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4.2. Genusvariation: (E-)Mail

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Für die Variation im Bereich des Genus wurde der Fall (E-)Mail herausgegriffen, nicht nur aufgrund seines Bearbeitungsstatus, sondern auch ob seiner Prominenz. In Elspaß et al. (2013: 50–51) konnten nach Auswertung von DeReKo-Daten prinzipiell die Angaben zur arealen Verteilung im VWB (Ammon et al. 2004: 48, 152) bestätigt werden: (E-)Mail als in Deutschland feminin, in Österreich neutral und in der Schweiz zwischen beidem variierend (vgl. Elspaß et al. 2013: 50–51). Allerdings ließe sich dabei nach der Untersuchung von Elspaß et al. weiter differenzieren: Erstens würden beide Genera in allen drei Ländern verwendet (über kleinere Regionen und Länder kann dabei aufgrund des zugrundeliegenden Korpus, dem DeReKo in damaliger Form, nichts ausgesagt werden), zweitens sei die Verwendung als Neutrum – das Mail o.Ä. – in Österreich nur knapp mehrheitlich (und schon gar nicht absolut) verwendet (vgl. Elspaß et al. 2013: 50–51). Und drittens zeige sich innerhalb Österreichs ein klarer Verwendungsanstieg neutraler Formen im Osten des Landes (vgl. Elspaß et al. 2013: 51).

All dies lässt sich mit Hilfe des weitaus größeren und areal differenzierteren ‚Variantengrammatik‘-Korpus bestätigen und auch statistisch untermauern. Gesucht wurden sämtliche denkbaren Formen, von Simplizia wie E-Mail und Mail, über unterschiedliche (und generisch nicht ambige) Formen mit Artikeln und Attributen bis hin zum Gebrauch von .mail als Grundwort einer Komposition. Allgemein finden sich im ‚Variantengrammatik‘-Korpus 4415 Belege für eine Verwendung mit femininem Genus (die E-Mail, eine Mail o.Ä.) gegenüber 589 Belegen für eine neutrale Verwendung (das E-Mail, ein Mail o.Ä.). Die areale Distribution zeigen Tab. 3 und Abb. 5.

In Deutschland, Ostbelgien und Luxemburg sowie in Südtirol wird mehrheitlich bis fast ausnahmslos die feminine Variante verwendet. Für Österreich und die Schweiz fallen die Ergebnisse anders und variabler aus: In der Schweiz wird mehrheitlich die neutrale Variante geschrieben, in Österreich ergibt sich eine aus den bisherigen Untersuchungen erwartbar knappe Mehrheit für das/ein (E-)Mail (o.ä. flexivisch eindeutige Formen). Allerdings zeigt sich hier wie schon bei Elspaß et al. (2013: 50–51) ein deutlicher Unterschied zwischen Westösterreich und den östlicheren Arealen Österreichs: In Westösterreich überwiegt sogar – wie im angrenzenden deutschen Südosten und in Südtirol, wenn auch nicht so deutlich – die feminine Variante die/eine (E-)Mail o.Ä. Diejenigen Areale, die also eigentlich das Bild einer ‚österreichischen‘ Präferenz des neutralen Genus bei (E-)Mail prägen, sind die übrigen, östlicheren Areale, und selbst dann ist noch auf den österreichischen Südosten hinzuweisen, bei dem das Verhältnis von femininem und neutralem Genus ausgeglichen ist. Keineswegs also ließe sich der Fall vereinfachen zu nationalen Varianten: das/ein (E-)Mail in Österreich, die/eine (E-)Mail in Deutschland – nicht unbedingt, weil in Deutschland das neutrale Genus so häufig wäre, sondern vielmehr weil umgekehrt das feminine Genus in Österreich fast die Hälfte des Gebrauchsstandards ausmacht.

ArealNeutrum – das (E-)MailFemininum – die (E-)Mail
Deutschland Nordwest4 (1 %)500 (99 %)
Deutschland Nordost7 (1 %)593 (99 %)
Deutschland Mittelwest4 (1 %)595 (99 %)
Deutschland Mittelost5 (1 %)552 (99 %)
Deutschland Südwest13 (3 %)472 (97 %)
Deutschland Südost19 (2 %)884 (98 %)
Österreich West33 (37 %)56 (63 %)
Österreich Mitte79 (55 %)64 (45 %)
Österreich Südost148 (50 %)147 (50 %)
Österreich Ost20 (69 %)9 (31 %)
Schweiz155 (63 %)91 (37 %)
Ostbelgien1 (2 %)46 (98 %)
Liechtenstein2 (40 %, u.S.)3 (60 %, u.S.)
Luxemburg1 (5 %)19 (95 %)
Südtirol3 (14 %)19 (86 %)

Tab. 3: Verteilung von das/ein (E-)Mail vs. die/eine (E-)Mail innerhalb der einzelnen Areale im ‚Variantengrammatik‘-Korpus


Abb. 5: relative Verteilung von das/ein (E-)Mail vs. die/eine (E-)Mail innerhalb der einzelnen Areale im ‚Variantengrammatik‘-Korpus

Interessant ist dabei, dass die insgesamt überwiegend gebrauchte Variante mit femininem Genus der tendenziellen (und bisher ungeklärten) Bevorzugung des Neutrums bei Fremdwörtern – unabhängig von der Ursprungssprache – widerspricht (Schulte-Beckhausen 2002: 75). Da die Genuszuweisung für Fremdwörter nicht eindeutig geregelt (oder genormt) ist, können sich im Laufe der Zeit – und mit zunehmender Integration des Fremdworts in das grammatische System des Deutschen – Varianten ergeben (vgl. Gregor 1983: 170); d.h., die hier areal auftretende Variation könnte auch den gegenwärtigen Stand einer diachronen Entwicklung darstellen. Nichtsdestoweniger ist der areale Unterschied zwischen Österreich, Liechtenstein und der Schweiz zu den übrigen Sektoren erklärungsbedürftig. Durch eine Analyse der Genusvariation bei weiteren Anglizismen sollte es der ‚Variantengrammatik‘ jedoch möglich sein, den Einfluss der Arealität zu bestätigen oder zu widerlegen. Die bisherigen Ergebnisse hierzu, auf die ich im gegebenen Rahmen nicht weiter eingehen kann (z.B. zu die/das App und die/das SMS), sprechen jedenfalls dafür, dass eher eine einzellexematische Variation vorliegt.

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