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2. Paradigmen
ОглавлениеUnd nun also die Medienphilosophie. Die Irritation, die durch die Formierung dieser jüngsten akademischen Subdisziplin ausgelöst wurde, ist im Schwinden begriffen. Eine Irritation anderer Art bleibt gleichwohl bestehen, doch die könnte sich als produktiv erweisen: Der Name „Medienphilosophie“ wird uneinheitlich verwendet. Auch wenn man nicht gleich von einer Äquivokation sprechen muss, so steht er doch für mindestens zwei verschiedene Ansätze. Der eine (wenn man so will: niedrigschwellige) steht für eine Arbeitshaltung, die sich mit philosophischer Methodik einem neu erschlossenen bzw. genuin neuen Phänomenbereich zuwendet, um ihn, je nach methodologischem Paradigma, zu erklären, zu verstehen, zu beschreiben oder zu bewerten.2 Der andere (wenn man so will: anspruchsvollere) Ansatz besteht darin, dass über und durch die Wahl jenes Phänomenbereichs ein neues philosophisches Paradigma begründet werden soll. „Medienphilosophie“ ist dann eben „Philosophie der Medien“ oder „mediale Philosophie“ – und nicht lediglich ein Philosophieren über einen Gegenstand namens „Medien“. Für die Berechtigung dieses Anspruchs lässt sich der evidente, nur scheinbar triviale Gedanke ins Feld führen, dass ein Philosophieren über den Gegenstand „Medien“ durch seinen Gegenstand nicht gänzlich unberührt bleiben kann, weil dessen Reflexion ja nicht anders vonstattengehen kann als je vermittelt durch irgendein Medium oder mehrere Medien.3 Ob es überzeugen kann, wenn bei der Rede von einer „Philosophie der Medien“ der genitivus subjectivus so stark belastet wird, dass Medienphilosophie als ein genuines Philosophieren der Medien selbst aufzufassen ist, wie zuweilen vorgeschlagen wurde, können wir getrost dahingestellt sein lassen.
Von der anregenden Mehrdeutigkeit des Namens „Medienphilosophie“ abgesehen (bzw. diese übergreifend) kann das allgemeinste Leistungsangebot, das sich von Konzepten der Medienphilosophie einfordern lässt, in Abgrenzung von verwandten, aber epistemisch wie methodologisch differenten Forschungsrichtungen folgendermaßen beschrieben werden: Während die Medienwissenschaft an Empirie und empirischen Forschungsmethoden orientiert ist und Medientheorien sich an Bezugswissenschaften wie Literatur- und Kulturwissenschaft, Soziologie, Philosophie und Psychologie sowie deren Paradigmen abarbeiten, ist Medienphilosophie die begrifflich-kategoriale Klärung der Grundlagen dessen, was unter einem „Medium“ zu verstehen ist. Diesem Angebot entspricht eine nicht geringe Nachfrage – und, wo diese ausbleibt, häufig ein objektiver Bedarf (nicht nur in der Alltagssprache, sondern auch in den Medienwissenschaften).
Um zu zeigen, dass eine Medienphilosophie gebraucht wird, sollte man also zeigen können, dass sie etwas leisten kann, das die Medienwissenschaften nicht können oder wollen.