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2. Werkauswahl und methodisches Vorgehen
ОглавлениеWie dies speziell für den Literaturunterricht der Primarstufe aussehen kann, wird im vorliegenden Beitrag exemplarisch an den Werken Der Tag, an dem das Meer verschwand (Haynes 2020) und Die Fabel von Fausto (Jeffers 2020) veranschaulicht. Beide Erzählungen folgen einer episodischen Grundstruktur und eignen sich dadurch besonders für die Kombination aus analytischen und produktiven Methoden des Literaturunterrichts. Zudem spielt in beiden Geschichten die Beziehung zwischen Mensch und Meer eine zentrale Rolle, die dabei aber so grundverschieden konnotiert wird, dass sich zentrale Zusammenhänge des Anthropozäns erkenntnisreich herausarbeiten lassen (vgl. Abb. 1). Da Jack in Der Tag, an dem das Meer verschwand durch positive Eigenschaften wie Empathiefähigkeit und Handlungsbereitschaft eher als Identifikationsfigur und Fausto in Die Fabel von Fausto durch negative Attribute wie Habgier und Allmachtsphantasien eher als Alteritätsfigur konzipiert ist, kann in einer aufeinander aufbauenden Auseinandersetzung mit den Protagonisten zudem der Schritt von der Identifikation zur Abgrenzung (vgl. Spinner 2006, 10) angeregt werden.
Abbildung 1: Verschwinden des Menschen (l.: Fausto) vs. Verschwinden des Meeres (r.: Der Tag, an dem das Meer verschwand)
Das im Folgenden vorgestellte Unterrichtskonzept besteht – dieser Vielfalt möglicher Zugänge entsprechend – aus verschiedenen Bausteinen, die von einer vergleichenden Betrachtung der Werke ausgehen und punktuell auch für Einzelbetrachtungen kombinierbar sind. Die Bausteine orientieren sich an denjenigen Aspekten literarischen Lernens nach Spinner (vgl. Spinner 2006), die im Rahmen des Bochumer Modells literarischen Verstehens (BOLIVE) (vgl. Boelmann & Klossek 2016; Boelmann & König 2021) operationalisiert worden sind, greifen jedoch auf Kerngedanken beider Konzepte zurück. Diese literaturdidaktischen Zielsetzungen werden mit Teilkompetenzen der Gestaltungskompetenz nach de Haan (vgl. de Haan 2008) verknüpft, um mögliche Schnittmengen zwischen literarischer Bildung und Nachhaltigkeitsbildung (im Folgenden BNE, die Abkürzung von „Bildung für nachhaltige Entwicklung“) sichtbar zu machen. Das BOLIVE-Modell bietet für diese Verknüpfung auch im Vergleich mit anderen literaturdidaktischen Modellierungen den Vorteil, die Grundkompetenzen literarischen Verstehens so auszudifferenzieren, dass sie spiralcurricular „in Abhängigkeit von den Anforderungen, die ein literarischer Text an seinen Rezipienten stellt“ (Boelmann & Klossek 2016, 3), entwickelt werden können.