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1. Funktionen und Zwecke
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Die Planfeststellung dient der Zulassung raumbeanspruchender Vorhaben, die eine Vielzahl öffentlicher und privater Belange betreffen können und einen hohen Bedarf an planerischer Konfliktbewältigung aufwerfen. Die Komplexität dieser Aufgabe kann kaum genug betont werden[43]. Sie kann nur im Rahmen eines leistungsstarken Verfahrens bewältigt werden. Die Planfeststellung unterliegt dabei – vielleicht noch deutlicher als die Bauleitplanung[44] – zwei gegenläufigen Entwicklungstendenzen. Auf der einen Seite steht die Forderung nach einer Beschleunigung von Verfahren. Diese Entwicklungsrichtung bewirkt in der Tendenz einen Abbau von Verfahrensrechten. Die zweite Entwicklungsrichtung ergibt sich aus den Anforderungen des Europa- und Völkerrechts. Vor allem die UVP-Richtlinie sichert verfahrensrechtliche Mindeststandards europarechtlich ab und führt zum Teil auch zu einer deutlichen Ausweitung, wie die Beteiligungs- und Klagerechte für Umweltschutzvereinigungen zeigen.
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Ebenso wie in der Bauleitplanung[45] und bei anderen komplexen umweltrechtlichen Zulassungsverfahren lassen sich verschiedene Zwecke des Verfahrens identifizieren[46]. Im Mittelpunkt steht nach wie vor der Informationszweck. Im Rahmen des Verfahrens müssen die für die spätere Entscheidung maßgeblichen Belange ermittelt werden. Hier geht es also primär um die Information der Behörde, die die Kenntnis der Belange für eine den Anforderungen des Abwägungsgebots genügende Entscheidung benötigt. In diesem Sinne dient das Anhörungsverfahren auch der Richtigkeitsgewähr. Daneben kommen die durch das Anhörungsverfahren anfallenden Informationen auch den an dem Verfahren zu beteiligenden Behörden und Umweltschutzvereinigungen sowie der Öffentlichkeit zugute. Im Hinblick auf den Informationszweck haben diese Beteiligten also eine Doppelrolle als Informierende und Informierte zugleich. Neben dem Informationszweck kommt dem Verfahren auch die Funktion der Rechtswahrung zu[47]. Gleichzeitig soll gerade die Öffentlichkeitsbeteiligung auch der Steigerung der Akzeptanz gegenüber dem Vorhaben dienen. Die Auseinandersetzung um politisch kontroverse Infrastrukturprojekte zeigt, dass dieser Zweck häufig von vornherein nicht erreichbar sein wird[48]. Allerdings darf dabei nicht übersehen werden, dass der Anwendungsbereich der Planfeststellung auch kleinere Vorhaben erfasst, bei denen eine Einigung eher möglich erscheint. In jedem Fall erfordert die Erreichung dieses Zwecks Transparenz und Publizität durch Eröffnung des Zugangs zu Informationen vor allem für die Öffentlichkeit[49]. In diesem Zusammenhang ist des Weiteren auch die Befriedungsfunktion des Erörterungstermins zu nennen. Und schließlich lässt sich vor dem Hintergrund der geringen Gesetzesbindung komplexer Planungsentscheidungen der Beteiligung der Öffentlichkeit in einem weiteren Sinne auch ein Legitimationszweck zuerkennen[50].