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11. Kapitel

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„Das Ding ist sauber. Keine Viren oder andere gefährliche Programme.“

Kommissar Höhne von der Informationstechnik zog den USB-Stick aus der Buchse seines Computers und reichte ihn Hauptkommissar Brock, der sich gerade ein Gähnen verkneifen musste.

Er war am Vorabend spät nach Hause gekommen, nachdem er mit Mühe und Not die letzte Maschine von Frankfurt nach Hamburg erwischt hatte. Er war nach diesem langen und anstrengenden Tag sofort todmüde ins Bett gesunken.

Die Neugier auf den Inhalt des Datenspeichers vertrieb jetzt allerdings jede Müdigkeit. Vorsichtshalber hatte er die Kollegen von der Technik gebeten, den Datenträger auf eventuelle Schadens-Software zu untersuchen. Sein Vertrauen in die Absichten Tomasellis war sehr begrenzt.

„Danke. Damit muss ich jetzt zur Chefin. Sie wollte unbedingt dabei sein, wenn wir den ersten Blick auf die geheimnisvollen Daten werfen.“

Die Erste Hauptkommissarin Birgit Kollmann und sein Assistent Horst Spengler saßen bereits im Konferenzraum und sahen ihm gespannt entgegen. Udo Ritter von der Spurensicherung hatte sich ebenfalls eingefunden. Dafür war Brock dankbar, denn Ritter konnte die Technik am besten bedienen.

Brock begrüßte alle und schob den Datenträger über den Tisch. Ritter nahm den USB-Stick in Empfang und steckte ihn in die passende Buchse des Laptops, der vor ihm stand. Er gab einige Befehle ein, und auf dem großen Monitor an der Schmalseite des Raumes erschien die Übersicht der gespeicherten Dateien.

„Wir sehen uns jedes einzelne Bild an“, entschied Brock.

Ein Klick, und sie sahen eine Hausfassade vor sich, schräg von der Seite aus aufgenommen. Der hochauflösende Monitor ließ jede Einzelheit erkennen.

„Diefenbachs Haus“, stellte Spengler fest. „Nach dem Zeitstempel ist es neunzehn Uhr dreißig.“

Es war früher Abend, doch zu dieser Jahreszeit noch recht hell, auch wenn der Himmel bewölkt war. Es befand sich kein Mensch auf der Straße, hinter einem der Fenster im Erdgeschoss war Licht zu sehen. An der Seitenfront des Hauses, die ebenfalls gut zu überblicken war, hatte man die Lampe über dem vorderen Eingang angeschaltet.

„Das ist der Eingang zu Diefenbachs Wohnung“, erklärte Brock. „Der hintere Eingang führt in die Wohnung seiner Schwester. Sie rechnet offenbar nicht mehr mit Besuch.“

Das nächste Bild war fünfundzwanzig Minuten später aufgenommen worden. Vor dem Haus hielt ein Taxi.

Die nächsten Bilder waren in rascher Folge hintereinander entstanden, sodass der Ablauf der Bewegungen gut nachvollzogen werden konnte. Zuerst stieg Markus Diefenbach aus, beugte sich wieder zum Innenraum des Wagens und sprach offenbar mit jemandem. Dann sah man einen jungen Mann auf der gleichen Seite aussteigen.

„Jonas Dücker!“, rief Spengler.

Auf dem folgenden Bild war nur noch das Heck des abfahrenden Taxis zu sehen. Diefenbach hatte seinen Arm um Jonas gelegt und steuerte offensichtlich auf den Seiteneingang zu. Im Folgebild schloss er die Haustür auf, und im nächsten waren die beiden im Haus verschwunden.

„Das wussten wir doch alles schon, oder?“, kam es von Birgit Kollmann.

Brock starrte auf das Foto, als könne er es zwingen, alle seine Geheimnisse zu preiszugeben. „Immerhin wissen wir jetzt, wann Diefenbach nach Hause kam und dass er seinen Lustknaben gleich mitbrachte.“

Bis zum nächsten Foto gab es einen Zeitraum von zwei Stunden, wie die Zeitangabe verriet. Zu sehen war eine männliche Figur, die von rechts kommend an dem Haus vorbei zum Eingang ging. Die Figur war leicht unscharf.

„Als Nächstes kommt ein kurzes Video“, gab Udo Ritter bekannt.

„Wir sind alle sehr gespannt“, kam es leicht ironisch von Brock.

