Читать книгу Vatter - es heißt donde - Hans Jürgen Kampe - Страница 5
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Schon als Kind bekam Andrea Reitunterricht und hatte vor zehn Jahren wieder mit dem Reiten begonnen. Dann bot sich die Gelegenheit für eine Reitbeteiligung an einer geduldigen, klugen und unproblematischen Fuchsstute. Als die Eigentümer die Stute Contess verkaufen wollten, musste Andrea nicht lange überlegen und kaufte das Tier.
Die beiden Jungs konnte sie für das Reiten nicht begeistern. Allerdings Emma, die jetzt sechsjährige Tochter.
Emma war sozusagen nochmal ein ungeplanter Glücksschuss, wie es Klaus gerne ausdrückte. Oder auch ihr kleines Überraschungsei, denn die Schwangerschaft mit Emma war zufällig entstanden. Andrea hatte vorsichtshalber drei Schwangerschaftstests machen lassen, bevor sie Klaus anrief und ihm aufgeregt mitteilte, dass sie mal wieder gesegneten Leibes sei.
Als Andrea den damals vier und sechs Jahre alten Brüdern die freudige Nachricht von dem zu erwartenden Geschwisterchen mitgeteilt hatte, kam bei Anton erstmal ein Grübeln auf. Während Emil seine Mutter spontan umarmte und liebevoll drückte, fragte Anton mit einem süffisanten Lächeln: „Mama, könntest du denn stattdessen auch einen kleinen Hund kriegen?“
Aber soweit war die Medizin damals noch nicht, und Andrea erklärte den beiden Jungs lachend, dass man ja mit einem Geschwisterchen viel mehr als mit einem kleinen Hund anfangen könnte. Emma, als einziges Mädchen, war das Nesthäkchen und beide Brüder buhlten regelmäßig um ihre Gunst.
Jetzt, mit ihren sechs Jahren, hatte Emma ganz prächtige Zahnlücken. Sobald ein Zahn locker wurde, wackelte und drehte sie vor dem Spiegel so lange, bis sie den Milchzahn stolz in der Hand hielt. Und dabei bekam sie jedes Mal so eine angenehme Gänsehaut, wenn sie mit ihrer Zunge stundenlang in dem neuen, etwas blutenden Loch rumpulte.
Der Zahn kam dann mit anderen in eine Dose, wo er sich im Laufe der Zeit auflösen würde. Bis auf einen besonders schönen Schneidezahn, den Andrea konservierte. Genauso wie sie es bei Anton und Emil gemacht hatte.
Die drei konservierten Schneidezähnchen ihrer Kinder ließ Klaus in Gold fassen und einen Anhänger für eine Halskette herstellen. Andrea liebte diese ganz individuelle Kette besonders, weil sie ein Stück ihrer Kinder enthielt und auch so gut zu ihrem Beruf passte.
Die fehlenden oberen und unteren Schneidezähne veranlassten Emma, das Spucken zu intensivieren. Sie machte mit Vorliebe eine „dicke Elle“. So nannte Emma ihr Weitspucken, wenn sie mit viel Kraft und Puste ihre Spucke durch die große Zahnlücke schoss.
Klaus musste auf Drängen von Emma immer wieder die Entfernung ihrer Spuckleistung messen. Was ihm unangenehm war, denn Emma veranstaltete ihr Weitspucken am Liebsten auf dem Bürgersteig vor dem Haus. Immerhin – Emma schaffte stolze drei Meter achtundsiebzig, was Klaus mit einem Maßband genau festhalten musste.
Emmas Weitspucken nahm ein abruptes Ende, als eine ihrer üppigen Ellen der Nachbarin, Fräulein Saurbier, direkt vor die Füße flog.
Im Gegensatz zu allen anderen ledigen Frauen legte Fräulein Saurbier sehr viel Wert darauf, mit Fräulein und nicht mit Frau angesprochen zu werden. Denn sie war nie verheiratet und ging sechsundvierzig Jahre gänzlich in ihrem Beruf auf.
Den wenigen Annäherungsversuchen des männlichen Geschlechts hatte sie sich im Laufe ihrer Jugend mit tatkräftiger Hilfe ihrer Mutter erfolgreich erwehren können.
Fräulein Saurbier war pensionierte Finanzbeamtin, genauer, Steuerprüferin und wohnte im Nachbarhaus von Thalers, das sie von Ihren Eltern geerbt hatte. Sie hatte ihr ganzes Leben in diesem Haus zugebracht. Zuerst mit ihren Eltern und dann allein.
