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(1) Förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung
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Der zentrale Bestandteil der förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligung ist die öffentliche Auslegung des Plans gemäß § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB. Zunächst ist die Auslegung gemäß § 3 Abs. 2 S. 2 BauGB eine Woche vor Auslegungsbeginn[291] ortsüblich bekannt zu machen[292]. Die Form der ortsüblichen Bekanntmachung wird vom BauGB nicht weiter konkretisiert und richtet sich nach dem jeweiligen Landes- und Ortsrecht[293]. Erforderlich ist, dass die Bekanntmachung Ort und Dauer der Auslegung benennt und Angaben darüber macht, welche umweltbezogenen Informationen verfügbar sind[294]. Inhaltlich ist weiterhin zu verlangen, dass von der Bekanntmachung eine Anstoßwirkung ausgehen kann[295]. Dementsprechend muss das Plangebiet so genau bezeichnet werden, dass Betroffene sich hiervon angesprochen fühlen können[296]. Außerdem muss die Bekanntmachung gemäß § 3 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB den Hinweis enthalten, dass Stellungnahmen während der Auslegungsfrist abgegeben werden können[297] und dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bauleitplan unberücksichtigt bleiben können. Der zweite Teil des Hinweises bezieht sich auf die formelle Präklusion nach § 4a Abs. 6 BauGB. Fehlt der entsprechende Hinweis in der Bekanntmachung, tritt die Präklusionswirkung gemäß § 4a Abs. 6 S. 2 BauGB nicht ein. Schließlich wird die Hinweispflicht für das Verfahren bei Flächennutzungsplänen durch § 3 Abs. 3 BauGB erweitert. Dies betrifft die materielle Präklusion von Einwendungen der Umweltvereinigungen gemäß § 7 Abs. 3 UmwRG.
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Der Plan ist für einen Monat auszulegen[298], mindestens jedoch für 30 Tage oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes für einen angemessenen längeren Zeitraum. Zu den auszulegenden Unterlagen gehören gemäß § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB der Entwurf des Bauleitplans und die Begründung. Hinzu kommen die „nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen“[299]. Hierzu gehören neben den Stellungnahmen der Behörden auch solche Privater, insbesondere der Umweltverbände[300]. Die besondere Verpflichtung zur Auslegung der umweltbezogenen Stellungnahmen folgt aus der Plan-UP-Richtlinie. Die Gemeinde ist jedoch nicht gehindert, auch Stellungnahmen zu anderen Themenbereichen mit auszulegen[301]. Allgemein müssen jedoch Verfahrensunterlagen nicht mit ausgelegt werden[302]. Während der Auslegung des Plans können von jedermann Stellungnahmen abgegeben werden[303]. Der Gesetzgeber verzichtet auf eine Beschränkung der Befugnis zur Abgabe von Stellungnahmen auf Betroffene. Damit öffnet der Gesetzgeber das Bauleitplanverfahren der Öffentlichkeit in einem Umfang, der auch von europarechtlichen Vorgaben nicht verlangt wird[304].
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Gesteigerte Bedeutung kommt der Auslegungsfrist aufgrund der Präklusionsregelung des § 4a Abs. 6 BauGB zu. Danach müssen verspätete Stellungnahmen – dies gilt auch für Stellungnahmen, die im Verfahren nach § 4 Abs. 2 BauGB abgegeben werden – bei der Beschlussfassung über den Bauleitplan nicht berücksichtigt werden. Dies ist neben der Einschränkung, dass die Gemeinde die Inhalte der Stellungnahmen nicht kannte und auch nicht kennen musste[305], an die Voraussetzung geknüpft, dass der Inhalt der Stellungnahme für die Rechtmäßigkeit des Bauleitplans nicht von Bedeutung ist. Aufgrund dieser Einschränkung ist die praktische Bedeutung der Präklusionsregelung gering. Soweit die Stellungnahme auf einen in der Abwägung zu beachtenden Belang hinweist, ist dieser für die Rechtmäßigkeit immer von Bedeutung, da die Außerachtlassung einen Abwägungsfehler nach sich zieht. Zwar ergeben sich aus der Rechtsprechung Einschränkungen im Hinblick auf die Beachtlichkeit von Belangen. Insbesondere trifft die planende Behörde keine Ermittlungspflicht, wenn der Belang geringfügig und für sie nicht ohne Weiteres erkennbar war (siehe dazu unten Rn. 152). Aber hier ergibt sich aus der Präklusionsregelung keine weitere Erleichterung[306]. Etwas anderes würde gelten, wenn der Gesetzgeber wie in § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB auf den Einfluss auf das Abwägungsergebnis abgestellt hätte, nicht auf die Rechtmäßigkeit des Bauleitplans[307]. Eine entsprechende Umdeutung verbietet sich jedoch in Anbetracht des klaren Wortlauts. Im Vordergrund der Handhabung der Präklusion muss jedenfalls die Erwägung stehen, dass auch die Beschleunigung des Bauleitplanverfahrens nicht zu einer rechtswidrigen Planung führen darf, wobei hinsichtlich der Beurteilung dieser Rechtswidrigkeit auf die Grundsätze der Beachtlichkeit von Abwägungsfehlern zurückgegriffen werden kann[308]. Bei der Regelung des § 4a Abs. 6 BauGB handelt es sich um eine formelle Verfahrenspräklusion[309]. Diese Regelung bewirkt nicht, dass ein Betroffener mit der Versäumung der Frist des § 3 Abs. 2 S. 2 BauGB sein Recht endgültig verloren hat. Sie führt lediglich zu einem Ausschluss vom weiteren Bauleitplanverfahren. Dies hindert den Betroffenen nicht daran, seine Rechte im Wege des Normenkontrollverfahrens nach § 47 Abs. 1 VwGO zu verfolgen. Dementsprechend entfaltet die Präklusionsregelung des § 4a Abs. 6 BauGB umfassend ausschließende Wirkung nur gegenüber solchen Interessen, die nicht klagebewehrt sind, was allerdings in Folge der Anerkennung eines Rechts auf gerechte Abwägung ebenfalls keine entscheidende Einschränkung bedeutet.
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Die Präklusionsregelung des § 4a Abs. 6 BauGB stellt damit im Wesentlichen ein Instrument zur Straffung des Bauleitplanverfahrens dar[310], das eine Verzögerung durch eine Beschäftigung mit verspäteten Stellungnahmen zu vermeiden sucht. Die planende Behörde wird jedoch nicht davon entbunden, die Stellungnahmen gleichwohl inhaltlich zu berücksichtigen, jedenfalls soweit sie für die Rechtmäßigkeit des Plans und damit für den Rechtsschutz relevant sind. Die weitergehende Präklusionsregel des § 47 Abs. 2a VwGO, die zu einem effektiven Verlust der materiellen Rechtsposition führen konnte, ist zwischenzeitlich wegen Unvereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben gestrichen worden.