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9. Brief des Kaisers Constantinus an den Papst Silvester (Die sog. Schenkungsurkunde oder goldene Bulle Constantins.)163 Einleitung.164
ОглавлениеÜber Ort und Zeit der Entstehung dieses Documentes wie über seinen Verfasser und dessen Tendenz sind die schiedensten Hypothesen aufgetaucht, zu deren Beurtheilung eine kurze Geschichte des Documentes dienen möge. Die für spätere Zeiten so wichtig gewordene Thatsache, daß der erste christliche Kaiser, anstatt Rom zu seinem Sitze zu wählen, sich eine neue Residenz am Bosporus erbaute, wodurch in der alten Weltstadt der Glanz des Pontificates immer reicher sich entfalten konnte, ungehindert von der kaiserlichen Majestät, hat zu den berühmten Constantin-Sagen, darunter auch unserer Urkunde Anlaß gegeben. Die erste Spur derselben glaubte man165 in einem Briefe des P. Hadrian I. an Carl den Gr. v. J. 777 aufgefunden zu haben; allein Cenni166hat schlagend nachgewiesen, daß P. Hadrian I. diese erdichtete Urkunde gar nicht kannte; auch keiner seiner nächsten Nachfolger, auch nicht Nicolaus 1., der in seinen Briefen an Kaiser Michael III. so sehr die Würde seines Stuhles und die ihm von den christlichen Kaisern erwiesenen Ehren hervorgehoben hat, kannte sie. Zuerst begegnet uns das fragliche Document in einem s. g. Colbertinischen Codex (3368) einer gallischen Canonensammlung, welcher vor Pseudoisidor entstanden und sicher fränkischen Ursprungs ist; aber auch in diese wurde es erst später eingefügt. Dem Frankenreiche gehören auch die drei Autoren an, die zuerst im 9. Jahrh, dieses Stück anführen: Äneas, B. von Paris (um 868), Ado von Vienne († 875) und Hincmar von Rheims († 882). Im ganzen 10. Jahrh. findet sich, wenn wir von Luitprand und von einer nicht unverdächtigen Schenkungsurkunde Otto’s III. v. 999167absehen, keine Spur unserer Urkunde. Erst im 11. Jahrh. führte der aus Lothringen gebürtige Bruno, Bisch. von Toul. als Papst Leo IX. zuerst in seinem Briefe an Michael Cärularius längere Stellen aus unserem Documente an, dessen Echtheit er nicht bezweifelte. Dagegen bedient stch Gregor VII., der so oft sich darauf hätte stützen können, desselben nirgends. Nachdem unsere Urkunde zuerst in fränkische Canonensammlungen, die oben erwähnte, bald darauf in die pseudoisidorische aufgenommen und so allmählig bekannter wurde, nabmen sie auch Anselm von Lucca und der Cardinal Deusdedit in ihre Rechtssammlungen auf. Weit größeres Ansehen aber erhielt dasselbe im 12. Jahrh., seit Gratian’s Schüler es dessen Decrete einverleibten, und wurden bald größere, bald kleinere Theile desselben nach Bedürfniß zur Entscheidung von Streitigkeiten angeführt. Bald wurde das Document auch von den Griechen verwerthet, so zuerst von Theodor Balsamon, der bei der angeblichen Gleichstellung von Alt- und Neurom die Ehre und Macht des byzantinischen Klerus dadurch stützen zu können glaubte, wie das nachher auch Matthäus Blastares that, der eine andere (vielleicht auch kürzere) Recension vor sich hatte. Die Griechen, welche es kennen lernten, ließen es als echt gelten. Ebenso setzten die Wendländischen Häretiker die Echtheit voraus, auch diejenigen, welche die völlige Armuth des Klerus forderten, die Waldenser, die Begharden u. s. w.; sie behaupteten in der Regel Konstantin habe geirrt, als er die Kirche mit irdischem Besitze ausstattete. Auch die späteren Vertreter der weltlichen Gewalt beanstandeten noch lange nicht die Authentie des Actenstückes; sie machten nur verschiedene Einwände gegen die Rechtsgiltigkeit und Verbindlichkeit desselben. Auffallender Weise beriefen sich hingegen die Päpste des Mittelalters selten und da nur oberflächlich auf dasselbe und bringen ganz andere Belege für die Machtäusserungen des apostolischen Stuhles bei. Seit dem 15. Jahrh. wurde in Italien unter den Augen der Päpste die Supposition der Schenkungsurkunde erörtert, besonders seit Laurentius Valla. Trotzdem aber fanden sich noch bis in’s 17. Jahrh. Vertheidiger genug; noch um 1570 zählte der berühmteFranz Burfatus 22 Canonisten und 73 Juristen namentlich auf, die alle in der Annahme der Echtheit einig seien; seit Baronius aber, der in seinen Annalen an verschiedenen Stellen die Fälschung der Urkunde nachwies, nahm ihre Zahl immer mehr ab, und endlich war die Supposition völlig unbestritten.