Nach sechsundvierzig Dienstjahren wurde Fräulein Saurbier mit einer Ehrenurkunde, einem Präsentkorb und einer Flasche Eierlikör von einem erleichterten Amtsleiter in den Ruhestand verabschiedet. Den sie aber nur höchst widerwillig antrat.
Hosen für Frauen lehnte sie strikt ab. Sie trug täglich ein graues Kostüm – im Sommer hellgrau, im Winter dunkelgrau -, flache, derbe Schuhe, eine weiße Bluse zum weißgelockten Haar und im Winter einen blauen Lodenmantel und ein keckes, grünes Jägerhütchen mit Feder. Ihr ständiger Begleiter war ein Duft nach Mottenkugeln, Klosterfrau Melissengeist und Kölnisch Wasser. Fräulein Saurbier war so reizvoll wie eine lockere Amalgan Füllung.
Jetzt war Sie zweiundsiebzig Jahre und zeigte Klaus deutlich, was sie von Steuerberatern hielt. Nämlich nicht viel.
Aus ihrer Sicht waren Steuerberater sozusagen der natürliche Feind des Finanzbeamten. Denn Steuerberater versuchten ihrer Meinung nach mit allen erdenklichen, leider auch noch legalen Tricks, dem Staat Geld vorzuenthalten, das Fräulein Saurbier in sechsundvierzig Dienstjahren akribisch eintreiben wollte.
Klaus gegenüber zeigte sie allerdings eine gewisse Milde, denn er war ja kein früherer Kollege. Das waren sozusagen die „treulosesten Tomaten“, wie Fräulein Saurbier zu sagen pflegte. Erst die Ausbildung beim Finanzamt machen und dann die Seite wechseln und Berater werden.
Bei Betriebsprüfungen, die sie bei Mandanten früherer Kollegen durchführte, neigte sie dann auch dazu, besonders gründlich vorzugehen, was ihr insgeheim Freude machte.
Klaus beklagte sich manchmal bei Andrea, dass Fräulein Saurbier zu ihm so trocken wäre, wie eine Tränendrüse von Kim Jong Un. Was ihm einen strafenden Blick seiner Ehefrau einbrachte. Die einfühlsame kleine Emma brachte es in ihren Worten auf den Punkt: Papi, ich glaub´, bei Dir hat die Frau aber Zähne auf den Haaren.
Mit Andrea verstand sie sich besser.
Ja, sie tauschten sogar die Hausschlüssel während des Urlaubs, damit gegenseitig die Blumen gegossen werden konnten. Wobei Fräulein Saurbier lediglich einmal im Jahr mit dem Zug für drei Wochen an die Ostsee fuhr. Immer in dieselbe Pension. Und das seit 50 Jahren.
Der Höhepunkt des Jahres war ihr Geburtstag, an dem Andrea mit einigen wenigen Nachbarn hinübergebeten wurde. Fräulein Saurbier spendierte großzügig für jeden Gast 2 Gläschen Eierlikör. Denn „auf einem Bein steht man nicht“ war einer der wenigen Scherze, der ihr über die Lippen kam.
Bei den Kindern von Thalers wohnten 2 Seelen in ihrer Brust. Wenn Antons und Emils Bälle regelmäßig in ihren Garten flogen fand sie das schon störend. Noch mehr nervten sie allerdings die gleichmäßigen klack-klack Geräusche, wenn Anton und Emil sich Bälle zuwarfen oder sogar an die Hauswand schossen.
Emma, mit ihren langen blonden Locken, fand sie sehr goldig, aber beim Spucken auf den Bürgersteig war ihre Toleranzgrenze dann doch überschritten. Und das gab sie Klaus auch deutlich zu verstehen.
Andererseits war Fräulein Saurbier für ihre Verhältnisse völlig aus dem Häuschen, als die Kinder noch sehr klein waren.
Schon dem kleinen Anton hatte sie beigebracht: wie macht der kleine Indianer? Sie führte Antons Zeigefinger an sein Mündchen, zeigte ihm, wie man ein Geheul ausstieß und den Finger dabei an den Lippen bewegt, sodass ein Indianergruß entstand.
Anton hatte das mit 2 Jahren ganz schnell gelernt. Emil und Emma lernten den Indianergruß schon mit einem Jahr.
Das sonst so reservierte und stocksteife Fräulein Saurbier stand jedes Mal am Zaun, wenn Andrea mit dem Buggy vorbeikam und begrüßte die Kleinen mit „Wie macht der kleine Indianer?“ Und dann stießen die Kinder und Fräulein Saurbier zusammen ihr „Uh, Uh, Uh, Uh“ aus und die Nachbarschaft wunderte sich über die ältere, sonst so zurückhaltende und stocksteife Dame.
