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Analytische Philosophie

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Die A. P.Analytische Philosophie ist eine der einflussreichsten Richtungen der Gegenwartsphilosophie. Entgegen verbreiteter Annahmen ist sie keine durch thematische, doktrinäre oder methodologische Ideen zusammengehaltene Schule, sondern eine lose und weitverzweigte philosophische Strömung, welche die zeitgenössische philosophische Diskussion insbesondere im angelsächs. Sprachraum prägt. Analytische Philosophie

Die A. P. hat zwei Wurzeln, die in das 19. Jh. zurückreichen: (1) Bei der logischen Analyse im Anschluss an Gottlob FregeFrege, Gottlob und Bertrand RussellRussell, Bertrand werden Sätze mittels formaler Kunstsprachen (→LogikLogik) so paraphrasiert, dass ihre logischen Beziehungen deutlich zutage treten. Die logische Analyse zielt darauf, die von der grammatischen Oberflächenstruktur verdeckte ›logische Form‹ der zu [30]analysierenden Sätze aufzudecken und durch ›Weganalysieren‹ problematischer Ausdrücke im Satzkontext – paradigmatisch ausgeführt in RussellRussell, Bertrands Theorie der Kennzeichnungen (»On Denoting«, in: Mind 14, 1905) – unnötige ExistenzExistenzannahmen zu vermeiden (→OntologieOntologie). (2) Die Begriffsanalyse, wie sie beispielhaft George Edward MooreMoore, George Edward (Principia Ethica, 1903) betrieb, beruht auf der Annahme, philosophische Fragen ließen sich nicht unmittelbar beantworten, sondern müssten zunächst dadurch hinterfragt und geklärt werden, dass man die in ihnen auftauchenden →BegriffBegriffe in ihre Bestandteile zerlegt und analysiert und so definiert. Sowohl logische als auch begriffliche Analyse dienen nicht nur propädeutischen Zwecken, sondern sollen zur Lösung traditioneller philosophischer Probleme beitragen. Analytische Philosophie

Mit Ludwig WittgensteinWittgenstein, Ludwigs Tractatus logico-philosophicus (1921) begann die oft mit der A. P. assoziierte Wende zur →SpracheSprache (linguistic turn). Künstliche ZeichenZeichensysteme decken, so Wittgenstein, Strukturen auf, die jede SpracheSprache besitzen muss, um die WirklichkeitWirklichkeit abbilden zu können. Legitime Philosophie ist laut WittgensteinWittgenstein, Ludwig »Sprachkritik«. Im Gegensatz zu den NaturwissenschaftenNaturwissenschaften stellt sie selbst keine Sätze über die WirklichkeitWirklichkeit auf, sondern klärt durch logische und begriffliche Analyse den Sinn nichtphilosophischer Sätze. Dabei soll sich zugleich herausstellen, dass die →MetaphysikMetaphysik nur Pseudo-Fragen durch ›Scheinsätze‹ beantwortet. Analytische Philosophie

Diese Idee beeinflusste die logischen EmpiristenEmpirismus (→Positivismus). Für sie sind metaphysische Sätze unsinnig, da diese im Gegensatz zu LogikLogik und MathematikMathematik nicht analytischanalytisch sind und sich im Gegensatz zu naturwissenschaftlichen Sätzen durch ErfahrungErfahrung nicht überprüfen lassen. Die [31]Philosophie wird zur ›LogikLogik der WissenschaftWissenschaften‹ (Rudolf CarnapCarnap, Rudolf, Logische Syntax der Sprache, 1934); sie reduziert alle sinnvollen Sätze auf solche, die sich ausschließlich auf private Sinnesdaten bzw. physikalische Phänomene beziehen. Analytische Philosophie

