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Schlussfolgerungen

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Um die Diskussion zusammenzufassen: Wenngleich die Verwendung der Begriffe ‚Tolerierung‘ und ‚Toleranz‘ gut gemeint sein mag, so scheint sie doch einen Diskurs anzuregen, der theoretisch in einer Sackgasse, in einer auf das ‚Selbst‘ bezogenen Hegemonie sowie in politischer Gewalt resultiert, sobald er sich dem Thema der (politischen, gesellschaftlichen, kulturellen, religiösen, usw.) Differenz zuwendet; denn schließlich liegt das Thema der Differenz im Kern der Debatten um die Toleranz-Problematik. Dieser Beitrag schlägt deshalb einen anderen Ansatz vor und nähert sich der Thematik der Differenz aus einer phänomenologischen Perspektive. Diese Perspektive zielt nicht darauf ab, die guten Vorsätze der Tolerierungs- und Toleranzdebatten zunichte zu machen, sondern möchte vielmehr auf die mit diesem Diskurs einhergehenden ungewollten Konsequenzen aufmerksam machen. Die hier präsentierten Argumente sollen deshalb primär als Beitrag zur Diskussion um das Problem der Differenz, das den Tolerierungs- und Toleranzdebatten ja zugrunde liegt, und dann auch indirekt als Bereicherung der Tolerierungs-/Toleranzdebatten selbst verstanden werden.

Es scheint innerhalb dieser Debatten als allgemeingültige Erkenntnis zu gelten, dass sich Tolerierung und Toleranz auf einen normativen Rahmen stützen müssen (siehe Fußnote 1). Im Bewusstsein dieser Erkenntnis verbinden die Diskussionsteilnehmer Tolerierung und Toleranz mit der Frage nach Gerechtigkeit und Rechtfertigung. Und die meisten Kommentatoren wären sich wohl darüber einig, dass tolerierte Personen ein Recht auf eine Rechtfertigung haben, warum man ihre Handlungen oder Gebräuche als falsch erachtet, sie aber dennoch ‚toleriert‘. Im Gegensatz zu diesem liberalistischen Credo, welches von einer Reihe problematischer Annahmen über die Identität der Träger von Differenzen und über das (‚westliche‘, liberale) ‚Selbst‘ geprägt ist, würde sich ein phänomenologischer Ansatz für ein soziales und politisches Recht auf Nicht-Identifikation einsetzen. Durch einen offeneren, demokratischeren und gerechteren Umgang mit Differenz könnte viel gewonnen werden: So würden andere Menschen, andere Völker oder auch das ‚Selbst‘ nicht mehr auf Grundlage von vorformulierten Annahmen von Vernuft und Vernuftförmigkeit identifiziert und mit vorgeformten Rationalitäten von Rechtsregimen, sozialer Planung und ‚social engeneering‘ konfrontiert werden, sondern Menschen erlebten sich in der situationsbedingten Einzigartigkeit sozialer Begegnungen. Tatsächlichkeit statt Annahme und Antizipation, so lautet die zusammenfassende Kurzformel dieses Arguments; jedoch nicht im Sinne revolutionärer Verneinung liberaler Ideen, sondern im Sinne hybrider Erweiterungen und Ergänzungen. Nun ist es aber natürlich eine schwierige Aufgabe und Herausforderung, Erfahrungen nicht in eine Wahrnehmungshaltung zu verwandeln und in gesellschaftlichen und politischen Begegnungen nicht gewisse Schemata über ‚das Selbst‘ und ‚das Andere‘ anzuwenden. Aber gerade weil dies so schwierig zu sein scheint, ist es normativ umso ausschlaggebender, solche Schemata zu enttarnen und sich ihrer zu entledigen. Denn hierbei ist es wie bei einer guten Beziehung oder Freundschaft: Lange nachtragend zu sein, ist sinnlos; viel wichtiger ist es, sich jeden Tag aufs Neue unvoreingenommen und auf Augenhöhe zu begegnen.