Nur eine Sache enttäuschte die Kinder Jahr für Jahr. Wenn sie am Abend des 6. Dezember zum Nikolaustag verkleidet von Haus zu Haus zogen und ihre Gedichte aufsagten, bekamen sie von Fräulein Saurbier jedes Mal selbstgebackene Haferplätzchen. Ohne Zucker, nur mit Honig gesüßt. Selbst dem verschnuckten, aber sehr sparsamen Klaus, der nichts umkommen ließ, sträubten sich bei den Öko Plätzchen sämtliche Geschmacks-Synapsen. Anton war dann vor Jahren am Nikolausabend „die Hutschnur gerissen“ und er sagte bei Fräulein Saurbier leicht frustriert an der Haustür folgenden Spruch auf:
„Der Bürgermeister hat beschlossen, wer nochmal Haferplätzchen gibt, der wird erschossen“.
Fräulein Saurbier war im ersten Moment starr vor Schreck, dann peinlich berührt, nutzte aber das kommende Jahr bis zum nächsten Nikolausabend, ihr Plätzchensortiment etwas kinderfreundlicher umzustellen.
Bei Emma zeigten sich schon mit zwei Jahren erste Anzeichen einer großen Pferdebegeisterung.
Wenn Klaus abends nach Hause kam, stand das kleine Mädchen schon in der Haustür und sagte nur zwei Worte: „Papi, Pferd!“
Klaus musste dann wiehern und schnauben, schmiss seinen Mantel, die Jacke und seine Aktentasche in die Ecke und ging auf alle Viere. Emma sattelte Klaus, indem sie ein Handtuch auf seinen Rücken schmiss. Außerdem zog sie ihm die randlose Brille ab, denn so viel wusste Emma mit zwei Jahren schon: Pferde trugen keine Brille.
Dann zog sie sich auf Klaus Rücken und Klaus musste mit ihr durch die Zimmer reiten. Mit der Zeit wurde das aber immer anstrengender und Emma immer schwerer. Die Lösung war, dass Klaus sich Fliesenleger-Knieschoner im Baumarkt besorgte, sodass Emma noch weiter reiten durfte.
Als Emma dann aber immer anspruchsvoller wurde und mit Kissen einen Springparcour aufbaute, streikte Klaus endgültig. Fortan war er nur noch ein krankes Pferd, das Emma, die von Klaus zur Tierärztin befördert wurde, versorgen musste. Und Emma besorgte sich dann eine Rolle Klopapier und bandagierte die Pferdebeine von Klaus.
Klaus liebte es besonders, wenn seine Mähne von Emma mit der Kleiderbürste fürsorglich gestriegelt wurde. Er konnte dann nach einem anstrengenden Arbeitstag herrlich entspannen. Mit der Zeit wurde Emma das Ganze aber zu langweilig und sie sehnte sich nach einem richtigen kleinen Pferd.
Andrea konnte Emma dann schon mit vier Jahren für echte Pferde interessieren. Und so durfte Emma mit zum Pferdehof fahren, Contess füttern, striegeln, beim Misten helfen und wurde schon ab und zu auf die lammfromme Stute gesetzt. Von sich aus wünschte Emma sich Reitunterricht, den sie in einer Kindergruppe mit fünf Mädchen und einem Jungen auf einem kleinen Pony bekam.
Weil sich Emma sehr geschickt anstellte, hatten Andreas Eltern, Gisela und Herbert Kesselmann, gefragt, ob sie Emma ein eigenes Pony kaufen dürften.
Das wollte Andrea zwar nicht, nahm aber die Idee ihrer Eltern zum Anlass, Klaus zu überzeugen, dass Emma auch eine Reitbeteiligung an einem Pony bekommen sollte. Das ausgewählte Pony hieß „Schmidtchen“ und war schon ein Großpony, sodass Emma noch lange darauf reiten konnte.
Und so hatten Andrea und Emma ein gemeinsames wunderbares Hobby, das sie intensiv zusammenschweißte. Sechsmal die Woche waren beide nachmittags auf dem Pferdehof und fanden auf diese Weise viele neue Freunde.
Die beiden Jungs waren am Anfang ziemlich neidisch, dass Emma ein fast eigenes Tier hatte. Klaus merkte das und fragte vorsichtig ob Anton und Emil denn unbedingt auch ein Tier haben müssten. Und ob sie dafür dann auch die Verantwortung übernehmen wollten.
