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2 VerbpartikelnVerbpartikel im DeutschenDeutsch 2.1 Das Problem der Kategorisierung

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Wer mit der einschlägigen Forschung vertraut ist, kennt natürlich die Besonderheit der Grammatik von Ptk-Vn, die zu Uneinigkeit darüber geführt hat, ob diese syntaktisch oder lexikalisch gebildet würden. Sind V-Ptkn Wortglieder, selbständige Köpfe im Verbalkomplex oder gar syntaktische Konstituenten/Phrasen?

Während ein verbales PRÄFIXPräfix (fortan Pfx) stets unbetont und niemals abtrennbar ist, tragen V-PTKN einen WortakzentWortakzent und sind abtrennbar, was sich z.B. in Verbzweitsätzen zeigt, wo sie nicht beim Finitum nach der ersten Konstituente stehen, also der linken Klammer im Topologischen Feldermodell, oder auch C° im generativen Phrasenstrukturmodell.

(7)a.er’reichen (Der Apostroph markiert die darauf folgende betonte Silbe.)
b.Der FC Bayern er’reichte am Ende fast alle seine Ziele.
(8)a.’durch.reichen1
b.Den HSV reichte man in fast bis ans Tabellenende durch.

Bei der Partizip-Perfekt-Bildung gehen V-Ptkn dem Pfx ge- voran, mit dem andere Präverben in der Regel sogar inkompatibel sind (cf. 9c).

(9)a.Sie haben das Parkett blank.gebohnert.(PartikelverbPartikelverb)
b.Sie hat ihn dadurch bloß.gestellt.(PartikelverbPartikelverb)
c.Sie haben das Parkett zerbohnert/ *gezerbohnert/ *zergebohnert.(Präfixverb)

Auch der Infinitivpartikel zu gehen V-Ptkn im Gegensatz zu sonstigen Präverben voran.

(10)a.Sie wurden gebeten, das Parkett blank.zu.bohnern/ *zu blankbohnern.(PartikelverbPartikelverb)
b.Sie wurde davor gewarnt, ihn bloß.zu.stellen/ *zu bloßstellen.(PartikelverbPartikelverb)
c.Sie wurden gebeten, das Parkett zu zerbohnern/ *zerzubohnern.(Präfixverb)

Weitere Argumente für die Selbständigkeit von V-Ptkn sind, dass man sie oft separat modifizieren kann – in Bsp. (11) ist es eindeutig kennen, auf das sich das Adverbial bezieht – und die Vorfeldbesetzung, die zumindest unter geeigneten Bedingungen augenscheinlich möglich ist.

(11)weil sie ihn dadurch etwas besser kennen.lernen konnten
(12)a.Auf geht die Sonne im Osten, aber unter geht sie im Westen.(Lüdeling 2001: 53)
b.Sehr nahe ging dem Prinzen der Verlust seines Kanarienvogels.(ibd. 54)

Folgende Kriterien werden in der Forschung gewöhnlich für die Vorfeldfähigkeit angeführt:

(13)Kriterien für die Vorfeldbesetzung durch Prädikatelemente
a.diskurssemantische Markiertheit
b.semantische Transparenz/ Dekomponierbarkeit des Prädikats
c.Phrasenstatus

Als diskurssemantische Faktoren werden in der Literatur vor allem Kontrast und Fokussierung genannt (cf. Müller 2002: 276f.; Zeller 2003: 4f.; Heine et al. 2010: 46–49).

(14)a.Die Tür ist erst auf- und dann wieder zu.gegangen.
b.Auf ging die Tür, zu aber das Fenster.

Dass diese allein jedoch für die Vorfeldbesetzung alleine nicht ausreichen, zeigt sich an folgenden Beispielen:

(15)a.Sie haben ihm das Diplom erst an- und dann wieder ab.erkannt.
b.*Ab- haben sie ihm zwar das Diplom erkannt, an- aber seine Mühen.
(16)a.Sie haben alle Eier aus- und alle Luftballons auf.geblasen.
b.*Aus- haben sie alle Eier und auf- alle Luftballons geblasen.

