Читать книгу Psychologie für Sportschützen - Hannes Kratzer - Страница 10
2.2.2. Reaktionsfähigkeit
ОглавлениеSchnell, richtig und exakt reagieren - das ist eine wichtige Anforderung an den Sportschützen. In der älteren Fachliteratur findet man zuweilen die Auffassung, dass schnelles Reagieren vorwiegend in den jagdlichen Disziplinen und im Schnellfeuerschießen erforderlich ist, in anderen Disziplinen (Gewehr, Freie Pistole) dagegen wesentlich geringere Anforderungen an die Reaktionsfähigkeit gestellt werden. Derartige Vorstellungen sind inzwischen gründlich widerlegt. Die Reaktionsfähigkeit ist in allen Disziplinen des Schießsports leistungsbestimmend. Wir verstehen darunter eine komplexe psychomotorische Leistungsvoraussetzung, die es dem Schützen ermöglicht, auf bestimmte Reize schnell und richtig zu reagieren. Zur Messung der Reaktionen eines Sportlers wird die sogenannte Reaktionszeit erfasst. Das ist die Zeit zwischen dem Beginn des Reizsignals („Zielbild stimmt“) und einer dadurch ausgelösten Reaktion („Schuss auslösen“). Im Sportschießen unterscheidet man im Allgemeinen folgende Reaktionsarten:
❶ Einfache Reaktion
Der Schütze hat die Aufgabe, auf ein bekanntes, plötzlich auftretendes Signal mit einer vorher eindeutig festgelegten Bewegung zu antworten. Einfache Reaktionen finden wir zum Beispiel im Schnellfeuerschießen, wo auf die Scheibendrehung oder das Lichtsignal mit dem Hochführen der Waffe reagiert wird, oder im Skeetschießen, wo auf das Erscheinen der Wurfscheibe zu reagieren ist.
❷ Antizipierte Reaktion
Hierbei handelt es sich um die Reaktion auf ein bewegliches Objekt (jagdliche Disziplinen) oder auch auf das sich „bewegende“ Zielbild. Aufgrund der in den Gewehr- und Pistolendisziplinen auftretenden Waffenschwankungen kommt es zu ständigen Veränderungen des Zielbildes, die keinen zufälligen Charakter tragen, sondern in entscheidenden Phasen vorhergesehen (antizipiert) werden können. Die antizipierte Reaktion erfolgt schneller als die einfache, da der Schütze das reaktionsauslösende Signal (Zielbild) in seiner Entwicklung „voraussieht“. Er wird durch das Signal nicht überrascht.
❸ Wahlreaktion
Hier werden verschiedene, vorher bekannte Signale in zufälliger Abfolge dargeboten, die mit einer bestimmten und gleichfalls bekannten Bewegung beantwortet werden müssen. Ein typisches Beispiel für eine Wahlreaktion findet man im Trapschießen. Der Schütze muss auf eine der möglichen (und bekannten) Flugrichtungen der Scheibe (rechts - mitte - links) schnell, richtig und exakt reagieren.
Es ist durchaus möglich, dass in einer Disziplin mehrere Reaktionsarten vorkommen. Im Schnellfeuerschießen finden wir sowohl die einfache Reaktion auf das Erscheinen der Scheibe oder das Lichtsignal (grün) als auch die antizipierte Reaktion auf das Zielbild. Im Trapschießen ist neben der Wahlreaktion auf das Erscheinen der Wurfscheibe ebenfalls eine antizipierte Reaktion (Zielbild) erforderlich.
Um nachzuweisen, dass es sich bei der Reaktionsfähigkeit um eine leistungsbestimmende Komponente handelt, haben wir mit Hilfe entsprechender apparativer Verfahren bzw. computergestützt die Reaktionsfähigkeit bei Schützen unterschiedlicher Leistungsstärke (aber gleichen Trainingsalters) untersucht. Dabei ließ sich ein Zusammenhang zwischen der einfachen bzw. antizipierten und der sportlichen Leistungsfähigkeit belegen. Leistungsstarke Schützen reagieren im Mittel schneller. Unter ihnen findet sich keiner mit unterdurchschnittlichen Werten. Letzteres ist von besonderer Bedeutung, denn der Spitzenschütze zeichnet sich dadurch aus, dass er keine ausgeprägte Schwäche hat, nicht dadurch, dass er bei jedem Test vordere Rangplätze erreicht. Dies führt mitunter bei Trainern zu Missverständnissen, wenn der „Wert“ einer Methode danach bemessen wird, inwieweit sich die leistungsstarken Schützen auch im jeweiligen Test von den anderen abheben.