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1.9 Cumshot
ОглавлениеDer Schlappschwanz
stand verbissen masturbierend und mit geschlossenen Augen in der Ecke. Wahrscheinlich staubte er in seiner beschränkten Vorstellungswelt gerade seine Sammlung an dreckigen Lieblingsphantasien ab, polierte sie zusammen mit seinem Pimmel auf Hochglanz, um endlich zum Orgasmus zu kommen. Seine Partnerin lümmelte derweil demonstrativ gelangweilt auf einem Klodeckel, rauchte mechanisch Kette und wartete auf ihren eiweißhaltigen Fangschuss.
Während der Kerl wie besessen seinen unansehnlichen Halbsteifen bearbeitete, versuchten wir die obszönen Graffiti auf den Klowänden zu entziffern, rätselten im verhaltenen Flüsterton über die diversen Interpretationsmöglichkeiten der literarischen Spontanergüsse triebgesteuerter Discobesucher. Als die Kunstwerke auf den weißen Kacheln nichts mehr hergaben, fingen wir an, hinter dem Rücken des Darstellers, in aller Stille, ähnlich einem Stummfilm mit großen Gesten und überzogener Mimik, die dämliche Wichsfresse des Darstellers nachzuäffen und machten hinter seinem Rücken böse Scherze über ihn. Auch wenn er in der Hackordnung der Pornowelt meilenweit unter uns stand und es der Produktionsleitung scheißegal war, wie wir unsere Ficksklaven behandelten, sollte er doch trotzdem nichts mitbekommen von unseren fiesen Hänseleien, denn jede weitere Verzögerung des Cum-Shots würde zu unseren Lasten gehen und unsere wohlverdiente Pause herauszögern.
Dann war endlich Mittagspause in der Pornofabrik und da blieb das Filmteam gerne unter sich. Schließlich machten wir hier nur unsere Arbeit und hatten ansonsten nichts gemeinsam mit diesen ganzen Nutten und Zuhältern. Auf den Glückskeks verzichtete ich diesmal dankend, irgendwie brachten mir diese Dinger überhaupt gar kein Glück.
Nachmittags, wir kurbelten gerade eine dieser unterbelichteten Lesbenszenen, in der sich zwei ausgemachte Heterofrauen bemühten, geil und begeistert rüberzukommen, während sie sich gegenseitig mit einem Doppeldildo in XXL-Format in die Ärsche bumsten, kam wieder mal einer dieser aufgeplusterten Aushilfsluden ans Set und lieferte Frischfleisch ab. Zwei blutjunge Küken, die nicht für sich selbst sprechen durften. Das erledigte ihr Herr und Meister für sie.
„Das ist taufrische Ware, erste Sahne, gerade erst eingeritten...“
Aus dem Hinterzimmer hörten wir, wie der Typ stümperhaft mit der Produktion um mehr Gage feilschte, er wollte wohl ein bisschen nachverhandeln. Den Mädels war das sichtlich peinlich, unsicher traten sie von einem Stöckelschuh auf den anderen. Ich wollte sie nicht länger zappeln lassen und stellte mich vor.
„Hy, ich bin Clemens Mahler, der Regisseur.“
Die Mädels waren ziemlich gut dressiert, auf das Stichwort Regisseur hin nahmen sie pronto Haltung an. Bauch einziehen, Hohlkreuz machen, Arsch und Titten raus, alles wurde in Windeseile tipptopp getunt auf maximale Optik. Als ob ich der Oberlude vom Dienst wäre.
Ich hasste diese unterwürfige Reaktion, für mich ist das alles nur ein großes Missverständnis. Wer außer mir brachte denn so etwas wie Mitgefühl und Verständnis für diese ganzen Bräute auf? Ich war doch der Einzige am Set, der sie nicht nur wie ein Stück Fleisch taxierte, sondern auch den Menschen hinter dieser billig aufgemotzten Fassade wahrnahm. Ich fragte mich, warum die gar nicht merkten, dass ich anders war und sich hinter meiner Rolle als Pornoregisseur eigentlich ein guter Mensch verbarg, der so weit ging, einen Hauch Mitgefühl in seinen Job einfließen zu lassen? Natürlich so, dass niemand checkte, welch zartes Innenleben sich unter meiner harten Schale verbarg, Mitgefühl undercover sozusagen.
