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Begriffsklärung: Was sind christliche Werte? Christlicher Glaube

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Eine theologisch sinnvolle Rede von christlichen Werten setzt zunächst ein Verständnis des christlichen Glaubens voraus. Aus dieser Perspektive ist der christliche Glaube weder ein Moralsystem noch eine theoretische Weltanschauung, aus der man wie aus einem Steinbruch, je nach Interesse, persönliche, soziale und politische Werte herausbrechen kann. Es handelt sich vielmehr um eine Praxis, die an eine Glaubensgemeinschaft – an eine Kirche – gebunden ist, die von den Gläubigen als Lebens- und Lerngemeinschaft, von den etablierten Großkirchen (katholisch, evangelisch, orthodox) auch als Rechts-, Erinnerungs- und Interpretationsgemeinschaft verstanden wird. Ihre fundamentale Norm finden alle Glaubensgemeinschaften und Kirchen in der Heiligen Schrift. Je nach Konfession haben sodann auch die verschiedenen Auslegungstraditionen in Theorie und Praxis normatives Gewicht.

Der christliche Glaube ist demnach eine Form gelebter Religiosität sowie ein „Stil“20 des Lebens, der alle Bereiche menschlichen Lebens durchdringt und verändern will. Dabei wird nicht die eine Idee universal umgesetzt, sondern der auf die Universalität der Menschheit hin orientierte Glaube findet in der Vielfalt von Kulturen seinen Ausdruck. Christlicher Glaube ist daher universal und plural zugleich – ein Glaube in Verschiedenheit. Zwischen der Glaubenspraxis und den Glaubensinhalten besteht ein unaufhebbarer dialektischer Wechselbezug. Sie begründen, erschließen und kritisieren einander. Primat aber hat die Praxis (vgl. Mt 25), weil sich erst durch sie die Wahrheit des Glaubens bewährt und erschließt. Glaube ohne Praxis mag theoretisch brillant sein, ist aber faktisch eine Ideologie.

Die durch die Auslegungen in Theorie und Praxis entstehende Pluralität findet im Glauben, den die Heilige Schrift bezeugt, ihre normativen Grenzen. Die Gleichsetzung des christlichen Glaubens mit einer bestimmten Kultur oder Epoche – wie wir sie zum Beispiel in Österreich kennen – ist daher nicht möglich.

Entbettet oder isoliert man christliche Werte aus diesen komplexen Zusammenhängen, besteht Ideologie- oder Instrumentalisierungsverdacht. Daher sind auch christliche Werte plural und finden ihre Grenze im Ethos des christlichen Glaubens und seiner Glaubensgemeinschaften. Dort haben sie ihren ersten und ursprünglichen Ort.

Christlich-soziale Signaturen

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