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2 Historie, Entstehung und Stellenwert Kristin Kieselbach und Paul Nilges

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Schon in der griechischen Antike wurde ein Zusammenhang von Körper, Seele und dem Auftreten körperlicher Leiden auch ohne eine Ursache im Bereich der Organe vermutet. Schmerz wurde als Warnsignal verstanden, der aus einer falschen Zusammensetzung der Körpersäfte resultierte (Bozzaro 2016). Jedoch wurden sowohl in dieser Zeit als auch in den frühen antiken Hochkulturen Schmerzen auch als Ausdruck göttlichen Zorns verstanden. Das lateinische Wort »poena«, welches mit dem englischen »pain« verwandt ist, verdeutlicht dies, denn dieses wird mit der Bedeutung »Strafe« übersetzt. In unseren Breiten verfestigte sich diese Denkweise mit der Entwicklung der abendländischen Kultur: mit der Frage nach der Sinnhaftigkeit negativer Ereignisse, z. B. Schmerzen, wurde nun die Religion konfrontiert. Schmerzen und das Leiden an Schmerzen wurden somit als notwendige und gerechte Strafe oder Prüfung Gottes für die Vergehen der Menschen interpretiert. Diese über Jahrhunderte gültige Erklärung trägt heute nicht mehr. Vielmehr ist die moderne Medizin die Instanz geworden, an die sich der Mensch mit seinem Schmerz und dem Leiden am Schmerz wendet.

Das dualistische cartesianische Menschenbild prägt bis heute das biomedizinisch geprägte Schmerzverständnis

Auf dem Boden eines von Descartes geprägten dualistischen Menschenbildes, das den Körper und seinen Schmerz einerseits von der Seele und dem Leiden andererseits trennt, entwickelte sich ein noch bis in die heutige Zeit einwirkendes, stark biomedizinisch geprägtes Verständnis von Schmerzen und einer stark naturwissenschaftlich orientierten, möglichst gut objektivierbaren Schmerzmedizin (Bozzaro 2015). Die Tatsache, dass jeder Schmerz und jedes Leiden eine Person immer als Ganzes, als körperlich-psychische Einheit in ihrem sozialen und kulturellen Kontext betrifft, wurde erst Mitte des 20. Jahrhunderts wieder durch die Entwicklungen im Bereich der Psychiatrie und der medizinischen Anthropologie und über die weitergehenden Erkenntnisse zu psychischen Leiden zunehmend realisiert.

Die Entwicklung differenzierter Schmerzkonzepte und damit auch der multimodalen interdisziplinären Schmerztherapie wurde durch den 2. Weltkrieg entscheidend beeinflusst. Schmerzbehandlungseinrichtungen wurden in mehreren Ländern gegründet, u. a. in Australien, Kanada, Dänemark, Japan und den USA (Gerbershagen et al. 1975). Der spätere Gründer der Internationalen Schmerzgesellschaft IASP und Pionier im Bereich der multi-/interdisziplinären Schmerzbehandlung J. J. Bonica leitete als Anästhesist während dieser Zeit 1944 in Fort Lewis am Militärkrankenhaus in Washington die Anästhesieabteilung und den OP. Hier wurden Tausende von kriegsversehrten Soldaten, die häufig unter schweren Schmerzen litten, von ihm und zwei Pflegerinnen anästhesiologisch versorgt. Bonica wandte sich neben den regionalanästhesiologischen Verfahren immer mehr der Behandlung chronischer Schmerzerkrankungen zu. Ihm wurde klar, dass chronisch Schmerzkranke zu spät Zugang zu einer Therapie finden und die Therapiestrategien oft nicht suffizient waren. Er erkannte, dass es an individueller Kenntnis zur Schmerztherapie mangelte. Er sah aber auch, dass das Wissen eines einzelnen Arztes allein unzureichend für das Verständnis der Komplexität von Schmerzerkrankungen war. In seiner Publikation (Bonica 1990) zur Entwicklung und dem aktuellen Status von Schmerzprogrammen schreibt Bonica voller Überzeugung, dass »komplexe Schmerzprobleme durch ein multidisziplinäres/interdisziplinäres Team effektiver behandelt werden können, wobei jedes [Team]Mitglied sein/ihr eigenes Spezialwissen und die eigenen Fertigkeiten beiträgt, damit das gemeinsame Ziel, eine korrekten Diagnose zu stellen und [damit] die effektivste therapeutische Strategie zur entwickeln, erreicht wird« (Bonica 1990, S. 370; Übersetzung Kieselbach).

Multimodale Schmerztherapie

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