1 Aus dem Englischen übersetzt von Christoph Straub, Salzburg.

2 Während sich die meisten Autoren selbst in diese Kategorie einordnen würden, mag diese Klassifizierung für einige von ihnen auf den ersten Blick streitbar erscheinen, zum Beispiel wenn man die wichtigen Beiträge von Rainer Forst (siehe auch Fußnote 5) und Michael Walzer (1997), On Toleration, New Haven und London, in Betracht zieht. Beide Autoren würde man nicht unmittelbar als Vertreter liberaler, analytischer Theoriebildung ansehen. Sich über die Notwendigkeit eines normativen Rahmens zur Analyse von Tolerierung bewusst – so schreibt beispielsweise Forst: „In itself […] toleration is not a virtue or value; it can only be a value if backed up by the right normative reasons“ (in seinem 2007 erschienenen Beitrag ‚Toleration‘ in der Stanford Encyclopaedia of Philosophy); siehe auch Walzer, der die Institutionen des liberalen Staates befürwortet, während der Liberalismus gleichzeitig den Rahmen und die Grenzen tolerierender Praktiken absteckt (besonders hervorzuheben ist hierbei sein Ansatz zum Thema ‚postmoderne Tolerierung‘ im fünften Kapitel von On Toleration, 83–92) – argumentieren Forst und Walzer, dass Gerechtigkeit zusammen mit Rechtfertigung (beides als diskursiv und wechselwirksam verstanden) sowie moralischer Respekt für andere Menschen die normativen Fundamente der Tolerierung ausmachen. Gerechtigkeit, zusammen mit Rechtfertigung und moralischem Respekt, müssten erstens vom institutionellen Rahmen des liberalen Staates ermöglicht und in ihn eingebettet sein; zweitens werden von beiden gänzlich in der Tradition liberaler Theorien die Existenz sowie die Identität einer ‚andersartigen‘ Person vorausgesetzt, die sich vom ‚Selbst‘ abhebt. Für eine genauere Ausführung dieses Arguments siehe auch Hartmut Behr (2014), Politics of Difference – Epistemologies of Peace, London/New York, insbesondere Kapitel IV.2.

3 Für eine Klassifizierung des Diskurses, inklusive Walzers Ansatz zur Tolerierung als liberal und analytisch, siehe auch David Heyd (2008), ‚Is Toleration a Political Virtue?‘, in: Melissa S. Williams und Jeremy Waldron (2008) (Hg.), Toleration and ist Limits, New York und London, 171–194.

4 Es ist unmöglich, die bestehende Literatur zu diesem Thema auch nur nahezu vollständig aufzulisten. Neben einzelnen Beiträgen, auf die im Laufe des Textes verwiesen wird, dienen die folgenden Werke als repräsentativer Überblick über die behandelten Themen: John Horton und Susan Mendus (Hg.) (1999), Toleration, Identity, and Difference, Houndsmille und London; Susan Mendus (1989), Toleration and the Limits of Liberalism, Houndsmille und London (Issues in Political Theory); Preston King (1996), Toleration, London und Portland, OR. Für ‚klassische‘ Literatur zu diesen Problemen und Fragestellungen sei natürlich auf die wichtigen neuzeitlichen Schriften verwiesen, beispielsweise von John Locke (Letters Concerning Toleration), Voltaire (Traité sur la Tolérance), John Stuart Mill (On Liberty) und Charles de Montesquieu (De l‘Esprit des Lois und Lettres Persones). Für einen historischen Überblick, siehe Ole P. Grell und Roy Peter (Hg.) (2000), Toleration in Enlightenment Europe, Cambridge. Sehr informativ, insbesondere was Locke anbelangt, ist auch Maurice Cranston (1987), ‚John Locke and the Case for Toleration‘, in: Susan Mendus and David Edwards (Hg.) (1987), On Toleration, Oxford, 123–139.

