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5.2 Absehen von allen eigenen politischen Interessen

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Es ist ein oft übersehener Befund, das Israel in dem Szenario der Frieden stiftenden Konfliktschlichtung zwischen den Völkern selber gar nicht vorkommt. Es begegnet nur indirekt in der Bezeichnung „Gott Jakobs“ (Jes 2,3) und ist implizit darin vorausgesetzt, dass Jerusalem seine Hauptstadt darstellt. Es liefert damit sozusagen den Völkern den Gott und den Ort der Friedensmediation, hat aber selber von der Konfliktschlichtung zwischen den Völkern keinen eigenen Vorteil mehr. Hierin unterschied sich Jes 2,2–4 ja gerade von allen anderen Texten, die eine Völkerwallfahrt zum Zion ausmalen, in denen Israel zumindest wirtschaftlich und in seiner religiösen Ehrenstellung vom Kommen der Völker profitiert (Jes 60; Hag 2,7f.; Sach 14,16–19). Die Konfliktschlichtung in Jes 2 ist noch nicht einmal mit Bekehrung der Völker zum Gott Israels verbunden. D.h. aber: Die Mediatoren, die auf dem Zion im Namen JHWHs die Konflikte zwischen den Völkern schlichten sollen, haben gelernt, dass sie bei ihrer Arbeit keinerlei Rücksicht auf die Interessenlage ihres Volkes nehmen dürfen. Die Glaubwürdigkeit und Wirkungskraft ihres religiös fundierten friedensstiftenden Handelns zwischen den Völkern beruht darauf, dass es ihnen gelingt, sich völlig von den Interessen ihres Volkes zu distanzieren. Oder theologisch gesprochen: Nur weil sich JHWH in der leidvollen Geschichte Israels von der machtpolitischen Vereinnahmung durch sein eigenes Volk distanziert hat, kann er nun zu einem Frieden stiftenden Gott für die Völker werden, dessen Weisung von allen als gerechter Interessenausgleich anerkannt wird. Die totale Unabhängigkeit der in der internationalen Konfliktschlichtung tätigen Mediatoren von allen etablierten Herrschaftssystemen scheint mir ein ganz wesentliches Merkmal der religiös fundierten Friedensvermittlung zu sein.

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