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Kapitel zwei

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Der Schleuser

Einen Tag und eine Nacht marschierten Ahmed und Bashir Timcade ohne einen Zwischenfall, dann hatten sie das Dorf Bade erreicht. Sie fragten nach Muhammad Said und ernteten mitleidvolle Blicke. Doch die Gefragten zeigten wortlos auf ein Haus, vor dem ein mit einer Plane versehenes Lastauto stand. Ein Mann von gedrungener Statur, mit dichtem dunklen Bart und einem speckigen Turban hantierte unter der Motorhaube. Sein bodenlanger Kaftan war irgendwann einmal weiß gewesen, doch offensichtlich war er der einzige, den der Mann besaß. Unter dem Saum lugte ein Teil des linken Fußes hervor, der offensichtlich in einer Sandale steckte, die man jedoch nicht sehen konnte. Der Fuß hatte vermutlich lange kein Wasser gesehen, die Fußnägel begannen sich bereits nach unten zu krümmen.

„Muhammad Said?“, fragte Ahmed zögernd.

Der Mann sah nur kurz auf und musterte die beiden, die er, wie es den Anschein hatte, bereits erwartete. „Habt ihr das Geld dabei?“ Seine Augen hatten etwas Lauerndes, seine Worte waren fordernd.

Ahmed nickte.

Said grinste über das ganze Gesicht und hielt die offene Handfläche in ihre Richtung.

Ahmed schreckte zurück und schüttelte den Kopf. „Wir zahlen, wenn wir losfahren. Wir können doch nicht ...“

„Geht! Verschwindet!“, unterbrach ihn Said und machte Bewegungen mit beiden Armen, als wollte er Hühner davon scheuchen. Er wandte sich wieder seiner Arbeit zu. Die Brüder hörten seine Stimme. „Es gibt genügend Leute, die eure Plätze einnehmen wollen.“

„Aber es war doch abgemacht ...“, unternahm Ahmed den Versuch, zu vermeiden, dass er jetzt schon sein Geld loswürde und unter Umständen letztendlich mit seinem Bruder zurückbleiben würde.

Doch Said unterbrach ihn erneut. „Habt ihr denn kein Vertrauen?“, fragte er langsam und mit schräg angewinkeltem Kopf.

„Wir vertrauen niemandem mehr in diesem Land“, würgte Bashir hervor. Und dann fügte er hinzu: „Wir werden erst bezahlen, wenn wir wissen, dass wir Teil des Transports sind. Und wenn Ihnen das nicht passt … es gibt auch andere, die uns gegen Geld dahin bringen, wohin wir wollen. Komm Ahmed, lass uns weitergehen.“

Ahmed hatte es ob der Courage seines Bruders den Atem verschlagen und er überlegte, ob er nicht klein beigeben sollte. Dann entschied er sich dagegen. Sein jüngerer Bruder stellte sich diesem Widerling mit allem Stolz entgegen. Dann wollte auch er diese Haltung einnehmen.

„Du hast recht, Bruder. Komm!“

In der Fortbewegung hörten sie die krächzende Stimme des Schleppers, die ihre Schritte stoppte und sie zum Umdrehen veranlasste. Sein gestreckter Arm zeigte zum Ende des Gebäudes, in dem er offensichtlich wohnte.

„Seid heute Abend bei Einbruch der Dunkelheit hier“, sagte er in ruhigem Tonfall, als habe es den kleinen Disput nie gegeben. Es schien, als imponierte ihm die Haltung der beiden Brüder. „Haltet euch dort in dem Schuppen auf und rührt euch nicht, bis ich euch ein Zeichen gebe. Ihr werdet nicht alleine sein.“

Die beiden folgten mit ihren Blicken seinem Arm und erkannten den Vorsprung eines kleinen Geräteschuppens, der hinter dem Wohnhaus hervorlugte. Sie sahen sich an und nickten. Er würde sie mitnehmen, auch wenn die Bezahlung erst am Abend erfolgen würde.

Nachdem Said die Worte gesprochen hatte, humpelte er davon, seinem bescheidenen Haus entgegen. Den Kaftan hatte er bis zu den Kniekehlen hochgezogen, als er die Treppe zum Hauseingang hinaufstieg. Dabei sahen Ahmed und Bashir den Grund für die schleppende Fortbewegungsweise des Mannes. Das rechte Bein wies grob verheilte, großflächige Wunden auf, die Muskel des rechten Unterschenkels fehlten zu einem großen Teil.

Die beiden Brüder sahen sich an. „Eine Mine“, flüsterte Bashir mit dem Verständnis eines jungen Mannes, für den eine solche Erkenntnis keine Seltenheit oder Neuigkeit darstellte und lenkte seinen Blick wieder zu Said, der gerade humpelnd in seinem Haus verschwand.

Ahmed nickte ernst. „Ich glaube dennoch, dass wir ihm nicht vertrauen können.“

Der Duft von Milch und Honig

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