5 Man mag argumentieren, dass selbst ein solcher Enzyklopädie-Eintrag keinen vollständigen Überblick über die bestehenden Debatten bietet, sondern das Thema Tolerierung vielmehr – und vermutlich unweigerlich – eingrenzt und es damit auf Basis der eigenen Argumentation präsentiert. Dies zeigt sich beispielsweise an Forsts Eintrag zum Thema „Toleration“ (2007), worin er Kontexte und Kontextualisierungen von Tolerierung betont, worüber jedoch sein 1994 erschienener Beitrag Kontexte der Gerechtigkeit: Politische Philosophie jenseits von Liberalismus und Kommunitarismus, Frankfurt, einen besseren Einblick bietet. Dieser Eintrag stimmt beinahe vollständig mit seinem 2004 veröffentlichten Beitrag ‚The Limits of Toleration‘, in: Constellations 11(3), 312–325, überein.

6 ‚Tolerierung‘ und ‚Toleranz‘ werden hier gemeinsam genannt, wenngleich die Begriffe in den Debatten über Tolerierung strikt voneinander getrennt werden (siehe z.B. Andrew W. Murphy (1997), ‚Tolerance, Toleration, and the Liberal Tradition‘, in: Polity 29(4), 593–623; auch Walzer, On Toleration). Murphy beschreibt ‚Tolerierung‘ als eine soziale und politische Praxis, während mit ‚Toleranz‘ eine Geisteshaltung gemeint ist. Diese Unterscheidung und die daraus hervorgehenden Typologien erscheinen jedoch konstruiert und es ist schwer nachvollziehbar, wie eine als ‚Tolerierung‘ bezeichnete Praxis entstehen soll, die nicht auf einen ethischen und intellektuellen Wert, welchen wir als ‚Toleranz‘ bezeichnen, gestützt ist. ‚Tolerierung‘, die nur durch institutionellen Garantien gewährt wird, erscheint zu schwach, erstens, weil sich Institutionen verändern; zweitens, weil Institutionen das Produkt von Werten sind und nicht aus sich selbst hervorgehen; und drittens, weil Institutionen dazu tendieren, sich durch spezifische Rationalitäten und Dynamiken von ihrer anfänglichen Aufgabe und ihrem Ursprung zu entfremden. Aufgrund dieser drei Gründe muss Tolerierung als soziale und politische Praxis permanent und parallel durch einen normativen Rahmen gesichert, gestützt und kontrolliert werden. Darauf soll hier dadurch hingewiesen werden, dass ‚Tolerierung‘ und ‚Toleranz‘ gemeinsam genannt werden.

7 Ziel der Kritik ist hier also nicht die Idee eines liberalen Staates und liberale Politik, sondern die theoretische Begründung jener, da sie nämlich in der politischen Praxis drohen, in unfreien Praktiken zu münden.

8 Nach Walzer, On Toleration. Siehe Kapitel 2.

9 Der Begriff der Gewalt ist hier umstritten; seine Verwendung sei deshalb kurz erläutert: Die Bezugnahme auf politische Gewalt entlehnt hier Argumente und Konzepte der Typologie von Johan Galtung, besonders der Typen der „strukturellen“ und „kulturellen“ Gewalt und begreift demzufolge a-priori-Stigmatisierungen von Identitäten als Formen von Gewalt, da sie die freie Entfaltung von Personen und die Optionalität von Politik einschränken und auf einen bestimmten Rahmen und Handlungsweisen festlegen. Nun ist sich Galtung, wie auch der Autor dieses Beitrages, durchaus des sozialen Gebrauchs, der Notwendigkeit und auch der u.U. positiven Kraft von Konzepten und Identifizierungen bewusst. Dem Gebrauch der Typologie von Gewalt liegt also keine naive Hoffnung auf Gewaltfreiheit zu Grunde (wenngleich dies dessen ungeachtet eine schöne Idee ist). Vielmehr dient dies dazu, auf die negativen Konsequenzen von Konzepten und Identifizierungen hinzuweisen, gerade, wenn sie erfahrungsunabhängig, also a priori, und als Stigmatisierungen erfolgen. Dies ist, so wird hier und im Folgenden argumentiert, in liberalen politischen und theoretischen Diskursen der Fall. Siehe dazu des weiteren Galtung (1969) ‚Violence, Peace, and Peace Research‘. Journal of Peace Research 6 (3), 167–191; ders. (1990) ‚Cultural Violence‘. Journal of Peace Research 27 (3), 291–305; ebenso Behr, Politics of Difference, insbes. Teil 2.