Das Video startete mit einem Anfangsbild, das die gleiche Person zeigte, als sie gerade um die Ecke des Hauses gebogen war. Man sah nur die Rückenansicht. Erst vor dem Eingang wurde das Profil sichtbar.

Der Fotograf betätigte die Zoom-Funktion.

Eine Hand streckte sich aus und betätigte den Klingelknopf.

„Das ist doch ...“sagte Spengler leise.

„Genau!“, unterbrach ihn Brock. „Warten wir ab, was weiter geschieht.“

Zwei Minuten lang geschah gar nichts. Der Fremde drückte erneut die Klingel. Nach einer weiteren langen Minute wurde die Tür offenbar geöffnet, was auf dem kleinen Film nicht zu sehen war. Jedenfalls betrat die Person nach einem lautlosen Gespräch das Haus. Danach geschah nichts mehr.

Nach ein paar weiteren Sekunden endete das Video.

„Da sind noch einige Fotos“, meldete sich Ritter.

Die nächsten drei Bilder waren wiederum einige Zeit später rasch hintereinander aufgenommen worden. Sie zeigten die gleiche Person, wie sie das Haus verließ und sich in die Richtung entfernte, aus der sie gekommen war.

„Interessant“, war Brocks einziger Kommentar. Birgit Kollmann sah ihn an, als erwarte sie jetzt eine umfassende Erklärung, die jedoch nicht kam.

„Zwei Bilddateien habe ich noch“, erklärte Ritter.

Ein weiteres Foto erschien, gut zehn Minuten nach dem vorigen aufgenommen.

„Jonas Dücker!“, rief Spengler. „Er verlässt das Haus. Seinem großen Schritt nach zu schließen, hat er es eilig.“

„Als Letztes habe ich noch ein Video“, gab Ritter bekannt.

Der Fotograf hatte offenbar sofort nach dem Foto die Videofunktion eingeschaltet, denn der junge Mann war nur ein paar Schritte weitergekommen. Er rannte an der Vorderseite des Hauses entlang. Die Kamera folgte ihm, doch dann wurde es zu dunkel, und der kurze Film endete.

„Das war’s“, verkündete Ritter.

„Cornelius.“ Kollmann sah Brock scharf an.

Der Hauptkommissar räusperte sich. „Die Bilder bestätigen, was wir im Grunde bereits wussten. Der Strichjunge war als Erster da, der Mörder kam später. Das wurde uns ja auch durch Diefenbachs Schwester bestätigt. Nach der Tat verließ er das Haus wieder, und Dücker, der den Mord beobachtet hat, floh danach ebenfalls, nicht ohne die Uhr und die Siegel mitgehen zu lassen.“

„Ihr wisst aber nicht, weshalb der Junge später ermordet wurde, oder?“, fragte die Erste Hauptkommissarin.

„Das ist nicht ganz klar“, erwiderte Brock. Auf dem Foto, das der Junge mit seinem Handy gemacht hat, ist der Täter nur von hinten zu sehen und nicht zu erkennen.“

„Dazu kann ich etwas beitragen“, meldete sich Udo Ritter. „Wir haben den Laptop untersucht, den wir im Zimmer von Dücker gefunden haben. Es waren einige Dateien gelöscht, die wir aber wiederherstellen konnten. Sie enthielten zwei weitere Fotos, die der junge Mann offensichtlich von seinem Handy auf den Laptop übertragen hat. Vermutlich, um sie dort an einer zweiten Stelle zu sichern. Hier sind sie. Ich möchte Sie warnen, es ist nicht für schwache Nerven.“

Auf dem Monitor erschien ein Foto, das unmittelbar nach dem Handybild gemacht worden sein musste. Es zeigte den Mörder, der jetzt den Dolch bereits in die Brust seines Opfers gestoßen hatte.

Birgit Kollmann keuchte auf und wandte ihren Blick ab, denn es war deutlich zu sehen, wie ein Blutstrahl aus der Wunde schoss.

Komm doch mal mit in die Rechtsmedizin, dachte Brock, das ist weitaus schlimmer.

Auf dem letzten Foto war zu erkennen, wie der Mörder in gebeugter Haltung sein Opfer mit beiden Händen festhielt, als wollte er es vorsichtig auf die Couch sinken lassen. Genau auf die Stelle, an der sie später den Toten gefunden hatten. Diesmal war das Gesicht des Mörders deutlich zu erkennen.

