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Autonomie
ОглавлениеVon seiner griech. und lat. Wortbedeutung (auto = ›selbst‹, nomos = ›Gesetz‹) her meint A.Autonomie Selbstgesetzgebung und Selbstbestimmung; der Gegenbegriff zu A. ist Heteronomie als Fremdbestimmung.
In der Antike wurde der A.-Begriff primär im Rahmen der politischen Philosophie verwendet (→PolitikPolitik). Als politische Kategorie drückte er den Anspruch und das →RechtRecht politischer Gebilde wie der griech. StadtstaatStaaten aus, die inneren Angelegenheiten unabhängig von äußerer Einmischung zu regeln (→Freiheit). In der Neuzeit kam es in der Philosophie Jean-Jacques RousseauRousseau, Jean-Jacquess und Immanuel KantKant, Immanuels, v. a. in dessen Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785), zu einer folgenreichen Verschiebung des Begriffs aus dem politischen in den moralphilosophischen Bereich (→EthikEthik). Seitdem steht A. für die grundlegende Fähigkeit von →MenschMenschen zur Selbstbestimmung und zugleich für die Bestimmung des MenschMenschen zur individuellen Ausübung sowie zur institutionellen Realisierung dieser WesenWesenseigenschaft. Autonomie
[53]In vielen Bereichen gegenwärtiger Philosophie (EthikEthik, politischePolitik und RechtRechtsphilosophie), aber auch in vielen sozialen Handlungskontexten (z. B. in der Medizin) kommt A. eine entscheidende Rolle zu. Das PrinzipPrinzip des Respekts vor A. legt fest, dass der Wille einer autonomen →PersonPerson im Regelfall zu respektieren ist. Wegen dieser zentralen Rolle besteht eine Hauptaufgabe der Philosophie darin, diesen BegriffBegriff aufzuklären und für normative Kontexte handhabbar zu machen. Dazu ist es erforderlich, Bedingungen für A. zu formulieren, die es ermöglichen, dass MenschMenschen als endliche Wesen sie für gewöhnlich erfüllen können. Umgekehrt darf nicht jede HandlungHandeln eines MenschMenschen oder jede Biographie einer PersonPerson automatisch die Bedingungen der A. erfüllen; es muss auch nichtautonome HandlungenHandeln und Lebensläufe geben können.Autonomie
Um keinen überfordernden Bedingungskatalog aufzustellen, muss A. von Autarkie (›Unabhängigkeit‹) und Authentizität (›Echtheit‹, ›Originalität‹) unterschieden werden. MenschMenschen sind zur Ausbildung und Ausübung von A. auf materielle und soziale Rahmenbedingungen angewiesen (→GesellschaftGesellschaft). Deshalb ist Autarkie als vollständige Unabhängigkeit von äußeren Vorgaben kein geeignetes Modell für A. MenschMenschen können A. nur in der Folge von Erziehung und im Kontext sozialer Ordnungen ausüben. Deshalb darf A., anders als Authentizität, mit diesen Einflüssen nicht generell unvereinbar sein. Während Authentizität von einer PersonPerson erfordert, dass sie alle ihre HandlungenHandeln auf der Grundlage von frei gewählten →WerteWerten und Normen ausführt, ist es mit A. vereinbar, dass die PersonPerson sich bei ihren Handlungen (→HandelnHandeln) auf WerteWerte und [54]Normen stützt, die durch Erziehung und kulturelleKultur Prägung erworben wurden.
Ein zentrales Ziel jeder philosophischen Theorie der A. ist, die EigenschaftenEigenschaften und Fähigkeiten zu bestimmen, aufgrund derer PersonPersonen in der Lage sind, ihr Leben als eigenes autonom zu führen. Nach allgemein geteilter Ansicht muss eine autonome PersonPerson zumindest in der Lage sein, eine kritische Selbstbewertung der eigenen WerteWerte und Normen durchzuführen, wenn sie aufgrund von KritikKritik oder neuen Problemkonstellationen dazu aufgefordert ist.Autonomie
Michael Quante
John Christman: The Inner Citadel. Essays on Individual Autonomy. New York [u. a.] 1989.
Alfred R. Mele: Autonomous Agents. From Self-Control to Autonomy. New York [u. a.] 1995. Nachdr. 2001.
Michael Quante: Autonomy for Real People. In: Christoph Lumer (Hrsg.): Intentionality, Deliberation and Autonomy. The Action-Theoretic Basis of Practical Philosophy. Aldershot 2007. S. 209–226.
– Personales Leben und menschlicher Tod. Personale Identität als Prinzip der biomedizinischen Ethik. Frankfurt a. M. 2002. S. 158–337. [Kap. 5–8.]
James S. Taylor (Hrsg.): Personal Autonomy. New Essays on Personal Autonomy and its Role in Contemporary Moral Philosophy. Cambridge 2005.