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Schmelzstruktur

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In einer Silikatschmelze herrscht insofern eine erstaunliche Ordnung, als viele Elemente in kleinen Einheiten miteinander verknüpft sind, die sich bei der Bildung von Kristallen noch enger zusammenscharen. Der Grundbaustein der Silikatminerale ist ein Tetraeder mit vier Sauerstoffatomen an jeder Ecke und einem Siliziumatom in der Mitte (Abb. 4.4); das Silizium ist tetraedrisch koordiniert. Statt Silizium kann auch Aluminium oder dreiwertiges Eisen in der Mitte eines Tetraeders mit vier Sauerstoffatomen tetraedrisch koordiniert sein. Die Elemente Si und z.T. auch Al und Fe3+ werden Netzwerkbildner genannt, weil die an den Ecken über Sauerstoff in starken kovalenten Bindungen miteinander verknüpften Tetraeder ein- bis dreidimensional vernetzte, hochpolymere Einheiten bilden können (Abb. 4.5) und relativ viel Energie aufgewendet werden muß, um die kovalenten Bindungen aufzubrechen. Andere Kationen wie K, Na, Ca, Mg, Fe2+ und z.T. Al und Fe3+ gehen mit Sauerstoff metallische, d.h. weniger starke Bindungen ein und sind von mehr Sauerstoffatomen umgeben, sie sind höher koordiniert. Sie werden Netzwerkwandler (R) genannt, weil die metallischen oder ionischen Bindungen leichter zerstört werden können als die kovalenten. Diese Kationen sind meistens von sechs Sauerstoffionen umgeben, die ein Oktaeder bilden (Abb. 4.4); die Kationen sind dementsprechend oktaedrisch koordiniert. Wenn die Tetraeder der Netzwerkbildner (T) über alle vier Ecken verknüpft sind, sind keine N(N)icht-B(B)rückenbildenden Sauerstoff(O)-Atome (NBO) mehr frei; das Verhältnis NBO/T = 0; es entsteht ein dreidimensionales Netzwerk (3-D-Einheit). Sind Tetraeder nur über drei Ecken miteinander verknüpft (NBO/T = 1), entstehen schichtähnliche Einheiten. Ketten entstehen bei Verknüpfung über zwei Ecken (NBO/T = 2). Noch kleinere Einheiten heißen Dimere (NBO/T = 3) und Monomere (NBO/T = 4) (284). Komplexe entstehen, wenn in einem Tetraeder das vierwertige Si4+ durch Al3+ ersetzt wird und die Ladung durch einen Netzwerkwandler (R), etwa Na+, kompensiert wird. Sind in einem Magma genügend Netzwerkwandler vorhanden, wirken Al3+ und Fe3+ als Netzwerkbildner und bilden R + AlO2, R + FeO2, R2 + Al2O4 und andere Komplexe. Erst wenn Na: Al > 1, wirkt Al als Netzwerkwandler.


Abb 4.2: Holozäne (ca. 10.000 Jahre vor heute) Rhyolithlava mit glasig erstarrten (dunkler Obsidian) und hellen, blasigen, spröderen Bereichen. Mono Craters (Kalifornien, USA)


Abb 4.3: Steile blockreiche Front eines jungen rhyolithischen Lavastroms. Big Obsidian Flow, ca. 1300 Jahre alt. Newberry Crater (Oregon, USA) (s. auch Abb. 9.12; 9.13; 15.15).


Abb 4.4: Die Grundstruktur einer silikatischen Schmelze (Magma) und der in Erdkruste und Erdmantel dominierenden Silikatminerale sind der SiO4-Tetraeder und das SiO6-Oktaeder.


Abb 4.5: Die Viskosität einer silikatischen Schmelze wird bestimmt durch den Gegensatz zwischen starken kovalenten Si-O- und schwächeren ionischen O-M-Bindungen.

Basaltische Magmen haben ein NBO/T von 0,6 bis 0,9 (bei sehr alkalischen auch > 1), intermediäre (Andesite) Werte von 0,3 bis 0,5 und felsische Magmen (rhyolithische) von 0,02 bis 0,2. Mit anderen Worten: Rhyolithische Magmen sind deshalb so zähflüssig, weil viel Energie aufgebracht werden muß, um die starken Si-O-Bindungen der 3-D-Einheiten zu brechen (Abb. 4.5). Basaltische Magmen haben eine höhere Teilbeweglichkeit, weil sie aus kleineren Einheiten bestehen und die Bindungen R–O schwächer sind als die T-O-Bindungen und sich daher schon bei geringer Scherbeanspruchung gegeneinander verschieben können. Die Viskosität eines Magmas ist also vor allem von seiner chemischen Zusammensetzung abhängig.

Es sind keine natürlichen Magmen bekannt, die ganz „trocken“ sind, d.h. kein H2O, CO2, H2S, F oder Cl enthalten. Die absolute Menge dieser Volatilen in einem Magma und ihr Verhältnis ist für die Viskosität einer Schmelze von entscheidender Bedeutung. Hochdifferenzierte Magmen enthalten bis zu ca. 7 Gew.-% H2O, das – abhängig vom H2O-Gesamtgehalt – in einer Schmelze vermutlich überwiegend als OH-Gruppe eingebaut wird, bei höheren H2O-Gehalten möglicherweise auch molekular vorkommt. Diese OH-Gruppen wirken als Netzwerkwandler, da sie Sauerstoffbrücken aufbrechen. Eine Schmelze wird daher mit steigendem H2O-Gehalt depolymerisiert, d.h. „flüssiger“.

CO2 kann mit verschiedenen Netzwerkwandlern elektrisch neutrale Komplexe bilden. In depolymerisierten Schmelzen wird durch diesen Entzug von Netzwerkwandlern die Polymerisation erhöht, ein Magma also viskoser. Treten dagegen Aluminatkomplexe (wie NaAlSi3O8)in einer Schmelze auf, sinkt – unter Bildung von Na2CO3-Komplexen – das Na: Al-Verhältnis unter 1, was zur Depolymerisierung führt.

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