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Annäherungen
ОглавлениеDie zentralen Stationen dieser politischen Biografie lassen sich – bei allem Dissens in Details – weitgehend verlässlich rekonstruieren. Selbstdarstellung und -verständnis des Demetrios sind hingegen deutlich schwieriger zu fassen. Sieht man von den Porträts und Münzprägungen ab (Abb. 1 und 2), steht jegliche Annäherung an Demetrios unter dem Vorbehalt, dass die literarische Perspektive auf seine Person bereits in der Antike in vielfältiger Weise gebrochen wurde. So überlagern sich in der diesbezüglich äußerst aufschlussreichen Demetriosvita des Plutarch unterschiedliche Darstellungsebenen, die sich nur schwer voneinander trennen lassen. Ist etwa die Stilisierung des Demetrios als tragische Bühnenfigur, die die Vita leitmotivisch durchzieht, Ausfluss einer biografischen Konzeption Plutarchs? Fand er sie bereits in der Geschichtsschreibung des Frühhellenismus vor, die entsprechend stilisierte Bilder der historischen Akteure zeichnete? Oder geht sie letzten Endes in entscheidendem Maße bereits auf Demetrios selbst zurück? Ähnliche Fragen stellen sich auch für zahlreiche Anekdoten, die in der antiken Überlieferung über Demetrios und sein Hofleben kursierten. Bereits früh boten vor allem seine Beziehungen zu Hetären Stoff für Komödien und verwandte Schriften, die später exzerpiert und mehrfach neu kontextualisiert wurden.
Abb. 1 a.b Tetradrachme, ca. 301/295 v. Chr. Auf der Vorderseite eine geflügelte Nike auf dem Bug eines Schiffes; auf der Rückseite Poseidon, der einen Dreizack in seiner Rechten schwingt. Beide Motive nehmen Bezug auf Demetrios’ Seesieg bei Salamis und die Thalassokratie, die er auch nach der Schlacht von Ipsos behauptete. Die Münzprägungen für Demetrios greifen dieses Thema sehr häufig in unterschiedlichen Variationen auf.
Daraus Anhaltspunkte für die ursprünglichen Sinngehalte einzelner Episoden und Äußerungen zu gewinnen, ist außerordentlich schwierig. Die Überlieferung konzentriert sich zudem in starkem Maße auf das Verhältnis des Demetrios zu Athen. Das ist sicher kein Zufall: In der ›Schule von Hellas‹ existierte eine differenzierte rhetorische, dramatische und literarische Öffentlichkeit, in der sich Wahrnehmungen und Diskurse über Demetrios und sein Auftreten formierten und tradierten. Der damit einhergehenden Verengung (und Verzerrungen) des Demetriosbildes muss man sich immer bewusst sein. Doch hat die Beziehung des Demetrios zu Athen gleichzeitig auch eine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung, da sich in ihr wesentliche Elemente von Demetrios’ Selbstverständnis und den Auswirkungen seines Königtums (basileía) auf die politische Kultur des frühhellenistischen Stadtstaates (pólis) widerspiegeln.