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Eilfter Brief.
Palemon an Euphranor.

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Dreyfache Quelle des Vergnügens. Die Tonkunst gewährt uns alle Arten desselben. Alle Sinne haben ihre Harmonien. Mängel an den von den Neuern erfundenen Farbenclaviern. Flüchtiger Gedanke, wie sie verbessert werden könnten.

Wir sind endlich so weit, daß wir eine dreyfache Quelle des Vergnügens entdeckt, und ihre verwirrte Grentzen auseinander gesetzt haben. Das Einerley im Mannigfaltigen oder die sinnliche Schönheit,5 die Einhelligkeit des Mannigfaltigen, oder die Vollkommenheit,6 und endlich der verbesserte Zustand unserer Leibes-| beschaffenheit,7 oder die sinnliche Lust. Alle schönen Künste holen aus diesem Heiligthume das Labsal, womit sie die nach Vergnügen dürstende Seele erfrischen. Wie muß uns die Muse erquicken, die aus verschiedenen Quellen mit vollem Maase schöpft, und in einer angenehmen Mischung über uns ausgießt? Göttliche Tonkunst! Du bist die eintzige, die uns mit allen Arten von Vergnügen überraschet! Welche süsse Verwirrung von Vollkommenheit, sinnlicher Lust und Schönheit! Die Nachahmungen der menschlichen Leidenschaften; die künstliche Verbindung zwischen den widersinnigsten Uebellauten: Quellen der Vollkommenheit! Die leichten Verhältnisse in den Schwingungen: eine Quelle der Schönheit! Die mit allen Saiten harmonische | Spannung der nervigten Gefässe: eine Quelle der sinnlichen Lust! (h) Alle diese Ergötzlichkeiten bieten sich schwesterlich die Hand und bewerben sich wetteifrend um unsere Gunst. Wundert man sich nun noch über || die Zauberkraft der Harmonie? Kann es uns befremden, daß ihre Annehmlichkeiten mit so mächtigem Reitze auf die Menschen würken, daß sie rauhe und ungesittete Volker bezähmt, Rasende besänftiget, und Traurige zur Freude belebt?

So viel, ja weit mehrere Ergötzlichkeiten sind euch, murrende Sterbliche! vom Himmel beschieden. Es liegt nur an euch, so könnet ihr euere Wohnung hienieden zu einem Paradiese, und ein jedes unschädliche Gefühl zu einem Vergnügen machen.

Zweifele nicht, Euphranor! Für jeden Sinn ist eine Art von Harmonie bestimmt, | die vielleicht mit nicht weniger Entzückung verknüpft ist, als die Harmonie der Töne. Die Anlage dazu liegt in unserm Gefühle. Es hat nur noch an glücklichen Köpfen gefehlt, die durch ihre Vertraulichkeit mit den Geheimnissen der Natur diese neuen Wege zur Glückseligkeit ausgekundschaft, und die mit Blumen verstreuete Spuren entdecket hätten.

Vielleicht werden sich unsere Enkel dieser seligen Entdeckung zu erfreuen haben. Der Geruch und der eigentlich so genannte Geschmack, sind für uns Jetztlebende nichts als Quellen der sinnlichen Lust. Nur ein dunkeles Gefühl einer verbesserten Leibesbeschaffenheit macht sie zu Gegenständen des Vergnügens. Wir nehmen in ihren mannigfachen Vermischungen weder Schönheit, noch Reitz, noch Vollkommenheit wahr. | Wer will aber die Wahrscheinlichkeit leugnen, daß diese Begriffe in ihnen liegen? Oder die Möglichkeit, daß sie unsere Nachkommenschaft darinn finden wird?