10 Für weitere Details zu diesem Argument siehe Hartmut Behr (1998), Zuwanderungspolitik im Nationalstaat, Opladen; und Behr, Politics of Difference. Die hiesige Kritik politischer Gewalt bezieht sich hauptsächlich auf zuwanderungspolitische Praktiken; hierzu ist auch Samuel Scheffler sehr interessant: Siehe Scheffler (2007), ‚Immigration and the Significance of Culture‘. Philosophy and Public Affairs 35 (2), 93–125, der in diesem Zusammenhang von „oppressive attempt(s)“ (S. 102) liberaler Staaten spricht und sich theoretisch gegen die Verwendung der Konzepte ‚cultural rights‘ und ‚multiculturalism‘ entgegen zeitgenössischem liberalem Denken ausspricht. Andererseits argumentiert Scheffer jedoch auf der Grundlage liberaler Vorstellungen wie ‚justice‘ and ‚right‘ unter Bezugnahme auf Rawls (S. 110), so dass er ein gutes Beispiel eines theoretischen Spagats darstellt, der mit den liberalen Annahmen von Identität und Kultur bricht, um die Idee der Neutralität des liberalen Staates aufrecht zu erhalten. Wesentlich entschiedener im Sinne liberaler Doktrin ist z.B. David Miller (2010), ‚ Why Immigration Controls are not coercive‘. Political Theory 38 (1), 111–120.

11 Für eine aufschlussreiche (und streitbare) Abhandlung der Idee des ‚Urzustandes‘ (der ‚original position‘), siehe Ronald M. Dworkin (1974), ‚The Original Position‘, in: N. Daniels (Hg.), Reading Rawls, New York.

12 Für eine umfassende Diskussion dieses Problems des Strukturellen Realismus, siehe Hartmut Behr (2010), A History of International Political Theory, Basingstoke/London, insbesondere Teil IV, und Richard K. Ashley (1986), ‚The Poverty of Neorealism‘, in: Robert Keohane (Hg.) (1986), Neorealism and its critics, New York, S. 255–300.

13 Beispiele hierfür gibt es zahlreiche. Zur Veranschaulichung des in diesem Kapitel behandelten Themas Tolerierung/Toleranz, siehe beispielsweise die von Murphy in „Tolerance, Toleration, and the Liberal Tradition“ entwickelte Typologie, welche zwischen ‚toleranter Tolerierung‘, ‚intoleranter Antitolerierung‘, ‚toleranter Antitolerierung‘, und ‚intoleranter Tolerierung‘ unterscheidet. Peter Jones (2007) präsentiert in ‚Making Sense of Political Toleration‘‘, in: British Journal of Political Science 37(3), 282–402, ein weiteres Beispiel. Er schreibt: „A tolerant political arrangement is […] one that upholds an ideal of toleration rather than one that itself engages in toleration. Now, I must acknowledge what might seem a paradoxical […] feature of this way of understanding tolerant political order: it is an order in which no one need actually behave tolerantly“ (S. 387), sowie: „Either A or B could willingly sacrifice its way of life for the sake of the other. But that degree of sacrifice goes beyond the kind of toleration that we think is reasonably to expect or to require in political context“ (S. 400). Generell liegt das Problem hierbei darin, dass Paradoxien bzw. Abweichungen von der Norm, also von dem, was als vernünftig erachtet und vorausgesetzt wird, nicht durch Kontextualisierungen weiter entwickelt werden, d.h. von empirischen Studien darüber, um auf Jones‘ Beispiel zurückzukommen, was A und B tatsächlich übereinander denken und was ihr späteres Opfer motiviert. Diesen Erkenntnissen nähert man sich stattdessen über weitere Abstraktionen, Typologien und Konstrukte. Für eine Kritik der analytischen Typifizierung, siehe auch Heyd (2008), ‚Is Toleration a Political Virtue?‘, S. 176.