Soll der Satz nicht zumindest markiert sein, müssen nach der Separierung beide Teile der Verbindung interpretierbar sein, weshalb bei Beispielen wie den folgenden keine Vorfeldbesetzung durch die Partikel möglich scheint.

(17)a.*An ist der Zug erst spät gekommen, obwohl er rechtzeitig weg.kam(an ist desemantisiert)
b.*Ganz zusammen hat sich die Menge im Hof gerottet.(rott- ist synchron kein VERBUM SIMPLEX)

Was den Phrasenstatus betrifft, so wurde auf der Basis der Beobachtung, dass manche V-Ptkn zwar ins Vorfeld, aber nicht im Mittelfeld zu verschieben seien, oft dagegen argumentiert, dass diese Eigenschaft kriterial sei.

(18)a.weil in dieses Land dieses Jahr noch niemand gereist ist(Zeller 2002: 243)
b.*weil ein dieses Jahr noch niemand gereist ist
(19)a.weil auf diesen Wagen nichts geladen wurde(ibd.)
b.*weil auf noch nichts geladen wurde

Dieses heterogene Verhalten führt z.B. Zeller (2002) dazu, V-Ptkn als hybride Kategorie zu identifizieren, die sich einmal wie Köpfe, ein anderes Mal wie Phrasen verhielten. Heine et al. (2010: 57–59) tendieren dazu, einen Status zwischen Wort und Phrase anzusetzen, ähnlich auch Ackermann/Webelhuth (1998). Stiebels/Wunderlich (1994:929) schlagen dagegen in einem lexikalistischen Ansatz vor, dass Pfx-Vn und Ptk-Vn beide auf die gleiche Weise lexikalisch gebildet würden, doch hätten Pfxe und Ptkn unterschiedliche inhärente Merkmale, die V-Ptkn syntaktisch transparent machen könnten:

(20)a.prefix verb: [ Y+min V ](⇒ Y cannot constitute a possible word)
b.particle verb: [ Y+max V ](⇒ Y enters the syntax as Y°)

Das Merkmal [+max] werde nicht lexikalisch zugewiesen, sondern dann, wenn die Struktur [Y+max V] syntaktisch gebildet würde. Eines der Hauptargumente für die lexikalische Bildung stellt die Annahme dar, dass von Ptk-Vn Substantive abgeleitet werden könnten.

Mit Ansätzen dieser Art mag die Separierbarkeit wie in (8), (9) und (10) erklärt werden können, selbst wenn man Ptk-Vn als lexikalische Bildungen ansehen möchte; das unterschiedliche Verhalten hinsichtlich der Verschiebung in Mittel- und Vorfeld sowie der Phrasenbildung bleibt jedoch ungeklärt. In verschiedenen Aufsätzen (z.B. Öhl 2013; Öhl/Falk 2011) argumentierte ich deshalb dafür, dass echte V-Ptkn stets als Köpfe im V-Komplex generiert werden; augenscheinliche Bewegungsoperationen sind m.E. entweder dadurch zu erklären, dass mit V-Ptkn homophone Phrasenköpfe vorliegen, oder dass Sprecher zu Konstituentenbewegungsstrukturen analoge, jedoch nicht regelbasierte Abfolgen bilden, die bei der Beurteilung stets Markiertheitswerte aufweisen.

Im Folgenden werde ich zunächst dieses Modell skizzieren und dafür plädieren. Des Weiteren werde ich dafür argumentieren, dass die Annahme der lexikalischen Bildung von Ptk-V aufgrund der existierenden nominalen Wortbildungsprodukte nicht zwingend und somit eine syntaktische Rekategorisierung mithilfe eines Merkmals [+max] nicht notwendig ist.

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