Die Augen haben unter allen sinnlichen Gliedmassen die ältesten und gerechtesten Ansprüche auf unsere Erkenntnis so wohl, als auf unsere Glückseligkeit. Ein blinder muß weit seligere Güter der Natur entbehren, als ein Taubgebohrner. Die Augen fühlen deutlicher, schärfer, und in einer grössern Entlegenheit, als das Ohr. Und wer sollte es vermuthen? Kaum hat man in dem letzten Jahrhunderte angefangen, auf die Spur einer Harmonie in den Farben zu kommen. Dir, grosser Newton! hat das menschliche Geschlecht für diese Entdeckung verbunden seyn sollen, und eine | Ewigkeit mußte dir diesen unsterblichen Ruhm vorbehalten.

Man ist aber noch so glücklich nicht gewesen diese Harmonie der Farben auf ihre wahre Stufe zu erheben, und zu der Mutter so vieler Ergötzlichkeiten zu machen, als die Harmonie der Töne. Die Farbenclaviere scheinen mehr zu versprechen als sie in der That leisten. Ich || räume ihnen die harmonische Vermischung und Abwechslung der Farben, die Quelle der sinnlichen Schönheit, ein. Auch die sinnliche Wollust, die Verbesserung unserer Leibesbeschaffenheit, kann ihnen schwehrlich streitig gemacht werden. Es ist höchst wahrscheinlich, daß die nervigten Theile des Auges und ihre harmonische Spannungen auf eben die Art von den Farben, wie die Gefässe des Gehörs, | von den Tönen verändert werden. Allein die Quelle der Vollkommenheit, die Nachahmung der menschlichen Handlungen und Leidenschaften? Kann uns eine Farbenmelodie mit diesem Vergnügen seegnen? Die Leidenschaften werden natürlicher weise durch gewisse Töne ausgedruckt, daher können sie durch die Nachahmung der Töne in unser Gedächtniß zurück gebracht werden. Welche Leidenschaft aber hat die mindeste Verwandschaft mit einer Farbe?

Noch mehr; Farben können ohne Grössen nicht vorgestellt werden. Man muß sie entweder alle auf eine eintzige Figur spielen lassen, oder es müssen mit den verschiedenen Farben zugleich verschiedene Figuren abwechseln. Hat man aber eine Harmonie der Grössen schon gefunden? Weiß man | den verschiedenen Figuren, die die abwechselnde Farben vorstellen, eine Einheit im Mannigfaltigen zu verschaffen? Geschiehet dieses nicht; so muß entweder die Disharmonie, oder das Einerley der Figuren nothwendig die Lust stöhren, mit welcher uns die, wen ich so reden darf, wohllautende Farben zu erfreuen versprechen.

Sollte es aber nicht möglich seyn die Linie der Schönheit, oder des Reitzes, die in der Mahlerey tausendfaches Vergnügen gewehrt, mit der Harmonie der Farben zu verbinden?

Man kennt in Deutschland nunmehr die Wellenlinie, die unser Hogarth8 für die Mahler, als die ächte Schönheitslinie festgesetzt hat. Und den Reitz? Vielleicht | würde man ihn nicht unrecht durch eine wirkliche oder nachgeahmte Schönheit in der Bewegung erklären. Ein Beyspiel der erstern sind die Minen und Geberden der Menschen, der letztern hingegen, die flammigten oder mit Hogarthen zu reden, die Schlangenlinien, die allezeit eine Bewegung nachzuahmen scheinen (i). Könnte man also nicht eine Vermischung von melodischen Farben in eine von diesen Linien dahin wallen lassen? Könnte man nicht, um dem Auge desto mehr || zu gefallen, verschiedene Arten von wellenförmigten und flammigten Linien mit einander verbinden? (k)

Dieses ist ein flüchtiger Gedanke, den ich selbst nicht ins Werk zu richten weiß, und vielleicht ist es auch eine Unmöglichkeit | ihn jemals auszuführen. In diesem Falle mag er mit jenen öconomischen Vorschlägen in gleichem Paare gehen, die eben so wenig auszuführen sind, und dennoch so manches gelehrte Blat anfüllen. | ||

Moses Mendelssohn

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