14 Dies wird aus den Schriften John Rawls, aber auch aus der frühen Habermas’schen politischen Theorie deutlich.

15 Die besten Beispiele hierfür finden sich in Waltz (1979), Theory of International Politics, Reading, MA, S. 102 und Waltz (1990), ‚Realist Thought and Neorealist Theory‘, in Journal of International Affairs 44, S. 22, 23, 27 und 29.

16 Der Begriff ‚shifting of the goal posts‘ ist Stefano Guzzini entlehnt; siehe Guzzini (1998), Realism in International Relations and International Political Economy. The Continuing Story of a Death Foretold, London: Routledge.

17 Für eine ausführliche Abhandlung des Problems der Verdinglichung in der politischen und soziologischen Analyse, siehe Axel Honneth (2008), Reification: A New Look at an Old Idea, Oxford.

18 Für weitere Details und Beispiele dieser Argumentation siehe oben Fußnote 10 sowie Gérard Noiriel (1994), Die Tyrannei des Nationalen. Zur Sozialgeschichte des Asylrechts in Europa, Lüneburg; Emerich K. Francis (1965), Ethnos and Demos. Soziologische Beiträge zur Volkstheorie, München; Rainer Lepsius (1986), ‚Ethnos und Demos. Zur Anwendung zweier Kategorien von Emerich Francis auf das nationale Selbstverständnis der Bundesrepublik auf die Europäische Einigung‘, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 38, 751–759; Patrick Weil (1991), La France et ses étrangers. L’aventure d’une politique de l’immigration, 1938–1991, Paris; Dominique Schnapper (1991), L’Europe des immigrés, Paris; Dominique Schnapper (1991), La France de l’in-tégration. Sociologie de la nation en 1990, Paris; Andreas Wimmer (1996), ‚Der Appell an die Nation. Kritische Bemerkungen zu vier Erklärungen von Xenophobie und Rassismus‘, in: Das Fremde in der Gesellschaft. Migration, Ethnizität und Staat, ed. by Andreas Wimmer et al., Zurich, 173–198; Rogers Brubaker (1992), Immigration and the Politics of Citizenship in Europe and North-America, Lanham MD.

19 Siehe Walzer, On Toleration, xii und Seite 6–7: „[Toleration] makes difference possible; difference makes toleration necessary“.

20 Siehe Forst, Toleranz im Konflikt, Frankfurt/M.: „Die Grenzen der Toleranz sind somit dort erreicht, wo anderen ihr fundamentales Recht auf Rechtfertigung abgesprochen […] wird.“ (S. 596)

21 Siehe dazu u.a. Aaron James (2005), ‚Constructing Justice for Existing Practice: Rawls and the Status Quo‘. Philosophy and Public Affairs 33 (3), 281–316.

22 John Rawls, ‚Erwiderung auf Habermas‘, übersetzt von Wilfried Hinsch, in: Politische Gesellschaft Bad Homburg und Wilfried Hinsch (Hg.) (1997), Zur Idee des politischen Liberalismus. John Rawls in der Diskussion, Frankfurt/M.: Suhrkamp, S. 196–262.

