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Erste interdisziplinär und multimodal arbeitende Schmerzklinik in Mainz

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In Deutschland wurden diese grundsätzlichen Überlegungen mit der Gründung der ersten interdisziplinär und multimodal arbeitenden Schmerzklinik in Mainz im Jahr 1970 zunächst mit sog. »Streubetten« in anderen Fachabteilungen umgesetzt. Wie schon in den Anfängen Bonicas war auch hier die Umsetzung des multimodalen Konzeptes von zahlreichen organisatorischen und strukturellen Herausforderungen begleitet. Von besonderer Bedeutung war die Einführung qualitätssichernder und standardisierter Vorgehensweisen, z. B. bzgl. der Anamnese- und Untersuchungsverfahren und der Entwicklung eines Schmerzfragebogens als Screeninginstrument, in dem bio-psycho-soziale Faktoren detailliert erfragt wurden. Zusätzlich wurden Schmerzkonferenzen etabliert, die schon zu diesem Zeitpunkt als besonders wertvoll für die Weiterbildung erachtet wurden, denen allerdings für die Gesamtpatientenversorgung eine nur limitierte Bedeutung beigemessen wurde (Gerbershagen 2003).

Die Probleme der Etablierung eines multi- bzw. interdisziplinären Settings im ambulanten Bereich glichen vielfach den heutigen: oft wurden chronifizierungsgefährdete oder bereits chronifizierte Patienten nicht zeitgerecht zu Schmerzspezialisten überwiesen. Oft fehlten im Falle einer Überweisung wichtige und insbesondere den psychologischen und psychosozialen Teil betreffende Informationen zur bisherigen Behandlung. Die hinzugezogenen fachärztlichen Kollegen untersuchten meist fachspezifisch und ohne einen schmerzmedizinischen Überblick zu haben. Psychologen waren mangels Informationen zu den somatischen Diagnosen auf die eigene Diagnostik fokussiert. So kam es daher beiderseits zu einer Fehlinterpretation und Überbewertung der jeweiligen Seite. Und schließlich war auch damals wie heute eine interdisziplinäre Vorgehensweise in Schmerzpraxen durch fehlende Abrechnungsmöglichkeiten erschwert.

Bis zur Jahrtausendwende wurden von Gerbershagen bereits zahlreiche Kriterien für Struktur-, Leistungs- und Ergebnisqualität in der Schmerztherapie erarbeitet und schrittweise umgesetzt (Gerbershagen 1986). Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahren entwickelten sich schließlich die ersten erfolgreichen und evidenzbasierten Behandlungsprogramme für chronische Schmerzerkrankungen, insbesondere auf Basis der sog. »functional restoration«, z. B. das functional restoration-Programm von Mayer und Gatchel (Kinney et al. 1991, Mayer und Gatchel 1988) in den USA und das Göttinger Rücken-Intensivprogramm (GRIP) (Hildebrandt et al. 1996) in Deutschland. Diese Programme bildeten die Grundlage für die internationale Entwicklung von multimodalen Programmen und Studien. Zusätzlich wurde neben medizinischen und physiotherapeutischen Elementen die kognitive Verhaltenstherapie als Komponente der multimodalen Therapie chronischer Schmerzen erkannt und etabliert (Gatchel 2003, Morley et al. 1999).

Trotz der sehr positiven Entwicklung bestanden auch zu diesem Zeitpunkt weiterhin Probleme bzgl. der Validierung von Struktur und Qualität sowie der Anerkennung und Finanzierung der interdisziplinären multimodalen Therapie in den USA und in Deutschland (Gatchel et al. 2014, Kaiser et al. 2015).

Multimodale Schmerztherapie

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