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Globaler Handelswettbewerb
ОглавлениеAber die Führungsrolle der beiden Mächte auf der Iberischen Halbinsel endete nach einem Jahrhundert und wurde von Niederländern und Engländern übernommen. Diese überzogen den Globus mit einem Netz von Handelsstationen und Stützpunkten und hielten die Kosten dieses Systems möglichst niedrig. Angeführt von Frankreich kamen weitere Mächte hinzu, die sich in das System des atlantischen (und pazifischen) Handels einschalteten – mit der Folge, dass die Konkurrenz der europäischen Mächte globale Dimensionen annahm. Um zu vermeiden, dass man permanent Krieg gegeneinander führte, wurde die Welt in Einflussgebiete und Kolonien aufgeteilt.
Am Anfang dessen steht der Vertrag von Tordesillas vom 2. Juli 1494, in dem Papst Alexander VI., ein Spanier, die Welt in ein portugiesisches und ein spanisches Gebiet aufteilte. Das lief im Wesentlichen auf das Ziehen einer Demarkationslinie, einer Raya, 370 Meilen westlich der Kapverdischen Inseln hinaus und hatte die zu diesem Zeitpunkt nicht absehbare Folge, dass der östlichste Teil Südamerikas, Brasilien, portugiesisch wurde, während Mittelamerika und das restliche Südamerika an Spanien fiel. Der Grund für die zahlreichen Aufteilungsverträge zwischen den europäischen Mächten war: Die Mächtekonkurrenz im westlichen Teil Europas spiegelte sich so im globalen Rahmen wider. Verträge waren der eine Modus zur Vermeidung oder Begrenzung von Kriegen, die Freundschafslinien, lines of amity, waren der andere: Sie trennten „den Bereich des europäischen Friedens und Völkerrechts von einem überseeischen Raum der Friedlosigkeit und völkerrechtlichen Anarchie“.1 Diese lines of amity wurden relevant, als mit den Niederlanden und England protestantische Mächte im Prozess der Entdeckung und Eroberung an Bedeutung gewannen: Sie akzeptierten nicht den Papst als Schiedsinstanz, wie es Portugiesen und Spanier zuvor getan hatten, weswegen anstelle von Vertragsschlüssen große Gebiete abgesteckt wurden, in denen man in der Form eines Kaperkriegs um Raumkontrolle und Reichtum kämpfte.
Das Prinzip einer Eindämmung der europäischen Mächtekonkurrenz durch die Festlegung von territorialer Vorherrschaft als Kriegsvermeidung ist bis zur Berliner Kongokonferenz von 1885 zu beobachten, die den Wettlauf um afrikanische Kolonien in eine geregelte Form brachte und den europäischen Mächten bestimmte Gebiete als ihren „Besitz“ zuwies. Die politische Landkarte Afrikas ist bis heute dadurch geprägt. Wie Europa, so die These von Eric Lionel Jones, durch die Konkurrenz der Mächte, die immer wieder in Kriegen ausgetragen wurde, zum dominanten Raum für die globale Ordnung wurde, so hat es sich durch diese Kriege auch wieder ruiniert und ist im Verlauf des 20. Jahrhunderts unter den Weltmächten in eine nachgeordnete Position geraten.