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Das Problem der sozialen Konstitution

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Vor diesem Hintergrund hätten kritische Fragen die Entwicklung der Gerontologie begleitet (vgl. dazu auch Kap. 2) und seien in den 1970er und 1980er Jahren diverse Fragen und Zugänge zur Kritischen Gerontologie entwickelt worden – und dies als Opposition zur »konventionellen« Gerontologie.

In dieser konventionellen Gerontologie seien sowohl eine Reihe von Fragestellungen als auch bestimmte Analysen ausgeschlossen worden, denn ihr Selbstverständnis sei geprägt von einer Idealisierung der Naturwissenschaften, die ihr als Repräsentanten eines »objektiven Wissens« gelten. Aus dieser Perspektive heraus sei nur Kritik akzeptabel, die auf die methodologische Verbesserung des »objektiven« Wissens ziele. Hingegen würden alle kritischen Fragen nach der Bedeutung und Nutzung, den Zielen und materiellen Interessen, die mit dem produzierten Wissen verbunden sind, ausgeklammert. Dieses Selbstverständnis, das in manchen Bereichen der Naturwissenschaften akzeptabel erscheinen möge, bediene jedoch eine internalistische17 Ideologie, die für die Gerontologie als angewandte Sozialwissenschaft problematisch sei (ebd., S. 220f.).

Kritische Gerontologie hingegen nehme methodische Probleme ernst, ohne ihre Kritik darauf zu reduzieren. Sie nehme in ihre kritische Analyse auf, was die konventionelle Mainstream-Gerontologie für nur »kontextuell« bedeutsam hält: normative Fragen, materielle Interessen und die Funktion(-sweise) der Gerontologie selbst (ebd., S. 221). Diese Argumentation untermauert Baars mit Beispielen dafür, wie solche Kontexte für alte Menschen problematisch oder auch privilegierend wirken können. Eine tiefere Analyse vieler Probleme der Alten führe unweigerlich zu verschiedenen Formen struktureller und lebensweltlicher sozialer Ungleichheit (Verteilung materieller und kultureller Ressourcen, negatives Image des Alterns, Diskriminierung von Frauen und ethnischen Minderheiten) (ebd.). Nach Rosenmayr (1983) könnten die negativen Effekte bei bestimmten Gruppen von Alten »kumulieren« oder nach Dannefer (1987) zu einem Matthäus-Effekt führen (Baars, 1991, S. 221).

Die für das Alter(n) konstitutive soziale Ungleichheit nur als nicht unmittelbar relevanten Kontext zu betrachten (wie Baars es der konventionellen Gerontologie unterstellt; K.A.), sei nicht nur kurzsichtig, sondern verschärfe Probleme. Schließlich könnten »Sozialsysteme« (social systems), die für viele der Probleme verantwortlich seien, gerontologische Forschung als Legitimation benutzen. So wie jede Gerontologin und jeder Gerontologe eine alternde Person sei, sei die Gerontologie ein Teil der sozialen Beziehungen, die für viele Probleme der Alten verantwortlich seien. Die materiellen und kulturellen Ressourcen, die die Gerontologie speisten, bänden sie zugleich an die Materie, die sie »objektiv« untersuchen will (ebd., S. 222). Deshalb, so Baars, sei eine fundamentale Kritik nur möglich, wenn Gerontolog/-innen zunächst einmal ihre disziplinären Verstrickungen hinter sich lassen.

Um – darüber hinaus – Gemeinsamkeiten und Differenzen der verschiedenen Ansätze, die bei dieser Kritischen Gerontologie verfolgt werden, verstehen zu können, müssten sich Gerontolog/-innen zudem befreien von speziellen Traditionen kritischer Wissenschaft, mit denen sie sich identifizieren. Einzig mit der »breiten westlichen Tradition« von Kritik im klassischen Sinne einer verantwortlichen Reflexion der »Konstitution«18 ihrer intellektuellen Tätigkeit dürften sie sich identifizieren (ebd.).

Im Folgenden löst Baars zunächst die Forderung nach einer fundamentalen Revision ein, indem er – ohne alles abzulehnen, was aus den idealisierten Normen der Naturwissenschaften herrührt – das Zusammenbrechen (collapse) der »internalistischen« Perspektive nachvollzieht.

Kritische Gerontologie

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