Die Antwort kam von beiden wie aus der Pistole geschossen und war klar und eindeutig: Sie wollten einen Hund.
Andrea dachte zwar eigentlich eher an einen Hamster oder ein Meerschweinchen mit tausend Haarwirbeln. Und Klaus höchstens an einen Wellensittich oder eine Schildkröte.
Aber nachdem beide Jungs tausend Eide geschworen hatten, sich beide intensiv um einen Hund zu kümmern, fuhr die ganze Familie an einem Samstagnachmittag zu einem Tierheim. Das war für Klaus und Andrea aus unterschiedlichen Gründen ideal.
Aus Sicht von Klaus durfte ein Hund nämlich nicht zu teuer sein und aus Sicht von Andrea konnten sie so einem armen, verlassenen Hund ein neues Zuhause geben. Den Jungs war es vollkommen egal: Hund war Hund.
Der Besuch im Tierheim war etwas ernüchternd.
Erstens roch es sehr stark nach Hund, was aber nicht anders zu erwarten war.
Zweitens kläfften fünfzig Hunde wild durcheinander, als Besuch kam.
Und drittens sahen einige Hunde schon sehr bemitleidenswert aus. Einige waren sichtlich krank, andere alt und schwach und wieder andere waren verhaltensauffällig. Entweder fletschten sie wild die Zähne und zeigten jede Menge Bereitschaft sofort zuzubeißen, wenn die Tür geöffnet würde. Oder sie versteckten sich überängstlich mit eingekniffenem Schwanz in ihrer Hütte; voller Angst vor den neuen, fremden Menschen.
Die Leiterin des Tierheims erklärte den erschrockenen Kindern, dass die Hunde ganz schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht hätten. Viele wurden einfach irgendwo angebunden und verlassen, andere wurden von Tierheimmitarbeitern in Rumänien oder Bulgarien von der Straße aufgesammelt. Es war erschütternd. Die Betreuer im Tierheim kümmerten sich zwar liebevoll um die Hunde, konnten aber das Leid der Tiere nur wenig lindern.
Klaus erklärte der Leiterin, dass sie einen unproblematischen Familienhund suchten. Nicht aggressiv und auch nicht krank.
Die Leiterin führte Thalers am Ende des Ganges zu einem Zwinger, in dem eine schwarze Hündin ihre fünf Jungen säugte. Misstrauisch schaute die Hündin hoch, ängstlich um ihre Hundebabys besorgt.
„Schaut mal, die Rosa hat vor zwei Wochen ihre Babys bekommen. Die müssen jetzt noch ungefähr vier Wochen bei ihrer Mutter bleiben, aber dann würden wir die Hundebabys weggeben.“
Die Kinder waren begeistert. Ein schwarzes Hundebaby, das man noch erziehen konnte, mit dem man schmusen und spielen konnte, dem man vielleicht sogar Kunststückchen beibringen konnte und das gar nicht aggressiv, sondern einfach nur lieb und süß war - ideal.
Anton und Emil hätten am liebsten alle mitgenommen und schworen Stein auf Bein, dass sie die Pflege schaffen würden. Andrea und Klaus waren da zwar etwas skeptisch, waren aber von den kleinen schwarzen Knäueln auch berührt. Und Emma kam doch kurzzeitig ins Schwanken was nun besser wäre, ein Pony oder ein Hund.
Letztlich hatten die Eltern mit den Brüdern einen Kompromiss vereinbart. Beide sollten die nächsten vier Wochen jeweils am Wochenende im Tierheim helfen, füttern, säubern und mit Rosa spazieren gehen. In dieser Zeit hatten sie die Möglichkeit, sich die Kleinen ganz genau anzusehen. Und dann durften sie sich einen Hund auswählen.
Die Jungs stimmten zu und hielten ihr Versprechen auch wirklich ein. Jedes Wochenende fuhren sie mit ihren Rädern in das Tierheim und kümmerten sich um Rosa und ihre Babys liebevoll und zuverlässig.
Nach vier Wochen fiel es ihnen aber doch sehr schwer, sich nur für einen kleinen Welpen zu entscheiden.
Letztlich war es Emil, der in seiner besonnenen Art eine Vorteil / Nachteil Liste aufgestellt hatte. Danach kamen nur noch zwei Babys in die engere Wahl.
