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Basileía und pólis

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Es ist unverkennbar, dass Demetrios der Kommunikation und Interaktion mit der griechischen Poliswelt große Bedeutung zumaß und dass Athen dabei eine wichtige Rolle spielte. Diese bereits von seinem Vaters Antigonos initiierte Politik offenbart – jenseits aller Pragmatik – zugleich ein tieferes Selbstverständnis von Demetrios’ basileía. Seit Antigonos und Demetrios nach der Schlacht von Salamis 306 v. Chr. den Königstitel angenommen hatten, gründete Demetrios, wie auch die übrigen Diadochen, seine Herrschaftsansprüche nicht darauf, ein bestimmtes Gebiet zu kontrollieren, sondern auf der Anerkennung seiner Macht in der gesamten Oikumene. Der griechischen Poliswelt kam eine zentrale Bedeutung als ideologische Projektionsfläche dieses prinzipiell nicht begrenzbaren Geltungsanspruchs zu.

Wie reagierten ihrerseits die póleis darauf? Das Beispiel Athens macht exemplarisch deutlich, mit welcher Bereitschaft zumindest Teile der pólis sich auf dieses Selbstverständnis einließen, indem die Athener – als Erste unter allen Menschen, wie Plutarch hervorhebt – Antigonos und Demetrios zu Königen ausriefen. Vor allem aber waren es kultische Ehren, die Demetrios in Athen seit 307 in großer Zahl und Variation zuteil wurden. Diese das Maß des Menschlichen übersteigenden städtischen Ehrungen erfüllten dabei nicht allein den Zweck, Demetrios angemessenen Dank für seine herausragenden Leistungen abzustatten. Göttlichkeit fungierte vielmehr als ein kulturelles Modell, das es den Athenern ermöglichte, einen universale Handlungsmächtigkeit beanspruchenden Herrscher auf ihre Stadt zu beziehen und gleichzeitig eine gewisse Distanz zu ihm zu markieren: Als Gott verblieb Demetrios außerhalb der Stadt und ihrer politischen Ordnung.

Auch auf dieser ideellen Grundlage blieb das Verhältnis des Demetrios zu Athen jedoch fragil. Als Demetrios zwischen 304 und 302 v. Chr. für längere Zeit im Parthenon auf der Akropolis Quartier bezog, provozierte dies scharfe Kritik und Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern des Demetrios in der Stadt. Die Polemik der Letzteren richtete sich einerseits gegen den Hof, der als Ansammlung von Hetären und Schmeichlern gebrandmarkt wurde. Andererseits wurden mit dem Vorwurf, Demetrios habe sich an Bürgerfrauen und Knaben vergangen, auch klassische Elemente traditioneller Tyrannentopik aktiviert. Der Aufenthalt des Demetrios in Athen offenbarte damit eine tiefsitzende Distanz zur Monarchie, die sich durch das kulturelle Modell, mit dem Herrscher als Gott zu kommunizieren, nicht überwinden ließ.

Als Demetrios im Frühjahr 295 v. Chr. nach der erneuten ›Befreiung‹ Athens von der Tyrannis des Lachares in Athen einzog, trug er diesen Erfahrungen Rechnung, indem er seine Ankunft gezielt mit der Feier der Dionysien synchronisierte und sich der Bürgerschaft wie ein Schauspieler im Theater präsentierte – dem Ort also, an den während der Dionysien traditionell das Götterbild des Dionysos in einem Empfangsritual verbracht wurde. Für die Folgezeit fasste man den Beschluss, man solle Demetrios bei seinen Besuchen wie Dionysos und Demeter willkommen heißen (Abb. 2 und der Hymnos im Infokasten). Durch diese gezielte Angleichung an zwei Gottheiten, die im Mythos als Fremde nach Athen gekommen waren, erschien Demetrios seinerseits als ein fremder Gott, der prinzipiell außerhalb der Stadt verblieb und sie nur periodisch aufsuchte. Göttlichkeit als Grundlage der Kommunikation des Herrschers mit der pólis blieb freilich auch unter diesen modifizierten Bedingungen zweischneidig: Athenische Abordnungen an Demetrios als Festgesandtschaften zu deklarieren, wie sie Göttern zuteil wurden, ließ sich als Zeichen von Servilität deuten und markierte die Grenzen dieses Modells, sobald man mit dem Herrscher in Person als Gott kommunizierte.


Abb. 2 Marmorbüste des Demetrios, römische Kopie einer Bronzebüste, die ca. 290 v. Chr. gefertigt wurde (Neapel, Museo Archeologico Nazionale, Inv.-Nr. 6149). Dargestellt wird Demetrios mit hier nur dezent angedeuteten Hörnern, die seit den 290er Jahren auch auf den Porträts seiner Münzprägung erscheinen. Die Hörner werden allgemein als ein Attribut angesehen, das Göttlichkeit signalisieren soll. Ihre ikonografische Deutung ist jedoch umstritten – nehmen sie Bezug auf Poseidon oder auf Dionysos? Eine intendierte Angleichung an Dionysos erscheint insgesamt plausibler, da sie für Demetrios’ Selbstverständnis spätestens seit der Mitte der 290er Jahre eine zentrale Rolle spielte.

»Die größten Götter und auch die beliebtesten

sind in unserer Mitte.

Denn Demeter sowie Demetrios zugleich

Führte her die Stunde.

Sohn Poseidons, des mächtigsten der Götter, und

Aphrodites, dir zum Gruße!

Denn die anderen Götter sind, mag sein, sehr weit entfernt

oder haben keine Ohren,

mag sein, sie gibt’s nicht, oder sie missachten uns.

Du bist uns vor Augen,

nicht Holz, nicht Stein, nein in wahrhaftiger Gestalt,

dir gilt unser Beten. …«

Auszug aus einem dionysischen Hymnos, den die Athener bei einem Athenbesuch des Demetrios 291/290 v. Chr. sangen (Athenaios, Das Gelehrtenmahl, eingeleitet und übersetzt von C. Friedrich, kommentiert von T. Nothers (1998), hier VI 253f.)

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