23 Man lese hierzu eines seiner Hauptprinzipien zur Begründung von Gerechtigkeit: ‚Public political discussions, when constitutional essentials and matters of basic justice are at stake, are always (or nearly always) reasonably decidable on the basis of the reasons specified by the most reasonable political conception of justice, or by a reasonable family of such conceptions‘ (S. 147). Zitat nach: Rawls, John (1995), ‚Political Liberalism‘, The Journal of Philosophy 93 (2), 132–180.

24 „[Liberalismus] kann unabhängig von jeder besonderen religiösen, philosophischen oder moralischen Lehre formuliert werden“ (S. 199); „(Liberalism) can be formulated independently from any particular comprehensive doctrine, religious, philosophical, or moral“ (S. 134). Englisches Zitat nach: Rawls, John (1995), ‚Political Liberalism‘.

25 Siehe hierzu Formulierungen auf den Seiten 197, 203–205, etc.

26 Indem jene Kritikpunkte (1) und (2) auch auf Forst und Walzer zutreffen, werden sie hier mit ausdrücklich liberalen Theoretikern anhand und entlang dieser Kritik zusammengefasst (siehe Fußnote 1). Zum vollen Verständnis des hiesigen Arguments von Rawls als ideologischem Denker verweise ich auf das Englische Original (siehe ‘Political Liberalism‘; S. 147).

27 Im Sinne Georg Simmels bedeutet dies, dass das ‚andere‘ nur als „Träger sachlicher Inhalte“ fungieren und die Vorstellung von Andersartigkeit nicht auf vordefinierten Identitäten oder Identifikationen basieren soll (siehe Simmel [1908], ‚Exkurs über den Fremden‘, Soziologie: Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung, Berlin: Duncker & Humblot, 509–512; mehr dazu im folgenden Teil; siehe auch Behr, Politics of Difference, Kapitel II.3.

28 Siehe ‚Toleration‘, Stanford Encyclopaedia of Philosophy: „[Toleration] refers to the conditional acceptance of or non-interference with beliefs, actions or practices that one considers to be wrong but still ‚tolerable‘, such that they should not be prohibited or constrained.“ Siehe auch Preston Kings ‚Ablehnungs-Komponente‘ der Toleranz in King, Toleration.

29 Für diese Kritik, siehe auch Ingrid Creppell (2008), ‚Toleration, Politics, and the Role of Mutuality‘, in: Williams/Waldron, Toleration and its Limits, 315–359. Creppel spricht im Kontext liberaler Konzeptualisierung der Tolerierung von ‚asymmetrischer Macht‘ („asymmetrical power“, S. 317); siehe auch Wendy Brown (2008), ‚Tolerance as/in Civilizational Discourse‘, in: Williams/Waldron, Toleration and ist Limits, 406–441. Brown beschreibt die liberalen Debatten über Tolerierung/Toleranz als zivilisatorischen Diskurs: „[It] works metonymically to imply the others […] while the object of this highmindedness is inevitably figured as something more lowly“ (S. 407–408). Schließlich verwendet sie in ihrer weiteren Argumentation den Begriff des ‚liberalen Imperialismus‘ und argumentiert, Toleranz in liberaler Ausführung sei eine Ausübung der Hegemonie („tolerance in its liberal mode is an exercise of hegemony“, S. 430–431).

30 Siehe Fußnote 27; siehe auch Alfred Schütz über die Konstitution des Sinns, in Schütz (1972), The Phenomenology of the Social World, übersetzt von G. Walsh und F. Lehnert, mit einer Einführung von George Walsh, London.

31 Martin Heidegger erwähnt dies ausdrücklich; siehe Heidegger (2006), ‚Identität und Differenz‘, Gesamtausgabe, I. Abteilung: Veröffentlichte Schriften, Band 11, Frankfurt/M.: Vittorio Klostermann; Heidegger (1923–1944), ‚Prolegomena zur Geschichte des Zeitbegriffs‘, Gesamtausgabe, II. Abteilung: Vorlesungen 1923–1944, Bd. 20, Franfurt/M.: Vittorio Klostermann; Heidegger (1919–1944), ‚Platon: Sophistes‘, Gesamtausgabe, II. Abteilung: Vorlesungen 1914–1944, Band 19, Frankfurt/M.: Vittorio Klostermann.

