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Kapitel acht

Von Lampedusa nach Alemannia

Zehn Tage zuvor

Zwei Tage waren vergangen, als sie im italienischen Lampedusa angekommen waren. Die Rettung der Schiffbrüchigen durch die Küstenwache hatte eine Hoffnung beseelt, die noch am selben Morgen zerstört werden sollte.

Die Freude war riesig, als die Männer das Schiff der Küstenwache auf sich zukommen sahen. Eine Leine wurde ihnen zugeworfen und zahlreiche Hände griffen danach und zogen das Boot langsam dem Schiff entgegen, bis es längs an dessen Seite lag.

Ein Fallreep wurde ausgeworfen, und einer nach dem anderen hangelte sich über die kräftige Strickleiter nach oben auf das fremde Deck, wo ihnen sogleich warme Decken und heißer Tee angeboten wurden.

Dass das mit der Verständigung nicht funktionierte, war vorerst nicht relevant. Die Flüchtlinge hatten nur eines im Sinn: schlafen. Wenn sie vorher etwas zu essen bekämen, umso besser.

Eine Stunde später trieben die Motoren das Schiff in Richtung Küste, das Boot der Flüchtlinge im Schlepptau, dem ersehnten Lampedusa entgegen.

Der Hafen kam in Sicht, und dann geschah das Unerwartete. Die Maschinen stoppten und das Schiff wurde von den Wellen hin und her geschaukelt.

„Was ist los?“ Ahmed sah Yussuf fragend an. Der zuckte mit den Schultern. „Wir werden es gleich erfahren.“

„Aber wir verstehen sie doch nicht“, warf Bashir ein.

„Na ja, soweit reicht mein Englisch vielleicht noch“, lächelte Yussuf. „Warten wir es ab.“

Die Zeit verging und kaum einer der Geflüchteten machte sich Gedanken über die Wartezeit. Die meisten waren auf dem Boden, eingehüllt in Decken, eingeschlafen, andere starrten lethargisch vor sich hin.

Dann kam Bewegung in die Situation. Ein hochaufgeschossener Mann in Uniform der Küstenwache stellte sich vor diejenigen, von denen er glaubte, dass sie ihm zuhören würden.

„Versteht mich einer von euch?“ rief er in einer Sprache, die sie nicht kannten, über die Köpfe der Männer hinweg. Niemand antwortete ihm.

„Spricht jemand Englisch?“

Es kam erneut keine Reaktion. Da hob Yussuf die Hand. „Ich spreche etwas Englisch“, antwortete er, und es klang genauso, wie er es sagte: nach etwas.

„Ich werde langsam sprechen“, sagte der Uniformierte. „Es ist Folgendes: Man verwehrt uns die Ankunft im Hafen.

„Warum das?“, fragte Yussuf zurück. „Wir können doch nicht hier auf dem Meer bleiben.“

„Ich kann Ihnen den Grund nicht nennen. Noch nicht“, antwortete der Uniformierte.

Yussuf überlegte. Seine Leute mussten an Land. Sie brauchten zum Teil ärztliche Versorgung und ein Bett, in dem sie sich ausschlafen konnten. Er beschloss, zu drohen.

„Dann werden wir hinüber schwimmen Alle. Doch nicht alle werden ankommen. Sie sehen ja, in welchem Zustand sich die Männer befinden. Sagen Sie das denen am Ufer. Wir werden es tun. Und die Verantwortlichen werden ihren Kopf dafür hinhalten müssen. Reden Sie mit ihnen. Ich meine es ernst.“

Yussuf erschrak über sich und seine Worte, doch sogleich erfüllte ihn Stolz. Vielleicht hatte sein Bluff sogar Erfolg.

Der Uniformierte nickte, zog die Schultern vielsagend hoch und verschwand.

„Wir sollen ans Ufer schwimmen, Yussuf?“, fragte Bashir und Angst stand in seinen Augen.

„Ich hoffe, es wird nicht dazu kommen,“ sagte Yussuf und lächelte. „Warten wir es ab.“

*

Am nächsten Tag war in der italienischen Presse zu lesen:

Italiens Innenminister hatte am Samstag nach langem Streit rund 50 männliche Flüchtlinge auf der Insel Lampedusa an Land gehen lassen. Die dramatische Lage auf einem Schiff der Küstenwache spitzte sich auf hoher See zu, als verzweifelte Migranten ins Meer sprangen, offenbar in dem Versuch, die nahe gelegene italienische Insel Lampedusa schwimmend zu erreichen.

Der Duft von Milch und Honig

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