Читать книгу Seine Frau - Hanne-Vibeke Holst - Страница 7

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Eigentlich hat die Krankenpflegerin für so etwas keine Zeit. Doch während sie auf der Bettkante sitzt und die knochige, trockene Hand in ihrer hält und geduldig wartet, dass die Spritze wirkt und die Patientin einschläft, kommt sie mit sich überein, dass sowieso alles egal ist, wenn keine Zeit mehr bleibt, einen unglücklichen und erschütterten Mitmenschen zu trösten. Dann kann sie auch gleich kündigen. Und mit den Ärzten ohne Grenzen oder so ausrücken. Mit der Regierung, die heute Abend gewählt worden ist, wird das nicht mehr lange dauern. Sie sollten das selbst einmal erleben, all diese gut genährten Dänen, die nach dem Einfrieren der Steuersätze und Privatisierungen rufen. Als einsames, ausgemergeltes Gerippe in einer Wohnung im Südhafen zu liegen und völlig von öffentlicher Hilfe abhängig zu sein. Ihrer Meinung nach gehört die zusammengekrümmte Frau in dem Bett in ein Pflegeheim. Sie ist zwar noch verhältnismäßig jung, 1930 geboren, doch abgesehen von ihren physischen Leiden und chronischen Krankheiten ist offensichtlich, dass die Demenz, auf die schon eine Zeit lang Verdacht bestand, nun voll zum Ausbruch gekommen ist. Darauf deuten ihre Weinerlichkeit und Labilität hin, denn obwohl das Wahlergebnis zum Heulen ist, ist es keine normale Reaktion, dass eine erwachsene Frau wie ein Kind zusammenbricht, nur weil sie den Wahlabend im Fernsehen verfolgt. Was genau so furchtbar daran ist, hat sie nicht aus ihr herausbekommen. Außer dass es irgendetwas mit »Linda« und »Gert« zu tun hat. Gert Jacobsen, nimmt sie an. Nicht gerade ein Mann, dem sie viele Tränen nachweinen würde.

Als der Atem ruhig und regelmäßig ist, zieht die Hauskrankenpflegerin vorsichtig ihre Hand aus der der Schlafenden. Bleibt auf dem hohen Krankenhausbett sitzen, zumindest das ist bewilligt worden, und macht ihre Notizen im Logbuch für den nächsten weiß gekleideten Helfer.

»Schlaf gut, Åse«, sagt sie und streichelt der Frau die eingefallene Wange. Verweilt einen Augenblick an ihrer Seite, indem sie den Schirm der Nachttischlampe schräg stellt. Åse Jensen war bestimmt einmal schön.

Seine Frau

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