Читать книгу Follower - Gunnar Engel - Страница 16

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Acht Jahre bevor ich in meiner Gebetskammer aus desinfizierten Folienwänden von Gott gerufen wurde, fiel die Tür meiner ersten Studentenbude ins Schloss. Der Umzug war geschafft. Ich war von zu Hause ausgezogen. Das Auto meiner Eltern fuhr weg und ich war allein.

An meinen Schülerfantasien gemessen, hätte sich jetzt eigentlich eine ganze Menge an Gefühlen Bahn brechen müssen, von Freude bis Freiheit. Ich fing aber einfach nur an, zu weinen. Ich wusste in diesem Moment, dass ich noch oft umziehen würde. Wer wollte schon sein Leben lang in einer Studentenbude wohnen? Aber vor allem wusste ich, dass ich nie wieder in das Haus einziehen würde, in dem ich aufgewachsen war. Ich wusste, dass dieser Abschnitt meines Lebens für immer vorbei war. Und auch wenn mir das eigentlich vorher schon klar gewesen war, spürte ich es in diesem Moment mit ganzer Härte. Selbst wenn ich ein Dach über dem Kopf hatte, war ich auf eine gewisse Weise heimatlos geworden. Damit war ich in einem Grundzustand des Christseins angekommen.

Es gibt eine Heimatlosigkeit, die durch und durch christlich ist. Denn Christen sind nicht mehr von dieser Welt, auch wenn sie in der Welt bleiben (Johannes 17,14-15). Die meisten von uns verstehen das abstrakt. Wir wissen, dass Jesus uns aus dieser Welt auserwählt hat (Johannes 15,19) und dass wir aufgefordert sind, hier auf der Erde nur als »Gäste und Fremde« zu leben (Hebräer 11,13).

Trotzdem ist es schwierig, sich an die konkrete Erfahrung zu gewöhnen, dass es nie so richtig passt. Egal, wo wir sind, egal, was wir tun, wir sind Fremde und fühlen uns etwas fehl am Platz. Bis wir mit dieser Realität wirklich zurechtkommen, werden wir immer wieder Desorientierung empfinden und Enttäuschung.

Stell dir einmal einen Karton vor und schreib in Gedanken darauf mit einem dicken Filzstift »Hier«. Es ist ein ziemlich großer Karton. Nicht bloß ein Schuhkarton oder eine der Abermillionen Amazon-Kisten, die täglich durch unser Land gefahren werden, sondern ein Riesenkarton für die ganz große Perspektive, wie du sie hast, wenn du von einem Berg herabschaust. Stell dir vor, du würdest aus dieser Perspektive auf dein ausgebreitetes Leben hinabblicken. Was du siehst, ist groß und unüberschaubar. Und vor allem: Es ist zwar dein Leben, aber es ist nicht deine Heimat.

• Dein Körper ist nicht deine Heimat. Er wird eines Tages sterben.

• Der Ort, an dem du lebst, ist nicht deine Heimat. Kein Heimwerkerprojekt wird ihn jemals zu dem Himmel machen, den du suchst.

• Deine Ehe ist nicht dein Zuhause. Selbst die beste Ehe endet, wenn »der Tod sie scheidet«.

• Deine Kinder sind nicht deine Heimat. Jede noch so gute Erziehung zielt darauf ab, dass sie eines Tages das Haus verlassen.

• Deine Freundschaften sind nicht deine Heimat. Selbst die besten gehen durch schwere Zeiten und es ist unklar, welche ein Leben lang halten.

• Deine Ortsgemeinde ist nicht deine Heimat. Wie dein menschlicher Körper wird die Gemeinde eines Tages ein vollkommener, verherrlichter Leib Christi sein (Römer 12,5; Epheser 5,27). Aber gerade jetzt erinnern uns Sünde, Zerbrochenheit und Versagen daran, dass unsere Ortsgemeinde noch nicht unsere Heimat ist.