Die logischen EmpiristenEmpirismus prägten Stil und Interessen der A. P. entscheidend mit, gaben aber ihre MetaphysikMetaphysikkritik schrittweise auf. Das Projekt der reduktiven Analyse wurde zudem vom späten Wittgenstein (Philosophische Untersuchungen, 1953) und der von ihm beeinflussten ›Philosophie der Normalen SpracheSprache‹ (Gilbert RyleRyle, Gilbert, John L. AustinAustin, John L., Peter StrawsonStrawson, Peter) in Frage gestellt. Gemäß dieser begriffsanalytischanalytischen Strömung gibt es weder eine philosophisch ›ideale SpracheSprache‹ noch logischeLogik Strukturen, die sich durch Analyse natürlicher SpracheSprachen entdecken lassen. Stattdessen werden philosophische Probleme durch die Beschreibung des Gebrauchs und der begrifflichen Zusammenhänge der in natürlichen Sprachen auftretenden Ausdrücke geklärt. Analytische Philosophie

Im Gegensatz sowohl zum logischen EmpirismusEmpirismus als auch zur BegriffBegriffsanalyse bezweifelte Willard V. O. QuineQuine, Willard V. O., dass man überhaupt zwischen analytischanalytischen Sätzen der Philosophie und synthetischen Sätzen der Naturwissenschaften unterscheiden kann (→analytisch/synthetisch). Im Gefolge QuineQuine, Willard V. O.s hängen viele zeitgenössische Analytiker einem →NaturalismusNaturalismus an und vertreten die Auffassung, die PhilosophiePhilosophie sei lediglich ein Teil bzw. Anhängsel der empirischenEmpirie WissenschaftWissenschaften. Andere glauben, auf der Grundlage von Saul KripkesKripke, Saul (Naming and Necessity, 1980) essenzialistischer MetaphysikMetaphysik könne die A. P. autonome Einsichten in das →WesenWesen der WeltWelt liefern. Die Wende zur SpracheSprache [32]ist durch zwei jüngere Entwicklungen noch weiter rückgängig gemacht worden: Vertreter der ›kognitiven Revolution‹, wie z. B. Jerry FodorFodor, Jerry (Psychosemantics, 1987), suchen den Schlüssel zum Verständnis von SpracheSprache und →GeistGeist nicht mehr in intersubjektiv zugänglichem Verhalten, sondern im Geist bzw. Gehirn von IndividuenIndividuum. Schließlich wurde die Beschränkung der MoralMoralphilosophie (→Moral) auf die ›meta-ethische‹ Analyse moralischer Begriffe und Aussagen aufgehoben, so dass normative und angewandte EthikEthik sowie politischePolitik Theorie blühende Zweige der A. P. sind. Analytische Philosophie

Angesichts dieser thematischen, doktrinären und selbst methodologischen Vielfalt ziehen sich manche zeitgenössischen Analytiker auf ein stilistisches Selbstverständnis zurück. Im Gegensatz besonders zur ›kontinentalen‹ Philosophie soll die A. P. drei Bedingungen erfüllen: Sie strebt (1) die Lösung oder Auflösung inhaltlicher Probleme an, statt sich auf Philosophiegeschichte bzw. die Interpretation philosophischer Texte zu beschränken; sie verfährt (2) rationalVernunft, d. h., weist ihre Fragen und Antworten argumentativ aus, anstatt sich auf Autoritäten oder Eingebungen zu berufen; und sie drückt sich (3) auf klare und eindeutige Weise aus. Diese weite, unhistorische Auffassung impliziert allerdings, dass die Mehrheit aller Philosophen analytisch ist, zeichnet doch der Anspruch, fundamentale Probleme auf rational nachvollziehbare Weise zu lösen, das Fach seit SokratesSokrates aus. Es ist angemessener, die A. P. als historisch gewachsene Tradition zu verstehen, deren Vertreter durch wechselseitige Beeinflussung und überlappende ›Familienähnlichkeiten‹ zusammengehalten werden. Analytische Philosophie

Hans-Johann Glock

[33]Mike Beaney (Hrsg.): The Oxford Handbook of the History of Analytic Philosophy. Oxford 2009.

Hans-Johann Glock: What is Analytic Philosophy? Cambridge 2008.

Edward Kanterian: Analytische Philosophie. Frankfurt a. M. / New York 2004.

Albert Newen: Analytische Philosophie zur Einführung. Hamburg 2005. 22007.

Peter Prechtl (Hrsg.): Grundbegriffe der Analytischen Philosophie. Stuttgart/Weimar 2004.

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