Nein, ich bin nicht so ein Drecksschwein von Ausbeuter wie du, hätte ich dem Muskelmann mit blondierter Dauerwelle am liebsten entgegnet, als er mir kollegial grinsend seine klobige Ghettofaust zum Abschied hinhielt. Meine Meinung sagte ich ihm dann doch lieber nicht, ignorierte aber immerhin erfolgreich seinen Anbiederungsversuch. Die Tatsache, dass ich ihn links liegenließ, war ihm nicht mehr als ein Achselzucken wert. Anstatt sich mit mir anzulegen, hob er noch einmal drohend seinen wurstigen Zeigefinger und starrte seine Hühner in Grund und Boden.
„Das ich keine Klagen höre!“
Um die Ernsthaftigkeit seiner Aussage etwas abzumildern, lächelte er dünnlippig, ich spürte aber allzu deutlich, dass er es bitterernst meinte.
Was mich angesichts solcher Szenen immer wieder beschäftigte, war die Frage, warum reihenweise hübsche, nette Frauen auf solche brutalen Hinterwäldler hereinfallen und sich nach Strich und Faden von ihnen verarschen ließen. Dieses Phänomen zwischenmenschlicher Anziehung war mir absolut schleierhaft.
Steckte dahinter der fragwürdige Wunsch, unter dem Schutzschirm einer archaisch anmutenden Männerherrschaft zu stehen oder eine fragwürdige Sehnsucht nach Anerkennung, die sie glaubten durch Erbringung sexueller Dienstleistungen erarbeiten zu können? Oder waren sie schlicht und einfach knallhart auf Unterwerfung programmiert?
Die beiden Frischlinge hatten kaum Zeit Luft zu holen, da war schon einer dieser abgefuckten Altprofis zur Stelle, die als Darsteller durch die Pornoszene swingten und sich für lau durchfickten. Er hieß Manfred und wollte die neuen Küken natürlich sofort Probefahren.
„Na, ihr süßen Jungfotzen? Hat man euch denn heute schon den Arsch gepudert? Oder steht ihr mir als schön enge Jungfrauen zur Verfügung?“
Schon beim widerlich säuselnden Klang seiner Stimme, standen mir sofort die Haare zu Berge. In meinen Augen war der Typ nichts anderes als ein verkappter Pädophiler, der die Rolle des alternden Dandys spielte. Der charmante, liebe, nette Onkeltyp, der die Finger nicht von den Teenies lassen konnte, je jünger, desto besser.
Er nervte mich dann auch gleich mit einer seiner wahnsinnig geilen Ideen für eine Szene, bei der die jungen Hühner um die Wette blasen sollten und die Begabtere von beiden mit einem extra Scheinchen belohnt würde. Das alte Sexmonster war immens stolz auf seinen langen Spargel und musste ihn einfach zwanghaft in jedes Loch stecken, das nicht amtlich versiegelt war.
So genannte Schnellschüsse, die fast nichts kosteten und bei längeren Drehs nebenbei entstanden, wurden bei der Produktion gerne gesehen. Die wurden dann später in sinnentleerten Kompilations wie Best-of-total-versaute-Teenies oder Best-of-total-arschgefickte-Hausfrauen zusammengefasst und mit schickem Hochglanzcover unters wichsende Volk gebracht. Aus Scheiße Gold machen, so nannten das die Herren von der Produktion.
Fickt euch doch ins Knie! Das ist mir doch alles scheißegal. So oder so ähnlich lautete mein lautloser Kommentar. Dann nickte ich abschließend resigniert in die Runde und während alle auf Position gingen, verkrümelte ich mich erneut in Richtung Herrenklo. Ich hatte schon wieder Schmacht, Lust auf ein bisschen Schnee, obwohl ich ab dem späten Nachmittag eigentlich lieber Joints rauchte, die Dinger eigneten sich gut zum Runterkommen.
Allmählich kam es mir so vor, als ob ich mehr Zeit auf dem stillen Örtchen verbringen würde, als auf sonst einem Platz auf der schönen, weiten Welt. Auf eine verdrehte Art gefiel es mir sogar, high auf einem Klodeckel zu sitzen, mit mir selbst über das Leben zu philosophieren und meine sporadischen Erkenntnisse meinem Tagebuch anzuvertrauen. Da kam einem keiner quer und laberte mich mit irgendwelchen hirnverbrannten Dünnsinn voll.
Irgendwie gefiel ich mir auch in der Pose eines postmodernen Philosophen. Eine öffentliche Toilette war das perfekte Ambiente für schwermütige, gesellschaftskritische Einflüsterungen der Seele. Mir mein Klo, so wie Diogenes seine Tonne. Mein griechischer Urahn und Bruder im Geiste, wäre bestimmt stolz auf mich gewesen.