Alle schwiegen und starrten auf das Foto.

„Wenn ich diese Aufnahmen früher gesehen hätte“, sagte Brock schließlich, „dann hätte ich mir den Ausflug nach Palermo sparen können.“

„Es war nicht so leicht, die Dateien wiederherzustellen“, entgegnete Ritter. „Ich habe sie selbst erst heute früh gesehen. Der Täter hat sich beim Löschen Mühe gegeben.“

„Zum Glück hat er das Handy übersehen“, stellte Spengler fest. „Sonst würden wir immer noch nicht wissen, was genau passiert ist.“

Alle sahen ihn leicht missbilligend an, bis Birgit Kollmann das Wort ergriff. „Sind wir sicher, dass die Aufnahmen, die Hauptkommissar Brock aus Sizilien mitgebracht hat, alle echt sind?“

„Soweit wir das überprüfen konnten, sind sie echt“, antwortete Udo Ritter. „Wir haben uns auch die unterschiedlichen Lichtverhältnisse der Fotos auf dem USB-Stick angesehen. Das passt alles zusammen. Den Zeitstempel könnte man natürlich manipulieren, wenn man will.“

„Nachdem, was wir gesehen haben“, ergänzte Cornelius Brock, „stimmen die Abläufe mit unseren Ermittlungen überein. Im Falle Dücker haben wir zusätzlich die Bestätigung durch den Ladenbesitzer, der den Täter erkannt hat. Ich denke, das sollte für einen Haftbefehl reichen.“

Birgit Kollmann nickte. „Gut, dann holt euch den Kerl. Ich kümmere mich um die nötigen Papiere.“

*



„Wo bleibt denn die Unterstützung?“, fragte Horst Spengler und zog seine dünne Jacke enger um sich.

Sie hatten den Zugriff sehr früh am Morgen geplant, in der berechtigten Hoffnung, den Gesuchten auch anzutreffen. Allerdings hatten sie einen ganzen Tag warten müssen, da die Ausstellung der notwendigen Papiere länger gedauert hatte.

Hauptkommissar Cornelius Brock und Kommissaranwärter Horst Spengler standen an der Ecke, an der sich die Davidstraße mit der Bernhard-Nocht-Straße kreuzte, in der ihr Ziel lag.

Die Straße lag hoch über der Elbe in der Nähe der Landungsbrücken. Vom Fluss her wehte eine kühle Brise.

„Ich habe nur zwei Streifenwagen angefordert“, sagte Brock. Er fror ebenfalls. „Ich wollte hier im Herzen von St. Pauli nicht zu viel Aufsehen erregen, wenn ich das Sondereinsatzkommando kommen lasse. Das wäre für den Anlass wohl ein wenig übertrieben.“

„Ihre Waffe haben Sie heute aber dabei?“, fragte Spengler mit einem schrägen Blick an Brocks Hüfte. Er wusste, dass sein Chef Schusswaffen nicht sonderlich mochte und deshalb meistens keine bei sich trug.

„Ja, habe ich.“ Brock klopfte sich gegen die Seite, wo er das Holster am Gürtel eingehakt hatte. Heute hatte er dort seine SIG Sauer P6 untergebracht, die neben anderen Fabrikaten inzwischen die alte Walther PPK der Hamburger Polizei ersetzt hatte. Sie war ein ganzes Stück schwerer als die PPK, besaß aber eine höhere Durchschlagskraft und fasste acht Patronen im Kaliber neun Millimeter. Damit verfügte sie, wie man das in Fachkreisen nannte, über eine mannstoppende Wirkung.

Beide trugen Schutzwesten, die jedoch nicht wirklich gegen den kalten Wind schützten. Endlich sahen sie den ersten Streifenwagen langsam heranfahren. Der zweite folgte wenig später. Sie hatten weisungsgemäß weder Blaulicht noch Signalhorn eingeschaltet.

Spengler spähte um die Hausecke. „Dort drüben rührt sich nichts.“

„Hoffen wir, dass die Adresse noch richtig ist!“

Die beiden Wagen hielten hintereinander am Straßenrand, und jeweils zwei Uniformierte stiegen aus.

Sie begrüßten sich, und Spengler wies sie in ihre Aufgaben ein. Zwei Polizisten sollten den Hauseingang sichern, die beiden anderen im Treppenhaus aufpassen, dass keine Unbeteiligten zwischen die Fronten gerieten.

