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Determinismus
ОглавлениеEin System heißt deterministischDeterminismus (lat. determinare = ›abgrenzen‹, ›bestimmen‹, ›festlegen‹), wenn durch seinen Zustand zu einem beliebigen ZeitZeitpunkt und die geltenden →NaturgesetzNaturgesetze der Zustand des Systems zu jedem anderen, insbesondere zu jedem zukünftigen ZeitZeitpunkt, vollständig bestimmt ist. Dem WeltWeltbild des D. zufolge ist unser Universum (→Welt) ein solches deterministisches System. Determinismus
In der Geistesgeschichte Europas wird ein universeller D. erstmals im 5. Jh. v. Chr. greifbar mit den Lehren des Atomisten LeukippLeukipp. Leukipp nahm an, dass nichts aufs Geratewohl entstehe, sondern alles aus bestimmtem Grund [72]und infolge von NotwendigkeitNotwendigkeit. AristotelesAristoteles (De interpretatione 9, 18b 26–36) erklärte dies ein Jahrhundert später für abwegig. Man könne nicht glauben, dass nichts zufällig sei und dass man sich etwa Erwägungen darüber, wie am besten zu handeln sei, sparen könne. Determinismus
Mit dem →ErklärungErklärungs- und Vorhersageerfolg der NewtonNewton, Isaacschen Mechanik und Gravitationslehre gewann der D. vom 17. Jh. an beträchtlich an Überzeugungskraft. Von der PhysikPhysik Isaac NewtonNewton, Isaacs beeindruckt, vertrat Immanuel KantKant, Immanuel (Kritik der reinen Vernunft, 1781, 21787) einen umfassenden D. für den Bereich der »Erscheinungen« (nicht aber für den Bereich der »Dinge an sich«; →TranszendentalphilosophieTranszendentalphilosophie). Er formulierte ein KausalprinzipPrinzip (→KausalitätKausalität), dessen Geltung er als Vorbedingung für menschliche Objekt- und Prozesserfahrung schlechthin präsentierte: »Alles, was geschieht (anhebt zu sein), setzt etwas voraus, worauf es nach einer Regel folgt« (A 189). Um die gleiche Zeit entwarf Pierre-Simon de LaplaceLaplace, Pierre-Simon de (Essai philosophique sur les probabilités, 1814) die →FiktionFiktion einer übermenschlichen Intelligenz, die im Hinblick auf eine determinierte Welt aufgrund genauester Kenntnis anfänglicher Bewegungsbedingungen und uneingeschränkter Rechenkapazität zu umfassenden Vorhersagen zukünftiger Bewegungsabläufe in der Lage wäre (›LaplaceLaplace, Pierre-Simon descher Dämon‹).Determinismus
Nach KantKant, Immanuels KausalKausalitätprinzipPrinzip gilt: Zu jedem Ereignis existiert in dessen Vorgeschichte ein Zustand, auf den das Ereignis unausweichlich regelhaft folgen musste. KantKant, Immanuel kombiniert also eine AllaussageAussage (›Zu jedem Ereignis …‹) mit einer ExistenzExistenzaussageAussage (›existiert … ein Zustand …‹) jeweils über einen unbeschränkten Gegenstandsbereich. Sein PrinzipPrinzip kann daher, ebenso wie die [73]Indeterminismus-These als dessen Verneinung, mit empirischenEmpirie Mitteln weder direkt verifiziert noch falsifiziert werden. Karl PopperPopper, Karl (»Indeterminism in Quantum Physics and in Classical Physics«, in: British Journal for the Philosophy of Science 1, 1950), der die Wissenschaftlichkeit einer empirischenEmpirie AussageAussage an die prinzipPrinzipielle MöglichkeitMöglichkeit ihrer Falsifikation knüpfte, sprach daher von einem »metaphysischenMetaphysik« D. bzw. Indeterminismus und entwickelte lediglich grundsätzliche Argumente zugunsten der These, dass es mit wissenschaftlichen Mitteln nicht vorhersagbare Systementwicklungen gebe.Determinismus
Umfassende Voraussagbarkeit impliziert Determiniertheit. Vorhersagbarkeit fällt jedoch mit Determiniertheit nicht zusammen, und dementsprechend auch Unvorhersagbarkeit nicht mit indeterministischem Charakter. Das wird durch Systeme belegt, deren Verhalten, obwohl deterministisch, wir nicht voraussagen können und für die die NaturwissenschaftNaturwissenschaften die Bezeichnung »deterministisches Chaos« geprägt hat. Mit der Durchsetzung der QuantenmechanikQuantenmechanik seit den 1920er Jahren ist im naturwissenschaftlich geprägten Bereich der WissenschaftWissenschaftskultur eine allmähliche Ablösung des D. durch ein (partiell) indeterministisches WeltWeltbild zu verzeichnen. Inwiefern quantenmechanischerQuantenmechanik Zufall von Belang für die Frage der →WillensfreiheitWillensfreiheit sein könnte, ist Gegenstand anhaltender Debatten. Determinismus
Ulrich Nortmann
John Earman: A Primer on Determinism. Dordrecht [u. a.] 1986.
Geert Keil: Willensfreiheit und Determinismus. Stuttgart 2018.
[74]Klaus Mainzer: [Art.] Determinismus. In: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie. Bd. 1. Stuttgart 1980. S. 455–458.
Ulrich Nortmann: Unscharfe Welt? Was Philosophen über Quantenmechanik wissen möchten. Darmstadt 2008. 22009.
Henrik Walter: Neurophilosophie der Willensfreiheit. Von libertarischen Illusionen zum Konzept natürlicher Autonomie. Paderborn [u. a.] 1998. 21999.