• Dein Beruf ist nicht deine Heimat. Oft vergeht die erste Hälfte des Lebens damit, sich auf ein Lebenswerk vorzubereiten, und die zweite Hälfte damit, herauszufinden, warum es nicht so funktioniert, wie man es sich erhofft hat.

Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Gemeinsam haben alle Punkte, dass man sie mit ein wenig Anstrengung beeinflussen kann. Meinen Wohnort ändere ich durch einen Umzug. Meinen Beruf durch eine Umschulung, einen Neustart in einem anderen Berufsfeld oder durch eine Selbstständigkeit. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Den Menschen, denen ich täglich begegne, kann ich aus dem Weg gehen, manchen vielleicht leichter als anderen, aber spätestens wenn ich umziehe und mein Handy ins Meer werfe, habe ich Ruhe.

Alle Punkte auf dieser Liste haben noch eine weitere Gemeinsamkeit: Jede Änderung ist nur oberflächlich und auf Zeit. Wie viele Menschen kennst du, die gefühlt immer wieder von vorn anfangen und am Ende immer wieder in einer ähnlichen Situation landen? Bei einem Partner, der eine Kopie des vorherigen sein könnte (nachdem sie geschworen hatten, nie wieder einen solchen Fehler zu machen), in einem Job, der nur zu Frust führt, und an einem Ort, an dem sie sich nicht zu Hause fühlen.

Das hat einen einfachen Grund: Alles, was sich in der gr0ßen Hier-Kiste befindet, sind Dinge und Begebenheiten aus meiner Umgebung, die nichts mit meinem Inneren zu tun haben. Es sind lediglich die Umstände um mich herum. Aber oft reichen die schon aus, um mich aufzuhalten und zu beschäftigen. Vielmehr noch: Sie geben mir den Anschein, dass ich an diesen Dingen nur ein wenig verändern müsste, damit mein Leben endlich in den richtigen Bahnen läuft. Besser noch: All diese Themen können mich dazu verleiten, mich ständig weiter mit ihnen zu beschäftigen. Ich drehe mich im Kreis und nähere mich keinen Millimeter meinem wahren Problem. Ich bin einfach nur beschäftigt. Um zu dem Kern der Nachfolge und zu dem Grund des Glaubens vorzudringen, müssen wir aber dichter an unseren eigenen Kern.

In meinem Alltag als Pastor treffe ich immer wieder auf Menschen, die zwar in schönen Häusern wohnen, aber kein Heim haben. Menschen, die von ihrer Familie umgeben sind, sich aber einsam fühlen. Menschen, die auf der Suche nach einem Zuhause sind. Nach einer Heimat, die nur Gott ihnen zeigen kann. Dieser Weg beginnt außen und führt zwangsweise immer weiter nach innen.

Abraham wurde von Gott in genau so eine Situation geführt. Sein Hier änderte sich von Grund auf. Er ließ alles Bekannte hinter sich. Gott riss ihn förmlich aus seinem Leben und seiner bekannten Umgebung, um ihm zu sagen: »Ich fange neu mit dir an. Von nun an gibt es nur noch dein Leben vor meinem Wort an dich und das Leben danach. Jetzt beginnt etwas Neues.« Nachfolge führt in ein neues Land.

In der Zeit zwischen dem ersten Ruf Gottes und seinem »Hier bin ich«-Moment hatte Abraham eine ganze Menge zu tun und machte viele Fehler. Es gab Höhen und Tiefen. Mal gehorchte er Gott aufs Wort, Mal versuchte er, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, und scheiterte kläglich. Aber durch all das reifte er zu einem Mann, der Gott immer näher kennenlernte und ihm nachfolgte.

Als Abrahams »Hier bin ich«-Moment kam und Gott ihn rief, war er im Feuer geschmiedet worden und konnte mit festem Glauben und Gehorsam losziehen.

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