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2.1 Mehrsprachigkeit und Migration
ОглавлениеJörg Roche
Die ökologischen Prozesse der Mehrsprachigkeit und Mehrkulturalität lassen sich vor allem bei Migranten gut beobachten, die zeitüberlappend an verschiedenen Orten und in verschiedenen Kulturwelten leben. Transnationalität und Transmigration bilden hier den Rahmen des Lebensumfeldes, der oft durch zirkuläre Migration, Pendelmigration (siehe Bade 2000), dienstliche Reisen für Studien- oder Arbeitsaufenthalte (besonders bei den so genannten expatriates, die für längere Zeit im Ausland leben) und andere temporäre Mobilitätsfaktoren erweitert wird. Diesen Wandel zu dynamisch-multikulturellen Gesellschaften müssten folglich nicht nur die Gesellschaftspolitik, sondern auch die auf Politikberatung ausgerichtete Migrations- und Bildungsforschung abbilden. Stattdessen aber dominiert auch hier ein konzeptuell monolingualer Modus: Im Kontext der Internationalisierung der Bildung und Wissenschaft wird der Bedarf an mehrsprachiger Kommunikation meist auf die Lingua Franca Englisch projiziert. Im Umfeld des Migrations- und Integrationsdiskurses findet dagegen vor allem eine Reduktion auf zielsprachliche Sprachkenntnisse der Lingua Franca Deutsch statt. Im Integrationsdiskurs werden Kenntnisse der Zielsprache die größte Wirkung zugesprochen. Gesetzliche Regelungen und Prüfungen zu Minima von Kenntnissen der Zielsprache werden als Vorbedingung für die Einwanderung oder den Aufenthalt festgelegt und hochqualifizierten fremdsprachigen Migranten, die diese Anforderungen nicht erfüllen, wird die Arbeitserlaubnis verweigert und die Integration erschwert. Die monolinguale Ausrichtung des Integrationsdiskurses bewirkt, dass sich Bildungsstudien auf die Messung von Kenntnissen der Zielsprache konzentrieren, aber die familiensprachlichen Kenntnisse weitestgehend außer Acht lassen.
Lernziele
In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie
Ergebnisse von Migrations- und Bildungsstudien zur gesellschaftlichen Wertigkeit von Mehrsprachigkeit kennen lernen;
die Potenziale elaborierter Wertschätzung und Wertschöpfung von Sprachen reflektieren;
Konsequenzen für eine Didaktik der aufgeklärten Mehrsprachigkeit fokussieren.