königsthron. Andreas war ungefähr 15 Jahre älter als Agnes und verstarb bereits im Jahr 1301. Mit gut 20 Lebensjahren war Agnes also schon eine verwitwete Königin von Ungarn, gleichzeitig aber auch eine der besten Heiratspartien im europäischen Hochadel. Das berühmte, heute im Historischen Museum Bern ausgestellte Dyptichon von Königsfelden, wahrscheinlich eine venezianische Arbeit, ist ein Zeugnis ihrer wenigen Jahre in Ungarn. Andreas III. hatte dank seiner venezianischen Mutter als junger Mann eine Erziehung in Venedig genossen. Die Herkunft des Reisealtars wird damit in Zusammenhang gebracht.

Nach dem Tod von Andreas III. fanden sich Agnes und deren Stieftochter Elisabeth – eigene Kinder hatte sie nicht – gegenüber dem ungarischen Adel rasch in einer prekären Situation. Wahrscheinlich mit der Unterstützung einflussreicher ungarischer Adliger und unter Federführung von Hermann von Landenberg, einem engen Vertrauten und Marschall von Herzog Albrecht, gelang den beiden die Flucht aus der Burg Buda, Residenz der ungarischen Könige, nach Wien. Sie konnte dabei auch den legendären Schatz mitnehmen, von dem später oft gesprochen wurde und der ihren Reichtum begründet haben soll. Ihre offensichtliche Wohlhabenheit, die sich aus den zahlreichen Schenkungen an das Kloster Königsfelden ablesen lässt, gründet wahrscheinlich aber eher im Heiratsgut, der Herrschaft Pressburg, dem heutigen Bratislava, das sie noch weit über den Tod ihres Gatten hinaus nutzen konnte. Erst 1323 ging Pressburg definitiv an Ungarn zurück.

Es gibt keine Selbstzeugnisse der Agnes, aus denen hervorgeht, warum sie sich nicht wieder verheiraten liess, sondern ihr Leben als alleinstehende Witwe führte, zuerst an der Seite ihrer Mutter, später dann als «Mater familias» der Dynastie, als Förderin der Memoria an ihren Vater in Königsfelden und als politische Repräsentantin der Habsburger im Westen. Die Geschichtsschreiber haben dies ihrem frommen Wesen zugeschrieben. 1308, im Todesjahr ihres Vaters, war ihr ältester Bruder Rudolf bereits verstorben, ihre Brüder Friedrich und Leopold waren mit 19 und 18 Jahren knapp volljährig, das Schicksal der Dynastie im Reich völlig offen. War es eine innerfamiliäre Entscheidung, die ihre neue Rolle definierte, war es eine persönliche? Wir wissen es nicht. Es spricht vieles dafür, dass sie oder die Familie diesen Entscheid schon früher, nicht erst nach der Ermordung Albrechts, gefällt hatte. Ansonsten hätte sie wahrscheinlich schon kurz nach 1301 wieder auf dem europäischen Heiratsparkett eine Rolle gespielt.

Ihre neue Rolle als Hüterin der Erinnerung an ihren Vater und als Förderin des Klosters Königsfelden übernahm Agnes nach dem Tod ihrer Mutter im Jahr 1313. Nach der Überführung des Leichnams von Elisabeth 1316 von Wien und dessen Beisetzung in Königsfelden setzte Agnes ihren Lebensmittelpunkt definitiv im Westen fest. Hier entfaltete sie ihre politische Bedeutung als Beraterin ihrer Brüder, als Schlichterin in den Konflikten im Raum zwischen Strassburg, Konstanz und Freiburg im Üechtland und vor allem als grosszügige Förderin des Klosters Königsfelden. In diesem Umfeld begegnete sie wohl spätestens 1336 auch Rudolf Brun, dem politischen Emporkömmling aus Zürich.

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