Der Gesuchte wohnte in der ersten Etage. Sie stiegen möglichst leise nach oben. Im Haus rührte sich nichts. Hier schienen keine Frühaufsteher zu wohnen. Spengler gab Handzeichen, sodass die beiden Kollegen wussten, wo sie sich aufstellen sollten.

„Haben Sie die Papiere?“, vergewisserte er sich bei Brock.

Der Hauptkommissar klopfte auf seine Lederjacke. Beide zogen vorsichtshalber ihre Pistolen, auch wenn sie nicht mit Widerstand rechneten. Doch man konnte in solchen Fällen nie wissen ...

Spengler klingelte.

Keine Reaktion, kein Geräusch.

Zweiter Versuch. Sie hörten eine Art Stöhnen hinter der Tür.

Brock klopfte laut und mehrmals hintereinander.

Jetzt hörten sie Gemurmel und wieder das Stöhnen, das wohl von einem Menschen stammte, der aus dem Tiefschlaf gerissen war.

Ein Schlüssel drehte sich im Schloss, und die Tür öffnete sich einen Spalt. Ein Mann mit zerwühltem Haar und mühsam geöffneten Augen starrte sie ohne jedes Begreifen an.

Brock stieß die Tür mit dem Pistolenlauf zur Seite.

„Herr Stefan Matzke, ich verhafte Sie wegen der Morde an Markus Diefenbach und Jonas Dücker. Treten Sie zurück und behalten Sie Ihre Hände dort, wo ich sie sehen kann.“

„Was ... wieso ... was wollen Sie von mir?“ Matzkes Gesichtsausdruck war nur als fassungslos zu bezeichnen.

Horst Spengler richtete seine Pistole auf den Türsteher. Seit er in einem Tresorraum einer Bank angeschossen worden war, ging er kein Risiko mehr ein. Matzke stand fassungslos in einem winzigen Flur neben einem überladenen Kleiderständer und hielt sich seine Schlafanzughose fest, deren Gummizug offenbar gerissen war. Die gestreifte Hose war viel zu weit und schlotterte um seine Beine. Der bullige Kerl wankte und wirkte auf einmal klein und hilflos.

„Umdrehen!“, befahl Spengler. „Hände nach hinten.“

Mit geübtem Griff legte er ihm Handschellen um die Gelenke.

Brock grinste. „Wollen Sie ihn in diesem Aufzug mitnehmen?“

Spengler lächelte verlegen und nahm Matzke die Handschellen wieder ab. „Ziehen Sie sich etwas an.“

Brock winkte die beiden Uniformierten heran, die das Treppenhaus überwacht hatten. „Passen Sie auf ihn auf.“

Spengler ließ es sich nicht nehmen, selbst auf den Verhafteten zu achten, während Matzke sich anzog, wobei er unaufhörlich leise fluchte. Nachdem er zuletzt seine Schuhe übergestreift hatte, legte ihm Spengler erneut Handschellen an, diesmal jedoch von vorn. Schließlich wog der Kerl mindestens dreißig Kilo mehr als er selbst, und er hatte nicht die Absicht, sich vielleicht einen unerwarteten Hieb einzufangen.

Doch Matzkes Reaktion war eine ganz andere.

Als er in seiner kleinen Wohnung stand, seine gefesselten Hände anstarrend, wirkte er plötzlich wie ein Häufchen Elend. Er schluchzte, und aus seinen Augen rannen Tränen.

„Ich ... ich wollte das nicht. Ich habe ihn doch geliebt!“

Überrascht starrten ihn die beiden Kriminalbeamten an. Sie hatten mit Leugnen und Abstreiten gerechnet, aber nicht mit einem solchen Geständnis.

„Darüber reden wir gleich im Präsidium“, sagte Brock. „Dann können Sie uns alles erzählen. Wir werden Ihnen zuhören.“

Er gab den beiden Uniformierten einen Wink, und Matzke nickte stumm, als sie ihn hinausführten.

Brock atmete erleichtert aus, als er unten die Haustür hörte. Niemand im Haus hatte von der Verhaftung etwas mitbekommen. Er schätzte es, wenn die Dinge reibungslos liefen. Somit waren auch keine Fotos gemacht worden, sodass niemand die Medien voreilig informieren konnte.

