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4.2 Was ist der Kern der Aktivierend-therapeutischen Pflege?
ОглавлениеAktivierend-therapeutische Pflege bedeutet, den erkrankten Menschen zur Selbstständigkeit zu führen oder diese möglichst weitestgehend zu erhalten oder sogar zu fördern. Das geschieht unter der Berücksichtigung seiner Erkrankung und seiner verbleibenden Fähigkeiten. Das Ziel der Aktivierend-therapeutischen Pflege in der Palliative Care (ATP-P) ist es, für die betroffene Person eine Voraussetzung zu schaffen, in der sie den Aktivitäten des täglichen Lebens begegnen und diese bewältigen kann. Um dieses therapeutische Pflegeziel zu erreichen, werden die Ressourcen ( Kap. 6) der Erkrankten, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten identifiziert und genutzt. Diese Ressourcen dienen als Grundlage, auf der trainiert und geübt wird.
Beachte: Das therapeutische Pflegeziel wird von den Betroffenen und mit den Betroffenen definiert (Selbstbestimmung). Der Fokus wird dabei auf die persönlichen und realistischen Zielsetzungen im Rahmen der Möglichkeiten gelegt.
Die Aktivierend-therapeutische Pflege wird von drei Kernbereichen – den Handlungs- und Pflegeschwerpunkten – gekennzeichnet. Diese drei Bereiche bestehen aus Aspekten der Beziehung, Bewegung und Selbstversorgung (vgl. Bartels et al. 2019).
Merke: Die Bewegung ist die Grundlage von allem Handeln. Der Mensch bewegt sich und ohne Bewegung lebt der Mensch nicht. Die Zähne zu putzen ist Bewegung, die Atmung oder der Herzschlag sind Bewegungen. Somit ist es verständlich, dass der Mensch das Bedürfnis nach Bewegung hat, unabhängig seines derzeitigen Leistungsniveaus.
»Wird dem Patienten keine Möglichkeit gegeben, selbst Aufgaben/Herausforderungen zu übernehmen oder an diesen mitzuwirken, wird dieser zunehmend immobiler (motorisch wie kognitiv) und abhängiger.« (Eschmann und Bruss 2019, S. 26) Um dies zu verhindern, begegnet die Aktivierend-therapeutische Pflege diesen Herausforderungen auf der Basis des Bobath-Konzepts. Durch das Bobath-Konzept, welches ein weltweit verbreitetes Therapiekonzept ist, wird die Muskulatur zielgerichtet aktivierend-therapeutisch bewegt und somit ihr Erhalt gefördert. Wird Muskulatur nicht genutzt, bleibt sie inaktiv und es kommt es zum Abbau (Atrophie).
Beachte: Das passive Bewegen der Muskulatur oder das Einschränken verschiedener Tätigkeiten führt nicht zum Erhalt der Muskulatur.
Die Motivation und die pflegerisch therapeutische Aktivierung der vorhandenen Ressourcen der palliativen Person mit dem Ziel, die Bewegungsfähigkeit zu erhalten und nach Möglichkeit zu erweitern, ist deshalb ein wichtiger Aspekt der Aktivierend-therapeutischen Pflege. Dies wiederum ist die Grundlage des nächsten Aspekts, der Selbstversorgung und der Selbst-(Für-)Sorge. Das therapeutische Pflegeziel ist, »Fähigkeiten und Fertigkeiten [der Person] zu erkennen, mit dem klaren Ziel [sic] die Alltagskompetenzen zu fördern oder zu erhalten.« (Eschmann und Bruss 2019, S. 28) Die palliative Person soll nach ihren Möglichkeiten möglichst selbstständig und eigenständig ihren Alltag gestalten, solange sie das kann. Dadurch hat sie die Chance, autonome Entscheidungen zu treffen, und kann diese umsetzen. Beide beschriebenen Handlungs- und Pflegeschwerpunkte können nur gelingen, wenn der Schwerpunkt »Aspekt Beziehung« positiv gestaltet und gelebt wird. Diese Beziehung geschieht im Dialog. Die Person mit ihren Ideen und Strategien ist Mittelpunkt der unterschiedlichen Handlungsschritte. Ihre Wünsche und Ziele sind die Basis der Therapieausrichtung. Dies geschieht im Dialog, im gemeinsamen realistischen Reflektieren.