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1.3. Zusammenfassung

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Vom unvokalisierten hebräischen Bibeltext (3. Jahrhundert v.u.Z.) bis zum voll ausgeprägten masoretischen Bibelcodex des Hochmittelalters (9. Jahrhundert u.Z.) sollten mehr als 1000 Jahre vergehen. Dieser Zeitraum markiert nicht nur den Übergang von der Rolle zum Codex, sondern zugleich die Auseinandersetzungen der Juden sowohl mit dem beginnenden Christentum als auch – und vom 9.–11. Jahrhundert maßgeblich – mit dem erstarkenden Islam. Die Herausforderungen durch die muslimischen Gelehrten, Philosophen wie Sprachwissenschaftler des Arabischen, bildeten den Motor für die grammatische und philologische Arbeit der Masoreten am Bibeltext. Dies führte dazu, dass judäo-arabische Gelehrte wie R. Sa‘adja Gaon aus Sura die Bibel nicht nur ins Arabische übersetzten, sondern auch kommentierten. Mit Bibelauslegung und Übersetzung (ins Arabische) hat die innerjüdische Beschäftigung mit der Bibel eine Entwicklung genommen, wie sie sich nachfolgend ähnlich in Frankreich wiederholen sollte: Die Juden lebten in einer nicht-jüdischen Umweltkultur, und damit musste sich auch die Bibel vor einem nicht-jüdischen Forum (hier vor allem: gegen den Koran) beweisen. Hier waren es vor allem karäische* und judäo-arabische Gelehrte, die die Entwicklung einer hebräischen Sprachwissenschaft in großem Umfang und mit bleibendem Einfluss vorangetrieben haben. Dies betraf nicht nur die Beschäftigung mit der hebräischen Grammatik, sondern auch die Lesung und Aussprache des biblischen Textes. Ob die ersten Masoreten* Karäer* waren oder nicht, wird bis heute mit unterschiedlichen Ergebnissen diskutiert, und ist letztendlich auch gar nicht wichtig. Wichtig ist, dass die Beschäftigung mit dem Bibeltext, seine textliche Stabilisierung ebenso wie die Eruierung einer innerbiblischen |42|Auslegungspotenz für alle kommenden Generationen der Bibelausleger prägend war, und die karäische Exegese daher aus dem Erbe der biblischen Textauslegung auch nicht wegzudenken ist. Diese Anfänge der philologischen Exegese, Lexikographie und hebräischen Sprachwissenschaft setzten sich in der hebräischsprachigen maghrebinischen und spanischen Gelehrtentradition fort, auf die dann später das westeuropäische Judentum in Frankreich zurückgreifen und sie für die Auslegung ad litteram (Peschat*) fruchtbar machen konnte.

Jüdische Bibelauslegung

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