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3.3 Medien als Übersetzungen

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Der dritte Ansatz identifiziert die Praxis der Mediation mit den Prozessen einer Übertragung. Die Identifikation hat zwei Facetten: der schwierige und schillernde Begriff der Übersetzung als Grundfrage kulturellen Austauschs, sowie der Transfer als technischer Ablauf und Transmission. Übersetzung als Vermittlung zwischen Fremden und Eigenem birgt allerdings die Gefahr, an die Illusionen einer lückenlosen Translation geknüpft zu werden (Reichert 2002), welche in gewisser Hinsicht homolog zu den Chimären gelingender, in der reinen Gegenwart aufgehenden Repräsentation gelesen werden müssen. Beides bekundet seine Herkunft aus den Prämissen klassischer Metaphysik. Wenn jedoch die Übersetzung, griechisch gesprochen, als meta-phora, als ‚Hinübertragung‘ von einem zu einem anderen Ort, sogar im Besonderen als Überfahrt der Lebendigen zu den Toten, aufgefasst wird, bedeutet sie als letzte Fahrt eine Reise ‚ohne Rückkehr‘, die die unüberwindliche Asymmetrie jedes Übersetzungsprozesses kennzeichnet. Die Übersetzung kennt dann keine Ankunft oder Identität; vielmehr vollzieht sie eine metabasis eis allo genos, einen Wechsel in ein anderes Terrain, sodass wir es mit einem genuinen Transformationsprozess zu tun bekommen. Das Medium, verstanden als Übersetzung, ermöglicht diese Transformation, wie sie sie gleichzeitig zäsuriert (Tholen 2002). Daraus folgt zugleich die Produktivität jeder Übersetzungsarbeit, wie sie Walter Benjamin (1916 u. 1921) in seinen beiden sprachphilosophischen Essays, dem frühen Text Über Sprache überhaupt und über die Sprache des Menschen und der Abhandlung Die Aufgabe des Übersetzers, herausgestellt hat. Vor allem mit letzterem Text gibt er im wörtlichen Sinne jede Vorstellung einer identischen Übersetzung auf, insofern ihre Leistung allein darin bestehen kann, die Differenz zwischen den Sprachen wie gleichermaßen ihre „überhistorische Verwandtschaft“ zu bezeugen, deren Kriterium, wie es Benjamin (1921: 13) ausgedrückt hat, „die reine Sprache“ Gottes sei. Zugrunde liegt ein messianischer Sprachbegriff, wie er ebenfalls für Herder und die frühromantische Sprachphilosophie charakteristisch war (Menninghaus 1995, Hallacker 2004: 47ff.), die den Abstand zu den Sprachen der Menschen markiert, welche, wie es in der Vorrede zum Ursprung des deutschen Trauerspiels heißt, an einer chronischen Verfehlung litten (Benjamin 1928: 214ff.). Alle Erkenntnis ist folglich Mediation und alle Mediation Übersetzung, die ihre Erfüllung verweigert und die den Grund „aller Traurigkeit und (vom Ding aus betrachtet) allen Verstummens“ der Natur ausmacht (Benjamin 1916: 155).

Vielleicht liegt darin der tiefere Grund vom Traum einer Automatisierung der Übersetzung als technischer Codierung und Decodierung, die mit den Mitteln der algorithmischen Logik jede Kluft auf instantane Weise zu überspringen sucht, um gleichsam die gesamte Menschheit am Projekt einer barrierefreien Verständigung teilhaben zu lassen. In der Tat scheint der Begriff der Mediation als Translation auf ein Projekt zuzulaufen, das dann einzig im Immateriellen realisierbar wäre, wie es im gleichen Augenblick die Frage der Übersetzung und folglich auch des Mediums überflüssig macht.

Handbuch der Medienphilosophie

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