Читать книгу Vulkanismus - Hans-Ulrich Schmincke - Страница 21
3 Magma
ОглавлениеIn Übereinstimmung mit den oben angeführten Tatsachen dürfen wir erwarten, daß in einer, einige Zeit lang ruhig ohne eine heftige Störung gelassenen Masse flüssig gewordenen vulkanischen Gesteins, wenn eines der konstituierenden Mineralien zu Kristallen oder Körnchen aggregiert oder in diesem Zustande aus einer schon früher existierenden Masse eingeschlossen wird, derartige Kristalle oder Körner ihrem spezifischen Gewicht entsprechend steigen oder sinken werden.
Charles Darwin, Geologische Beobachtungen über die vulkanischen Inseln, Stuttgart, 1877
Magma ist ein klangvolles Wort. Kein Wunder, daß eine – heute vergessene – Popband sich Magma nannte. Aber die geheimnisvollen und zugleich bedrohlichen Assoziationen, die das Wort Magma evoziert, reichen im wahrsten Sinne des Wortes tiefer. Folgerichtig wird Magma, sobald es an der Erdoberfläche erscheint, entmythologisiert, indem man ihm einen neuen Namen gibt: Eruptiertes Magma wird Lava genannt.
Was ist Magma? Aus welchem Muttergestein, in welcher Tiefe und durch welche Prozesse entsteht Magma? Warum steigt Magma in die Oberkruste oder an die Erdoberfläche? Wie läßt sich die Vielfalt der Eruptionsvorgänge und Vulkanformen erklären? Durch unterschiedliche Magmazusammensetzungen oder unterschiedliche Eruptionsbedingungen? Warum z.B. tritt Magma in einigen Vulkanen explosiv, in anderen ruhig-effusiv an der Oberfläche aus? Warum werden in vielen Vulkanen nur einige 10.000 m3 Lava gefördert, in anderen dagegen > 1000 km3 in wenigen Wochen?
Magma entsteht durch partielles Aufschmelzen von Gesteinen im Erdmantel oder, zum wesentlich kleineren Teil, in der tieferen Erdkruste. Vulkane sind Punkte an der Erdoberfläche, an denen Magma austritt, sei es effusiv als Lavastrom oder explosiv als Mischung von zerrissener Gesteinsschmelze und Gasen. Vulkane stellen allerdings nur einen winzigen Teil der unter Vulkanen aus größeren Erdtiefen aufsteigenden Gesteinsschmelzen dar. Der überwiegende Anteil bleibt beim Aufstieg stecken und erstarrt. Wenn wir den Ursprung der Magmen und die Entstehung von Vulkanen besser verstehen wollen, müssen wir uns daher Gedanken über dynamische Vorgänge in größeren Erdtiefen machen.
Die Entstehungsprozesse von Magmen wurden bis vor einigen Jahren in Lehrbüchern der Vulkanologie – notwendigerweise – kursorisch behandelt, weil die Zusammenhänge zwischen Vulkaneruptionen, Magmenentstehung und tektonischen Randbedingungen nur durch Daten und Theorien erklärbar waren, die erst seit wenigen Jahrzehnten verfügbar sind. Warum z.B. sind die Gesteine der meisten Vulkane basaltischer, aber nur wenige rhyolithischer Zusammensetzung? Warum z.B. entstehen Vulkane rhyolithischer Zusammensetzung vorzugsweise oberhalb von Subduktionszonen? Heute erlauben experimentelle petrologische, geophysikalische und chemische Daten (Haupt- und Spurenelemente, radiogene und stabile Isotopenverhältnisse) sowie vulkanologische Geländeanalysen jedoch weitergehende Schlüsse über die Entstehung von Magmen und Vulkanen in unterschiedlichen geotektonischen Milieus. Gleichwohl sind wir – was eigentlich nicht anders zu erwarten ist – noch weit davon entfernt, die einzelnen Stadien der Entwicklungsgeschichte eines Magmas so gut belegen zu können, daß wir sicher sein können, Ursachen und Ablaufprozesse in ihren Grundzügen verstanden zu haben.