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Morija-Wege

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Gott hatte Abraham einen Nachkommen versprochen und ihn mit der Verheißung gesegnet, dass er eines Tages Vater einer großen Nation sein würde. Jahre vergingen und schließlich bekam Sara einen Sohn. Die Verheißung war in Erfüllung gegangen. Nach unserer menschlichen Logik wäre die Geschichte nun mit einem Happy End abgeschlossen.

Nicht so in der Bibel, denn Abraham wurde auf die Probe gestellt. Sein Glaube sollte nicht in Isaak, sondern vollständig in Gott gegründet sein. Wäre er bereit, sein Liebstes für Gott hinzugeben, um ganz in ihm zu ruhen?

Diese Geschichte handelt nicht von einem unbarmherzigen Gott, der Menschenopfer verlangt, sondern von einer Prüfung durch Gott, ob Abraham wirklich ganz auf ihn ausgerichtet ist.

Abraham war sofort bereit, zu handeln. Er besprach sich nicht mit Sara, erklärte auch Isaak nicht, was ihm bevorstand. Er musste diesen Glaubensweg ganz allein gehen. Isaak sollte auf dem Berg Morija geopfert werden.

Morija-Wege sind einsam und voll innerer Kämpfe. Das Leben in der Nachfolge ist von solchen Wegen geprägt. Es sind die Momente, in denen sich alles entscheidet und aus denen wir gestärkt hervortreten.

Als ich dieses Buch plante, wusste ich, dass irgendwann ein Kapitel kommen würde, in dem es darum gehen würde, dass Abraham seinen Sohn Isaak opfern sollte. Wenn man einem anderen Menschen – egal ob gläubig oder nicht – diese Geschichte im Buch Genesis mit nur einem Satz zusammenfasst, erntet man mit ziemlicher Sicherheit große Augen und Kopfschütteln. »Der Gott, der ein solches Opfer fordert, soll dieser liebende Gott sein?«

Ich verstehe diese Frage. Es gehört schon mehr als ein wenig Small Talk dazu, zu verdeutlichen, worum es hier geht. Das war mir bereits bei der Planung des Buchs klar. Und dann wurde mein Sohn geboren. Erst jetzt konnte ich richtig begreifen, was das alles für Abraham bedeutet haben musste.

Wieder stand ich im Krankenhaus. Wieder war ich erschöpft und übermüdet. Wieder hatte ich Tränen in den Augen. Gleichzeitig war aber alles anders. Anni hatte gerade unseren Sohn Titus auf die Welt gebracht. Ich hatte sie noch nie so stark gesehen. Mich erfüllte ein unglaublicher Stolz auf meine Frau. Und nun konnte ich zum ersten Mal unseren Sohn im Arm halten. Es gab keinen schöneren Moment. Ich wusste: Ich werde alles tun, was mir möglich ist, damit dieser kleine Junge behütet und glücklich aufwachsen kann.

Abrahams und Saras Sohn Isaak wurde nach weiteren Jahrzehnten des Wartens geboren, aber Gott hatte sein Wort gehalten. Als Hundertjähriger hielt Abraham seinen Sohn im Arm. Die Verheißung hatte sich erfüllt. Es vergingen einige Jahre, in denen Abraham Isaak aufwachsen sah. Sein Sohn lernte krabbeln, laufen, sprechen. Er wuchs zu einem jungen Mann heran. Ich stelle mir vor, wie Abraham ihn manches Mal aus der Ferne beobachtete und von Stolz und Freude erfüllt war.

In der Bibel folgt dann ein einziger Satz: »Einige Zeit später stellte Gott Abraham auf die Probe« (1. Mose 22,1). Wieder ruft Gott einen Namen: »Abraham!« Und wieder antwortet jemand: »Hier bin ich.«

Mit diesem »Hier bin ich« bringt Abraham eine der größten und am häufigsten missverstandenen Begebenheiten der Bibel ins Rollen.

Die Geschichte der Opferung Isaaks ist keine Geschichte der richtigen oder falschen Handlung Abrahams. Es ist eine Geschichte der Treue Gottes.

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