32 In diesem Zusammenhang, siehe Alfred Schütz’ Unterscheidung zwischen sozialen Konstruktionen ersten Grades und zweiten Grades; so spricht er beispielsweise in seinem Kapitel ‚Über die Mannigfaltigen Wirklichkeiten‘ von einer „wichtigen Unterscheidung […] zwischen der Welt des Phantasierens und der Welt der phantasierten Vorstellung“ (1971, ‚Über die Mannigfaltigen Wirklichkeiten‘, in Gesammelte Aufsätze I: Das Problem der sozialen Wirklichkeit, 237–262, Den Haag, S. 289); siehe auch Charles Taylor (1985), ‚Common Sense and the Scientific Interpretation of Human Action‘, in: Philosophy and the Human Sciences, Cambridge/New York.

33 ‚Dasein‘ wird hier im Kontrast zu ‚Sein‘ verwendet. Diese Unterscheidung geht auf Heidegger zurück. ‚Sein‘ steht für das essentialistische und die Zeiten überdauernde Verständnis als ontisch aufgefasster Dinge; ‚Dasein‘ steht dagegen für das Verständnis von Dingen, die nicht als ontisch, sondern als ontologisch und somit in einem verzeitlichten und de-essentialistischen Sinne aufgefasst werden.

34 Friedrich Nietzsche (1999), Jenseits von Gut und Böse. Zur Genealogie von Moral. Kritische Studienausgabe, Giorgio Colli und Mazzino Montinari (Hg.), München: Deutscher Taschenbuch Verlag.

35 Die Auffassung, dass die Genealogie der Historizität und der Idee einer linearen Geschichte gegenübergestellt werden müsse, geht offensichtlich auf Nietzsche zurück und findet sich auch vielfach in Michel Foucaults Schriften wieder; für eine exzellente Erläuterung, siehe Rudi Visker (1991), Michel Foucault: Genealogie als Kritik, München.

36 Lévinas schreibt: „[This] is not time conceived of as a succession of moments […]. It is an e x i s t e n t i a l time, whose production – temporalization […] [‚Zeitigung‘ in Heidegger] – does not have […] the unilinear unfolding of moments […] as scientific time‘; siehe Lévinas (1996), ‚Martin Heidegger and Ontology‘, Diacritics 26 (1), 29.

37 Dies kann an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden. Siehe Lévinas (1979 [1961]), Totality and Infinity, The Hague/Boston; und Lévinas (1998), Otherwise Than Being, or Beyond Essence, Pittsburg, PA.

38 Zur Hybridität liberaler und kritischer Handlungsräume, vor allem in institutioneller Hinsicht, siehe u.a. MacGinty, Roger (2010), ‚Hybrid Peace: The interaction between top down and bottom up peace‘, Security Dialogue 41(4), 391–412; ders. (2011), International Peacebuilding and Local Resistance. Hybrid Forms of Peace, Basingstoke/New York: Palgrave.

39 An dieser Stelle ist Derridas Begriff der Aporia von Relevanz; siehe Derrida (1993), Aporias, Stanford.

40 Derrida (1992), The Other Heading. Reflection on Today’s Europe, übersetzt von Pascale-Anne Brault und Michael B. Naas, mit einer Einleitung von Michael B. Naas, Bloomington, IN; Derrida (2000), Of Hospitality, Anne Dufourmantelle befragt Jacques Derrida, übersetzt von Rachel Bowlby, Stanford; Derrida (2001), ‚On Forgiveness‘, in: On Cosmopolitanism and Forgiveness, Mark Dooley und Michael Hughes (Hg.), 27–60.

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