Читать книгу Pluralistische Identität - Группа авторов - Страница 21

2. Der edle Traum der Demokratie

Оглавление

Unsere Demokratien sind durch einen Blick auf die Welt geleitet, der sich von Griechenland bzw. wiederum von Platon herleitet. In dem platonischen Dialog Protagoras skizziert der gleichnamige Sophist, der dem Werk seinen Namen gab, wie bei den Athenern eine Volksversammlung abläuft. Immer dann, wenn es um technische Fragen geht – beispielsweise um den Schiffsbau – dann würden die Athener niemandem Gehör schenken, der nicht über eine entsprechende Kompetenz verfügt. Wenn hingegen darüber debattiert wird, ob die Flotte auslaufen soll, um gegen irgendjemanden Krieg zu führen, verlieren die Experten ihre privilegierte Position. Ihnen wird dann nicht aufmerksamer zugehört als irgendwelchen anderen Leuten. Dann komme es nicht mehr darauf an, ob die Sprecher durch irgendwelche besonderen Eigenschaften ausgezeichnet seien. Technisches Wissen, aber auch Geburt und Herkunft, Adel, Alter usw. spielten dann keine Rolle mehr. Allein von Bedeutung seien Gewicht und Wert der Argumente.10

Selbstverständlich entsprach diese ideale Situation niemals vollständig der Wirklichkeit. Insbesondere schloss die griechische Demokratie alle Frauen und auch die Beisassen (metoikoi) von ihren Versammlungen aus. Überdies war sie eine Sklavenhaltergesellschaft. Die echte Demokratie rührt von der christlichen Menschenauffassung, daher vom Evangelium her.11 Desungeachtet liefert die griechische Demokratie manchen zeitgenössischen Politiktheoretikern wie etwa Jürgen Habermas ein Modell für das Ideal einer vollwertigen demokratischen Gesellschaft. Demnach soll der demokratische Raum frei sein von jeder ihm vorausgehenden Hierarchie. Jedem haben Aufmerksamkeit und Gefolgschaft allein auf der Grundlage jener Argumente zu gelten, die er oder sie in den Diskurs einbringt. Jeder legitime Vorrang kann nur das Ergebnis einer freien Diskussion sein, nicht aber deren Ausgangspunkt.

Wie auch immer – um solche glücklichen gesellschaftlichen Verhältnisse herbeizuführen ist es besser, über eine breite Palette möglicher Meinungen zu verfügen – und besser noch: über eine Vielzahl von Menschen, die diesen Meinungen aufgeschlossen gegenüberstehen. Demokratie duldet, ja fördert Verschiedenheit; denn sie profitiert davon.

Pluralistische Identität

Подняться наверх