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7.3 Unterstützung bei Selbstfürsorge und Umgang mit Trauer

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Der Wunsch, dass Wohlergehen und effiziente Versorgung der Patienten oberste Priorität haben sollen, führt dazu, dass Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten, ihre eigenen Emotionen und Bedürfnisse vielfach hintenanstellen. Obwohl es kontraintuitiv erscheint, ist jedoch eine konsequente Selbstfürsorge eine wichtige Voraussetzung, um über einen längeren Zeitraum eine gute Betreuung von Patienten und ihren Angehörigen ermöglichen zu können. Als Beispiel mag die Illustration bei den in Flugzeugen im Falle eines Druckabfalles herabfallenden Sauerstoffmasken dienen: Zuerst soll man die eigene Maske aufsetzen und bei sich selbst für eine ausreichende Sauerstoff-Zufuhr Sorge tragen, um dann anderen Menschen helfen zu können ohne dabei selbst Schaden zu nehmen. Forschungsergebnisse belegen, dass eine gute Selbstwahrnehmung und Selbstfürsorge positiv korrelieren mit der Fähigkeit, mit dem Tod von Patienten in einem professionellen Setting umzugehen (13). In der Palliativmedizin arbeitende Pflegende und Ärzte werden im Rahmen ihrer Ausbildung auch geschult in guter Selbstwahrnehmung und Selbstfürsorge im Sinne eines „disconnect from the disaster“ (14, Seite e72) und können hier Kollegen aus anderen Fachrichtungen als Ressource dienen.

Darüber hinaus können sie unterstützen bei der psychosozialen und spirituellen Betreuung sterbender Patienten sowie bei der Trauerbegleitung. Hierbei ist zu beachten, dass im Rahmen der SARS-CoV-2 Pandemie nicht nur eine sog. „erwartende Trauer“ bei Patienten, Angehörigen und dem Gesundheitspersonal besteht angesichts des zu erwartenden Todes von Patienten mit fatalen Verläufen der Infektion, sondern dass durch die speziellen Bedingungen der SARS-CoV-2 Pandemie auch Risikofaktoren für eine sog. „komplizierte Trauer“ bestehen, mit der ein erschwerter Trauerprozess beschrieben wird (15). Sowohl der schnelle Übergang von „gesund“ zu „sterbend“ wie auch das Erleben einer gehäuften Zahl von Todesfällen in kurzer Zeit können sowohl bei den Angehörigen wie auch beim Gesundheitspersonal das Risiko für eine komplizierte Trauer erhöhen. Auch die Notwendigkeit von social-distancing sowie limitierte Möglichkeiten des Besuches am Sterbebett begünstigen die Ausbildung einer komplizierten Trauer (16). Ein weiteres Phänomen der SARS-CoV-2 Pandemie ist das vermehrte Auftreten einer sog. „entrechteten Trauer“ (14). Mit dem englischen Begriff „disenfrenchised grief“ wird eine gesellschaftlich nicht anerkannte bzw. nicht ermöglichte Trauer beschrieben, die z.B. entsteht, wenn die Möglichkeiten fehlen, der Trauer mit vertrauten Ritualen Ausdruck zu verleihen. Die fehlenden Möglichkeiten, Bestattungen und Trauerfeiern, die wichtige kulturell verankerte Orte darstellen, an denen Trauernde Trost und Beistand erfahren, wie gewohnt abzuhalten, lässt Hinterbliebene eine entrechtete Trauer erfahren. Eine vorausschauende Versorgungsplanung unter Einbeziehung der Angehörigen kann Hilfestellung nicht nur für das Festlegen von Therapiezielen, sondern auch für die Begleitung des Sterbens sowie für die sowohl durch den Patienten wie auch die Hinterbliebenen zu leistende Trauerarbeit bieten. Daher sollten hier auch Fragen nach gewünschten spirituellen Ritualen und auch nach Wünschen für Beerdigung und Trauerfeier Raum gegeben werden. Palliativmediziner können hier ggf. helfend hinzugezogen werden, da sie viel Erfahrung mit derartigen Gesprächen haben (17).

Während der ersten Welle der Pandemie im Frühjahr 2021 wurde am Universitätsklinikum Freiburg in Zusammenarbeit von Notfallmedizin und der Klinik für Palliativmedizin des Universitätsklinikums durch die Krankenhauseinsatzleitung (KEL) binnen dreier Tage eine ad hoc Palliativstation für COVID-19-Patienten eingerichtet, die über 25 Tage in Betrieb war. Die Erfahrungen mit dieser Maßnahme wurden begleitend evaluiert und publiziert (18).

DIVI Jahrbuch 2021/2022

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