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3. Historischer Hintergrund

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Schon die motivgeschichtliche Einordnung macht es unwahrscheinlich, dass die prophetische Heilsschilderung Jes 2,2–4 vom Propheten Jesaja aus dem 8. Jh. v. Chr. stammt, wie dies etwa noch von Hans Wildberger33 vertreten wurde. Sie setzt nicht nur die Kritik Jesajas an der Rüstungs- und Bündnispolitik der Könige Ahas und Hiskia voraus (Jes 7,1–9; 30,1–5.15–20; 31,1–3), sondern auch die Reflexionen der Deuterojesajagruppe über die neue Rolle, die JHWH seinem Volk durch dessen Exilierung bei seiner Weltregierung zugedacht habe. So kommt sie etwa zu dem Schluss, dass Israel als JHWHs Knecht, nun, da es über keine politische Macht mehr verfügt, das Recht zu den Völkern hinausbringen solle, und zwar nicht das Recht des Stärkeren, sondern ein solches, das den Schwachen aufhilft (Jes 42,1–4). Wenn es dabei heißt, dass ‚auf seine Weisung die Inseln harren‘, dann klingt dies schon an die attraktive Weisung von Jes 2,4 an. Desgleichen sieht sich die Prophetengruppe als Vorreiter Israels von Gott beauftragt, ‚Licht für die Völker zu sein, damit meine Rettung bis an die Enden der Erde gelange‘ (49,6). JHWHs heilvolles Handeln, so erkennen diese exilischen Propheten, lässt sich nicht mehr auf sein Volk Israel beschränken, sondern zielt auf die ganze Welt; und Israel kommt innerhalb dieser universalen Weltregierung erstmals eine eminent positive orientierende Funktion für die Völkerwelt zu deren eigenem Wohl zu. Auch in seiner eigenen Weltregierung will Gott, so erkennt die Prophetengruppe, dem hilfreichen Recht anstelle der bloßen Gewalt eine zentrale Rolle einräumen:

Jes 51,4 Habt acht auf mich, mein Volk, und hört auf mich, meine Nation! Denn Weisung geht von mir aus und mein Recht als Licht für die Völker.
5 ‘Im Nu lasse ich nahen’34 mein Heil, und meine Hilfe zieht aus, und meine Arme werden den Völkern Recht schaffen. Auf mich harren die Inseln, auf meinen Arm warten sie.

Abgesehen von der fehlenden Bindung an den Zion, kommt dieser Deuterojesaja-Text dem in Jes 2 avisierten schiedsrichterlichen Wirken Gottes für die Völkerwelt recht nah. Doch gegen Ende der zweiten Edition des Buches wird dann auch der Zion in die heilvolle Mittlerrolle Israels für die Völker eingebunden:

Jes 55,5 Siehe ein Volk, das du nicht kennst, wirst du rufen, und Völker, die dich nicht kannten, werden zu dir laufen, um JHWH, deines Gottes willen, des Heiligen Israels, denn er hat dich (e.g. Zion)35 verherrlicht.

Alle diese Elemente werden in der Heilsschilderung Jes 2,2–4 vorausgesetzt. Damit bildet das Deuterojesajabuch in seinen beiden Editionen einen klaren terminus a quo. Die erste Edition lässt sich gut in die Anfangszeit des Perserkönigs Darius datieren, kurz bevor die erste große Rückwanderung der Exilierten einsetzte (521 v. Chr.).36 Möglicherweise ist die Betonung des Rechts als Basis der Politik gegenüber den Völkern des Perserreichs dabei schon eine Replik auf die Propaganda des Darius bei der Niederschlagung der Aufstände, die seine Usurpation 522 hervorrief.37 Die zweite Edition lässt sich weniger klar datieren, gehört aber wohl ans Ende des 6. oder den Anfang des 5. Jhs.38

Terminus ad quem bildet die ironische Aufnahme von Jes 2,4b in Joel 4,10:

Joel 4,9 Ruft dies aus unter den Völkern: Heiligt (euch für) den Krieg! Setzt die Helden in Bewegung! Herkommen, heraufkommen sollen alle Kriegsleute!
10 Schmiedet eure Pflugscharen zu Schwertern und eure Winzermesser zu Lanzen! Der Schwächling sage: Ich bin ein Held!

Hier werden die Völker aufgerufen, sich zum großen Völkergericht JHWHs zu rüsten und dabei wird ihnen – in ironischer Verkehrung von Jes 2,4 – geraten, auch noch ihre Ackergeräte in Waffen umzuschmieden. Dabei ist von vornherein klar, dass sie gar keine Chance zu ihrer Verteidigung haben. Wöhrle39 datiert die Redaktion des Zwölfprophetenbuches, dem Joel 4,1–3.9–17 angehört („Fremdvölkerschicht I“), mit guten Gründen gegen Ende des 5. Jhs.40 Weil sich in der zweiten Hälfte des 5. Jhs. aufgrund der Abgrenzungspolitik Nehemias die offene Einstellung gegenüber den Völkern völlig verkehrte, gehört Jes 2,2–4 eher in dessen erste Hälfte. So könnte Ulrich Berges41 mit seiner These recht haben, dass die prophetische Friedensschau aus den Anfangsjahren der Regierung des Perserkönigs Xerxes stammt (486–465 v. Chr.). Bevor Xerxes 480 zu seiner großen Strafexpedition gegen Griechenland aufbrach, hatte er noch Aufstände in Ägypten und Babylonien niederzuwerfen. Berges hebt darauf ab, dass nur noch in Jer 51,44 der eigentümliche Sprachgebrauch begegnet, dass ‚Völker strömen‘ ( vgl. Jes 2,2); dort wird allerdings angekündigt, dass mit der Eroberung Babylons keine Völker mehr in diese Metropole und zu seinem Gott Bel strömen werden. So könnte es gut sein, dass die Eroberung Babylons durch Xerxes im Jahr 482 v. Chr., der Stadt, die seit der Zerstörung Jerusalems durch die Neubabylonier als die Konkurrentin zu Jerusalem angesehen wurde (Jes 47; Jer 50f.), den Anlass zu der Hoffnung geliefert hat, dass nun Jerusalem, das zu dieser Zeit bis auf den Tempelbezirk noch in Schutt und Asche lag, zu einem anerkannten Weltmittelpunkt erhöht werden werde (Jes 2,2). Aber diese erhoffte Erhöhung Jerusalems war nun nicht mehr mit Weltherrschaftsträumen verbunden, sondern mit der Vorstellung, dass in den Kriegswirren, die seit dem Ende der Regierungszeit des Darius im Perserreich und in der Konfrontation mit den griechische Staaten aufgeflammt waren, der Welt ein Zentrum für eine Friedensvermittlung zur Verfügung gestellt werde, das der Völkerwelt helfen könnte, die nicht enden wollenden Kriege zu überwinden.

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