Читать книгу Hardcore - H. C. Schwarz - Страница 9
1.4 Mein Tagebuch / 1
ОглавлениеIn letzter Zeit
fühle ich mich oft so schrecklich antriebslos. Es fällt mir schwer, mich zu motivieren, mir vorzumachen, dass ich mich als Pornoregisseur auf der Gewinnerseite der Gesellschaft befinde. Tief in meinem Inneren fühle ich, dass ich eines Tages einen hohen Preis für all meine faulen Kompromisse bezahlen werde.
In den kurzen klaren Momenten, die ich zwischen meinen durch Drogen und Sex bedingten Höhenflügen habe, sehe ich eine Art Damokles-Schwert über meinem Kopf pendeln, das jedes Mal, wenn ich es wahrnehme, noch größer und schärfer geworden zu sein scheint. Dann rollt diese schwarze Flutwelle namens Depression auf mich zu und ich ziehe den Kopf ein, stecke ihn in einen klebrigen Treibsand, der sich aus dem Wunderheiler Alkohol, diversen Drogen und kurzen, uniformen Affären mit beliebigen Frauen zusammensetzt.
Den Alltag der Pornodrehs kann ich inzwischen nur noch ertragen, indem ich mich hinter einer Maske aus beißendem Zynismus verstecke. Ich spritze mein Gift in die Welt und verkaufe es meinen Mitmenschen als schwarzen Humor. Wenn auch das als Puffer zwischen mir und der Welt nicht mehr ausreicht, feiere ich eben krank. Und dann geht es erst richtig bergab. Vollgas und ungebremst hinein in einen watteweichen, zeit- und uferlosen Dämmerzustand. Hauptsache, ich bin frei von Gedanken und lästigen Zweifeln. Neben den üblichen, multidrogiden Exzessen hilft mir dann eine gelegentliche Überdosis Schlaftabletten, mich in ein emotionsloses, graues Nichts zurückzuziehen. Auszeit zu nehmen von mir und der Welt.
Aber auch das schützt mich nicht vor den abgründigen Träumen, die klammheimlich in mein schwammiges Bewusstsein dringen. Nachts marschieren regelmäßig nackte Frauen in einem schier endlosen Gänsemarsch an meinem Bett vorbei. Frauen, die keine Hände mehr haben, sie sind ihnen abgehackt worden. Stumm treten sie nacheinander vor mich hin, flehen mich mit gequälten Blicken an und strecken mir ihre blutigen Armstümpfe entgegen. Bevor ich entsetzt hochschrecke, höre ich mich selbst im Halbschlaf weinend um ein Ende des grauenvollen Reigens flehen.
„Ich kann euch nicht helfen. Ihr müsst euch selber helfen.“
Ein schmerzhaftes Stechen in der Brust weckt mich dann ganz und ich habe jedes Mal wahnsinnige Angst vor einem Herzanfall, richtige Todesangst. Bis zum Morgengrauen bleibe ich wach und fürchte mich davor wieder einzuschlafen, von meiner bleiernen Müdigkeit erfasst und zurückgetragen zu werden in jene grauenvollen Folterkeller, dort unten im Land meiner Albträume.