Er hoffte, dass auch auf der Straße nichts Derartiges passierte. Oft gab es Passanten, die nichts Eiligeres zu tun hatten, als Fotos zu schießen und sofort über die sozialen Medien zu verbreiten. Die beiden Polizisten hatten Anweisung, den Verhafteten sofort in einen Streifenwagen zu verfrachten und ins Präsidium für ein erstes Verhör zu bringen.

„Dann sehen wir uns mal um“, erklärte Brock und zog seine Handschuhe an. „Das wird bei der Größe dieser Wohnung nicht lange dauern.“

Das Domizil von Stefan Matzke bestand aus zwei Zimmern, einer winzigen Küche und einem noch kleineren Bad. Alles wirkte einigermaßen aufgeräumt und sauber, auch wenn in der Küche gebrauchtes Geschirr stand und das Bett naturgemäß zerwühlt war.

Spengler fing im Nachttisch an und hatte sofort Erfolg. Triumphierend hielt er die vermisste goldene Uhr hoch.

„Da haben wir ein weiteres Beweisstück! Er hat die Uhr nach dem Mord an Jonas Dücker mitgenommen.“

Brock hatte sich inzwischen in der restlichen Wohnung umgesehen. Im Bad war das einzige Auffällige die Menge an Kosmetikartikeln und Pflegemitteln, die das, was Brock in seinem Schrank hatte, weit in den Schatten stellte. Er schüttelte den Kopf und schaute sich in der Küche um. Töpfe und Pfannen, Geschirr und Besteck waren ordentlich einsortiert. Die Menge an Lebensmitteln im Kühlschrank war überschaubar. Den meisten Platz nahmen Bierflaschen ein.

Die Wohnzimmereinrichtung bestand aus einer Sitzgruppe vor einem riesigen Fernseher, einem runden Tisch, einem kleinen Bücherregal, in dem vor allem Zeitschriften gestapelt waren, und aus einem breiten Schrank, wie er in den sechziger Jahren modern gewesen war. Im oberen Teil befanden sich Türen und einige Regalböden, im unteren Segment Schubladen in verschiedenen Größen.

Brock zog sie nacheinander auf. In einer der untersten Schubladen erregte ein in Zeitungspapier eingewickelter Gegenstand, der unter einem Fotoalbum versteckt war, seine Aufmerksamkeit.

Vorsichtig schlug er das Papier auseinander.

Volltreffer!

Vor ihm lag ein zusammengeklapptes Rasiermesser. In einem dunklen Fleck am Griff waren bei genauem Hinschauen die feinen Kapillarlinien eines Fingerabdrucks zu erkennen.

Brock ließ das Messer liegen. Ein solches Beweisstück wollte er lieber durch die Spurensicherung bergen lassen. Es handelte sich vermutlich um die Mordwaffe, mit der Jonas Dücker umgebracht worden war, und die sollte streng nach Vorschrift gesichert werden. Die Kollegen sollten bald hier sein, solange mussten sie noch warten. Brock erwartete sie sehnlichst, denn er brannte darauf, mit der Vernehmung von Stefan Matzke zu beginnen.

In diesem Augenblick hörte er auch schon Stimmen im Treppenhaus. Spengler hatte sie auch gehört, und Sekunden später herrschte in dem kleinen Flur der Wohnung ein ziemliches Gedränge. Udo Ritter hatte es sich nicht nehmen lassen, trotz der frühen Stunde persönlich zu erscheinen.

Er streckte Brock die Hand entgegen. „Heute mal ganz ohne Leiche?“

Der Hauptkommissar grinste. „Aber mit Mordwaffe!“

Er wies ins Wohnzimmer. „Damit sollten Sie anfangen. Die Schublade steht noch offen. Ich denke, an dem Messer finden Sie Blutspuren und Fingerabdrücke.“

Ritter grinste zurück. „Ich finde, Sie machen es dem Staatsanwalt ein bisschen zu leicht.

Dann machte er sich mit seinen Leuten an die Arbeit.

Brock sah ihnen ein paar Sekunden zu, während Spengler die gefundene Uhr, die jetzt in einem Beweismittelbeutel steckte, Ritter übergab, der dafür verantwortlich war, dass alle Beweise vorschriftsmäßig gesichert wurden.

Brock zog seine Handschuhe aus. „Kommen Sie, Spengler, bringen wir den Fall zu Ende.“


Alstermorde: 9 Hamburg Krimis

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