Und weil sich beide nicht auf einen der zwei Kandidaten einigen konnten, sollte Emma mit ihrer Tierliebe entscheiden. Emma war da ganz unproblematisch. Der erste kleine Hund, der auf sie zugekugelt kam, an ihrem Bein schnüffelte, sich hochreckte und ihr dann vor lauter Liebe auf den Schuh pieselte, wurde es. Es war ein kleines Hundemädchen.
Gott sei Dank hatten sich Anton und Emil schon die verschiedensten Hundenamen ausgedacht und auf jeweils einen männlichen und weiblichen Namen geeinigt. Und so kam Mila zu ihrem Namen.
Mila musste noch zum Tierarzt, wurde geimpft, gechipt, entwurmt, entlaust und durfte dann mit der Familie Thaler in ihr neues Zuhause.
Da begann aber schon der erste Streit.
Jeder der beiden Jungs beharrte darauf, dass Mila in seinem Zimmer schlafen müsste. Emil schlug dann zwar noch einen Kompromiss vor, wonach Mila eine Woche in seinem und dann eine Woche in Antons Zimmer schlafen sollte.
Andrea und Klaus waren sich aber einig, dass Mila in keinem der beiden Schlafzimmer schlafen sollte, sondern in einem Hundekörbchen im Flur.
Das wiederum fanden Anton und Emil gemein, aber Emma fand es gut, weil Ihre Zimmertür neben dem Hundekörbchen lag.
Die Jungs durften das Hundekörbchen aussuchen. Anton wollte ein riesengroßes schwarzes Körbchen, weil der Hund seiner Meinung nach auch riesengroß werden würde. Emil wollte nur eine kleine Auflage mit Rand, denn Rosa, die Hundemutter, war nicht allzu groß. Schließlich entschieden sich beide für ein mittelgroßes Körbchen mit einer bequemen Auflage.
Und dann begann der Stress. Mila brauchte als Baby noch spezielle Milch und musste auch nachts gefüttert werden. Die ersten Nächte fiepte Mila furchtbar im Flur voller Angst, alleingelassen zu werden. Und stubenrein war das Hundebaby noch lange nicht, sodass die Brüder regelmäßig den Boden sauber wischen mussten.
Das Gassi gehen klappte gut – zumindest im ersten Jahr. Beide rissen sich förmlich darum, mit Mila vor und nach der Schule spazieren zu gehen. Und beide konnten sich tatsächlich auf einen Plan verständigen, wo festgelegt wurde, wer wann mit Mila gehen durfte. Mit ihren Milchzähnen knabberte Mila alles im Haus an, was sie erreichen konnte. Pantoffeln, Bücher, Stuhlbeine, Türzargen – nichts war vor ihr sicher, sodass Klaus resigniert zu den laufenden Kosten für Mila noch die künftigen Renovierungskosten draufrechnete.
Und dann kümmerte sich Andrea mit um die Erziehung. Weil Mila klug und aufgeweckt war, lernte sie schnell.
Andrea und Emma nahmen Mila, als sie etwas größer war, nachmittags mit auf den Pferdehof. Hier gab es viele andere Hunde, die das schwarze Hundebaby neugierig beschnupperten. Mit denen konnte Mila herrlich spielen und den Umgang mit anderen Hunden lernen.
Abends ging Klaus, wenn er früh genug aus der Praxis kam, mit Mila noch eine Runde. Andrea und Klaus waren beide immer wieder erstaunt mit wieviel Menschen sie sowohl über die Pferde, vor allem aber über das süße Hundebaby ins Gespräch kamen und neue Bekanntschaften schlossen. Denn Mila lief schwanzwedelnd und neugierig auf jeden fremden Menschen zu, der für sie jedes Mal eine neue, aufregende Entdeckung war. Vor allem, wenn Mila von ihrer Entdeckung liebevoll gestreichelt wurde.
Sogar Fräulein Saurbier schloss Mila sofort in ihr Herz. Auch wenn im ersten Jahr so manches Bächlein vor ihrer Gartentür glänzte. Aber darüber sah Fräulein Saurbier großzügig hinweg, weil Mila sie jedes Mal Schwanz wedelnd begrüßte. Fräulein Saurbier hatte sich daraufhin einen Vorrat mit Hundeleckerlies angelegt.
Mila wuchs der ganzen Familie sofort ans Herz und war ein geliebtes Familienmitglied. Auch für Alma, die verwitwete Mutter von Klaus, die Mila gern nahm, wenn Thalers keine Zeit hatten. Gisela und Herbert, Andreas Eltern waren auch der Meinung, dass zu einer so harmonischen Familie mit einem so großen Haus und schönem Garten unbedingt ein Hund gehörte.